Kapitel 61

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P.o.V.: Aeryn Engel


„Bei uns erzählt man sich das in grauer Vorzeit sich alle Magischen Völker in einem Krieg befanden. Nicht nur Rasse gegen Rasse, sondern auch Clan gegen Clan. Intrige um Intrige wurde gesponnen, verrat um verrat begangen. Schließlich waren Feindschaften und Intrigen derart verwebt, dass man nicht einmal seinen engsten Freunden traute, wenn man denn überhaupt Freunde hatte. Die Götter beschlossen dem ein Ende zu setzten und begannen die Schicksale zweier Seelen so zu vereinen, dass diese Partner gar nicht anders Konten als einander zu vertrauen und zu beschützen. Sie wählten immer Zwei Individuen, die sich am besten ergänzten, also zumeist einen Krieger und einen Denker oder einen Kriegstreiber und einen Pazifisten. Sie sollten sich gegenseitig zügeln. Und es gelang."

„Dann sind Mates gar nicht dazu bestimmt einander zu lieben?"

„Am Anfang vielleicht" Mystras schmunzelte. „Doch auch unter den Göttern gibt es Romantiker. Die Griechen nannten sie Aphrodite, die Germanen Freya. Auf jeden Fall widmete sie sich dem Mateband, nachdem sich die Zeiten beruhigt hatten. Und weil sie es ist die dieses Band zwischen den Seelen schmiedet, lieben sich Mates. Aber auch später gab es immer wieder besondere Partnerschaften die einen Umbruch in der Zeit bewirken sollten. Es heißt der Götterherrscher selbst würde diese Bänder mitschmieden. Das berühmteste ist wohl Alexander der Große und Hephaestion." Und weil mein Blick ihm wohl verriet, dass ich keine Ahnung hatte, wer diese beiden waren: „Kastor und Pollux? Hades und Persephone? Jesus und Judas!"

„Die waren ein Paar?" Natürlich hatte ich die Namen schon gehört, aber das war mir neu.

„Oh man, wozu gehst du in die Schule? Wenigstens sagen dir die letzten Namen etwas. Nuja nicht so schlimm ich kann dir nachher entsprechende Bücher empfehlen."

Er warf Kai und Michael einen Blick zu die sich ein gutes Stück entfernt hatten und sich schon wieder wie Kleinkinder benahmen. „Allerdings sind das nur die Geschichten der Meermenschen. Soweit ich weiß, gibt es bei den Werwölfen nur eine Gottheit: Die Mondgöttin."

„Kennst du die Legenden dazu auch?"

„Nicht wirklich. Ich muss zugeben, für Legenden und Mythen habe ich nicht viel übrig. Und so lange bin ich ja noch nicht hier. Aber wenn es dich Interessiert – Alaric konnte als Kind gar nicht genug davon bekommen, er kann dir Wahrscheinlich die Mythen der meisten Rassen erzählen."

Ich nickte nachdenklich. Ich hatte bisher nicht darauf geachtet, aber hatten die Werwölfe so etwas wie Rituale oder Gottesdienste zu Ehren der Mondgöttin? Wenn ja, dann waren sie sehr diskret damit umgegangen.

Ich sah mich automatisch nach den Zwillingen um, die nun ein Stück zurückgeblieben waren und anscheinend um die Wette buddelten, aber so nahe am Wasser, dass die Löcher, die sie aushoben, andauernd von anbrandenden Wellen mit Sand gefüllt wurden. Auch sie schienen keine Kälte zu spüren, obwohl sie offenbar zwischenzeitlich im Wasser gewesen waren. Es wunderte mich eigentlich auch gar nicht, war nicht auch Meggies Fell warm?

Mir fiel auf das wir die steilen Felsklippen hinter uns gelassen hatten, sie waren hier zu zerklüfteten Sandsteinformationen verflacht hinter der sich der Wald erhob.

„Mal eine andere Frage – sollte das mit den Werwölfen nicht geheim bleiben?"

„Ja?" Mystras hob eine Augenbraue und sah mich fragend an.

„Warum sind die beiden dann-" Ich machte eine undefinierte Handbewegung in Richtung der beiden Riesenhaften Wölfe, deren Glöckchen im Nackenfell bis hier her hörbar waren. „-In dieser Gestalt?"

In diesem Moment bemerkten die beiden, dass wir über sie sprachen, ließen das Buddeln sein und kamen hinter uns her getrottet.

„Das hier ist ein Naturschutzgebiet, der Wald, der Strand und sogar das Meer bis zu einem gewissen Punkt. Es ist verboten hier her zu kommen oder hier vor der Küste zu fischen, außerdem ist die Treppe, die wir genommen haben, mit Runen geschützt, sodass sie für Unmagische unsichtbar bleibt – außer sie werden eingeladen." Fügte er schnell mit einem Seitenblick auf mich zu.

Ich nickte nur.

„Ich schätze es ist nur natürlich, dass Magische unter den Menschen gerade solche Positionen innehaben, wo sie ihre Gemeinschaften und damit auch alle anderen Schützen können" erklärte er schulterzuckend. „außerdem, falls wirklich ein Mensch hier sein sollte, bemerken die beiden es doch sofort."

Es stimmte, es musste eine Menge Rudel wie Alarics geben, außerdem bewiesen meine und Mystras Existenz, dass es noch andere Arten gab. Jede einzelne würde wohl Gemeinschaften haben die unbemerkt unter den Menschen lebten. Irgendwie mit ihnen und gleichzeitig irgendwie getrennt von der Menschheit. Und natürlich, wenn sie sowieso schon unter den Menschen lebten, warum also nicht auch so dass sie Vorteile für ihre jeweiligen Gesellschaften herausschlagen konnten.

Ich überlegte noch welche Positionen von Magischen besetzt sein könnten, als die Zwillinge links und rechts an uns vorbeitrotteten, die Nasen direkt über den Boden, um die nächste Beschäftigung zu finden.

„Wie ich sehe machen dir die Gestalten gar nichts aus." Bemerkte Mystras beiläufig und bückte sich nach einer weiteren Muschel.

„Warum sollten sie?" Fragte ich, auch wenn ich genau wusste, worauf er hinauswollte. Jeder dieser Wölfe war groß genug, um mir versehentlich einen Arm abzureißen. „Falls du es nicht bemerkt hast, ich habe ein Zimmer in der Wolfshochburg." Fügte ich daher hinzu, um seinen Verdacht zu zerstreuen.

Er musterte mich immer noch forschend von der Seite, so wie er vorher die Muscheln angesehen hatte. „Richtig. Aber ich hatte nie das Gefühl, dass du viel mit ihren... tierischen Gestalten zutun hattest."

„Doch, klar. Man kommt doch kaum vom Grundstück, ohne an einen riesigen Plüschie vorbeizumüssen und keiner war mir gegenüber jemals aggressiv. Daraus schließe ich, dass ich als Teil der Familie angesehen werde oder unter Schutz stehe." Erklärte ich mit einem Schulter zucken.

„Auch wieder war und ich würde auf eine dritte Option setzten." Sagte er in sich hinein grinsend. Der letzte Teil schien noch nicht mal direkt an mich gerichtet zu sein.

Mir richteten sich die Nackenhaare auf. Doch Mystras schien damit nicht andeuten zu wollen, dass er mein Geheimnis kannte.

„Trotzdem" Wandte er sich wieder an mich "Selbst mi-" Er unterbrach sich und packte mich angespannt am Arm.

Wir hatten eine Stelle erreicht, wo der Wald in den Strand überging und wie ich inzwischen sehen konnte nicht nahtlos, sondern mit einem Streifen aus Treibgut. Und genau hinter diesem Streifen waren wie aus dem Nichts sechs Wölfe aufgetaucht die mit einem Affenzahn auf uns zu rasten. 

Die Mate des AlphasWo Geschichten leben. Entdecke jetzt