18 ◄ Happy Endings sind manchmal erst der Anfang

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Während mein Leben immer perfekter wurde, schien Marlon immer mehr den Verstand zu verlieren. Den trotz meinem Happy End mit Tyler, der mich eine Woche später endlich vor meiner Haustür geküsst hatte, war Marlon noch da. Wir sind anfangs leichtfertig davon ausgegangen, dass Marlon meine Zukunft in Ordnung bringen musste... immerhin schien es logisch. Warum konnte sonst nur ich ihn sehen?

Aber inzwischen schlossen wir beide nicht aus, dass wir uns getäuscht haben konnten. Und Marlon schien jetzt auch zu glauben, dass er nie von hier verschwinden konnte. Natürlich bemitleidete ich seine Lage, aber wirklich schlecht konnte es mir momentan einfach nicht gehen. Dafür war mein Leben gerade zu perfekt.

»Du und Tyler also?«, hörte ich plötzlich eine vertraute Stimme hinter mir. Ich drehte mich um und sah wie Freya sich an den Tisch neben mir setzte. Freya... wusste ich doch, dass ich was vergessen hatte. Am liebsten hätte ich erwidert: Ja, Freya! Tyler und ich! Er gehört mir, weil wir später heiraten werden und für immer zusammen bleiben werden... miteinander alt werden. Aber das würde wohl zu abgedroschen klingen.

»Ach stimmt. Du warst früher mal in ihn verliebt, oder? Macht dir das was aus?«

Sofort, fast viel zu schnell, winkte sie ab. »Nein. Um Himmels willen! Das war doch nur eine kleine Schwärmerei.«

Dieselben Worte, die ich schon das letzte Mal von ihr gehört hatte. Aber trotzdem war irgendwas anders. Oder zumindest nahm ich es dieses Mal so wahr. Denn in ihrem Blick lag etwas, das mir stumm mitteilen wollte: Das kannst du nicht machen. Tyler gehört doch zu mir.

Dieses Miststück! Nichts würde sich ändern. Sicherlich hatte sie mich beim letzten Mal auch schon so angeguckt, nur konnte ich da den Blick noch nicht deuten, weil ich die Wahrheit nicht kannte. Aber sie würde mir wieder die Freundschaft kündigen, angeblich weil Tyler mich veränderte, aber eigentlich nur weil sie ihn wollte. Warum konnte sie mir nicht einfach sagen, dass sie noch in ihn verliebt war? Dann hatte sie eigentlich selber Schuld! Vielleicht sollte diese Freundschaft einfach nicht sein.

»Aber irgendwie komisch, dass Tyler mit dir ausgeht. Ihr passt überhaupt nicht zusammen.« Ach ja, Freya. Zeige deine Eifersucht nicht allzu sehr.

»Weil er beliebt ist und ich so unscheinbar bin?« So unscheinbar wie Freya selbst. Dann hätte sie im Prinzip gerade zugegeben, dass Tyler und sie nicht zusammen passten.

»Das stört mich gar nicht. Nur habt ihr überhaupt keine gemeinsamen Interessen.«

»Na und? Heißt es nicht, dass sich Gegensätze anziehen?«

»Stimmt. Wenn man in seinem Leben jemanden braucht, der einem eine gesunde Balance bietet. Aber bei dir sehe ich das einfach nicht. Du liebst Musik, er kann gerade mal das Radio anschalten.« Am liebsten hätte ich ihr jetzt erzählt, dass Tyler sich das letzte Mal gerade wegen meines Gesangs in mich verliebt hatte. Aber das konnte ich natürlich nicht.

»Du liegst falsch, Freya. Sowohl Tyler als auch ich gehen gerne surfen.«

»Seit wann surfst du bitteschön? Und woher weißt du das von Tyler? So lange kennt ihr beide euch auch noch nicht.«

»Vielleicht hast du Recht. Aber trotzdem fühlt es sich an als würde ich ihn schon mein ganzes Leben lang kennen.«

Ich musste zugeben, dass ich surfen anfangs gehasst habe als Tyler es mir beibringen wollte. Immer wieder bin ich in das eiskalte Wasser gefallen. Aber mit der Zeit wurde ich besser und langsam fand ich wirklich Freude daran.

»Tyler und ich werden es schon hinbekommen.« Das tun wir immer. »Dann mag er jetzt vielleicht noch keine Musik. Aber ich werde ihn dafür begeistern. Oder hast du damit jetzt doch ein Problem?«

»Nein, sagte ich doch.« Und ich glaubte ihr nicht. Aber es war mir egal. Tyler gehörte mir... wir hatten unser Happy End. Aber das änderte sich von dem Moment an als Tyler, ich und Freya für ein Projekt in eine Gruppe kamen. Da musste ich feststellen, dass unser Happy End erst der Anfang war.

Warum war es mir in meinem letzten Leben nie aufgefallen? Einfach weil ich es dort nicht geahnt hatte? Konnte ich mir irgendwie nicht vorstellen. Jetzt, wo wir alle drei gemeinsam in Tylers Zimmer arbeiten, musste ich mich echt beherrschen den Bleistift in meiner Hand nicht in zwei Hälften zu zerdrücken.

»Irgendwie bekomme ich das nicht hin! Kannst du das nicht abzeichnen? Du kannst das doch viel besser«, flehte Freya Tyler an.

»Der Grund, warum du es tun solltest. Wenn du es nie machst, dann lernst du es auch nicht. Komm her, ich zeige es dir.« Als er dann tatsächlich den Stift mit ihr gemeinsam anfasste und ihr somit gefährlich nahe kam, konnte ich einfach nicht mehr. Da konnten sie sich auch gleich hier vor meinen Augen bespringen.

Abrupt sprang ich auf. »Tut mir leid, aber ich muss dringend noch was erledigen. Ich mach meinen Teil Zuhause fertig.« Und dann war ich endlich weg. Anfangs war ja noch alles okay. Wir waren einfach drei Projektpartner. Klar hatte ich ab und zu immer wieder Freyas schmachtenden Blick von der Seite bemerkt. Aber da Tyler ihn nie erwidert hatte, war es okay. Aber das hatte sich mit der Zeit geändert. Und das war der Moment, wo ich mir endlich sicher war: Tyler ist auch in Freya verliebt...

»Marlon! Marlon!«, rief ich in die kalte Nacht hinein, in der Hoffnung, dass er mich hörte. Doch er kam einfach nicht zu mir. Es war wie verhext! Sonst nervte er mich und ich wollte, dass er von mir verschwand. Dann, wenn man ihn mal brauchte, tauchte er nicht auf. Er machte eben das, was er wollte.

Als ich mein Zimmer betrat, hatte ich aber doch das Glück, dass er sich auf mein Bett gekauert hatte. Hätte auch nicht gedacht, dass ich das mal denken würde.

»Da bist du ja endlich. Marlon! Ich weiß jetzt, warum du noch ein Geist bist.«

»Ach, tust du das?« Er klang desinteressierter als er es eigentlich sollte.

»Ja! Es ist Freya! Tylers und meine Liebe konnte nicht ewig halten, weil er in sie verliebt war. Er wollte mir das aber nicht antun, weil wir doch beste Freunde waren. Doch die Sache ließ ihn nicht los, weil er sich immer wieder fragte, ob Freya nicht eine bessere Partie gewesen wäre.«

Jetzt hatte ich doch Marlons Aufmerksamkeit. »Oh. Und was sollen wir jetzt tun? Lass mich raten? Aufgeben? Womöglich den beiden noch ihr Happy End geben?«

Mein altes Ich hätte so gehandelt. Aber ich wurde zu sehr enttäuscht... von Freya und Tyler... von beiden.

»Nein. Wir werden Tyler all die Gründe zeigen, warum Freya und er nicht zusammen gehören, warum er mich wählen sollte. Und dann bekommen wir beide die glückliche Zukunft, die wir verdienen.« Oh, Hilfe! Jetzt klang ich wirklich wie eine psychotische Exfrau.

Aber Marlon grinste. »So gefällst du mir immer besser und besser.«

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