§Kapitel 53

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P.o.V.: Aeryn Engel

Als mein Wecker am nächsten Morgen klingelte, fühlte ich mich das erste Mal seit Tagen besser. Irgendwie ausgeschlafen und voller Energie.

Mir war es nicht wirklich schlecht gegangen, dennoch fühlte ich mich als hätte ich mich gerade von einer schweren Erkältung erholt.

Ich sprang schwungvoll aus dem Bett, ich hatte noch eine gute Stunde Zeit bevor Leon kam, um mich zur Schule abzuholen. Er kam nicht mehr zum Frühstücken, eine weitere Veränderung.

Eine Unwillkommene.

Gute gelaunt hüpfte ich die Treppe hinunter, begrüßte gut gelaunt Patrick der wie immer am Treppenende wartete und mir in die Küche folgte. Er und Amos waren in letzte Zeit meine einzige Gesellschaft beim Frühstücken.

Die meisten Werwölfe bevorzugten es auswärts zu essen, die Zwillinge hatten sich wahrscheinlich wieder irgendwo eingeschlossen und die jüngeren Ylfasts bevorzugten es gar nicht zu frühstücken. Selbst meinen Vater und seine Frau Felice ließen sich nicht mehr blicken.

Doch heute saß Mystras bereits am Tisch. Ich hob eine Augenbraue und suchte mir etwas zum Frühstück zusammen, während ich Mystras dabei zusah, wie er klein geschnittene Erdbeeren in sich hinein schaufelte.

Seit er hier angekommen war, waren sie sein Lieblingsessen. Und er verschlang sie Kiloweise. Klein geschnippelt und gezuckert, als ganze Früchte, als Snack oder auch wie jetzt, aus einer großen Schüssel als Hauptmahlzeit.

„Guten Morgen." Grüßte er fröhlich, ohne aufzusehen, hob die Schüssel an und schob sich die letzte Erdbeere in den Mund.

„Guten Morgen." Erwiderte ich und setzte mich mit einer Packung Toast und einem Nutellaglas zu ihm. Auch Patrick setzte sich, wenn auch eher zögerlich und mit einem misstrauischen Blick auf Mystras. „gehörst du sonnst nicht zu der Liga der Langschläfer?"

„Somscht schon." Er schluckte. „Aber ich bin gestern, nachdem wir das Wasser eingelassen haben direkt schlafen gegangen. Ich wollte dir eigentlich aus dem Becken zu winken, wenn du frühstückst." Er grinste und stellte die Leere Schüssel vor sich ab und stand mit auf. „Und wenn es dich nicht stört allein mit deinem-" Er schien nach dem richtigen Wort zu suchen „-Gesellen zu frühstücken, würde ich mich jetzt ohne Verzögerung in die begrenzten Fluten stürzen."

„Oh es stört mich kein bisschen." Ich wedelte mit dem beschmierten Messer in Richtung Gartentür. „Viel Vergnügen." Ich hätte mich gern mit ihm unterhalten. Ich hatte das Gefühl heute könnte ich jedes Risiko eingehen. Seine Ungeduld war aber nicht zu übersehen und ich war neugierig. Ich hatte noch nie einen Meermenschen in seiner Fischgestalt gesehen.

Mystras nickte nur und hüpfte eben so gut gelaunt wie ich mich fühlte hinaus. Er entledigte sich seiner Kleider in nur wenigen Handgriffen und mir fröstelte als er nur noch in Unterhose zum Sprung ins Wasser ansetzte. Es war schließlich, jetzt April, immer noch ziemlich kalt am Morgen.

Er tauchte in das Wasser ein und nur kleine Wellen bildeten sich kreisförmig um die Eintrittsstelle. Langsam glättete sich die Oberfläche des Wassers wieder und immer noch tauchte Mystras nicht auf.

Ein wenig besorgt stand ich auf, doch bevor ich das Fenster erreichte tauchte Mystras mit einem kleinen Sprung wieder auf. Gerade so dass er ganz aus dem Wasser kam.

Seine Haare hatte er noch immer geflochten und flog, eine Spur aus Wasser hinter sich herziehend hinter ihm her. Seine Schwanzflosse war länger als seine Beine gewesen wären, mit grünen und Blauen Schuppen besetzt und geschmückt durch silberne, enganliegende Fäden. Und am Ende des Zylindrischen und spitz zulaufenden Körpers befand sich eine weit gefächerte Schwanzflosse. Ich sah sie nur kurz, doch es schien mir als sei sie geschwungen und Stoffartig wie bei manchen Goldfisch Züchtungen.

Er winkte, bevor er sich wieder ins Wasser fallen ließ und eine weile tollte er ausgelassen in dem Becken herum.

Es war eindeutig, dass das Becken nicht groß genug war für Mystras. In Sekunden schnelle war er von einem ende bis zum anderen geschwommen, das Becken war gerade mal zweimal seine Gesamte Fisch-länge breit und ich konnte nur erahnen, dass die zwei Meter tiefe, nichts für ihn waren. Wahrscheinlich streifte seine Flosse den Boden, wenn er knapp unter der Oberfläche aufrecht stand. Mystras tat mir leid.

Ein Hupen riss mich aus meinen Gedanken. Leon war da.

Eilig winkte ich Mystras zu, schnappte meine Tasche, stopfte mir eines der Brote in den Mund die Patrick gerade für sich geschmiert hatte und eilte hinaus.

Das gute Gefühl vom Morgen kehrte zurück, sobald ich im Auto saß, obwohl Leon immer noch griesgrämig dreinblickte. In der Schule fiel es mir leicht mich auf den Unterricht zu konzentrieren und in den Pausen lachte ich mit Pablo und ich bildete mir ein, dass meine Werwolf Freunde nicht mehr ganz so griesgrämig dreinschauten.

Und als die Schulklingel die letzte Unterrichtsstunde dieser Woche beendete, freute ich mich sogar auf das Wochenende, obwohl mir die Aussicht bis jetzt einen kalten Schauer über den Rücken gejagt hatte. Werwölfe mit schlechter Laune waren keine guten Gesellschafter.

Vielleicht sollte ich nachher Pablo anrufen und gemeinsam mit ihm etwas unternehmen. Das war jetzt schließlich auch eine weile her. Und vielleicht konnten wir zusammen mit Mystras einen Spaziergang zum Strand unternehmen – vorausgesetzt Mystras wurde nicht wieder so wütend wie damals als Pablo und ich in die Besprechung zwischen ihm und meinem Vater geplatzt waren. Vielleicht hätte ich ihn gestern auch danach fragen sollen.

Leon war – ganz im Gegenteil zu meinen Befürchtungen und zu seinem Unmut am Morgen – bestens gelaunt als ich in sein Auto stieg.

Er hatte wie immer in den letzten Tagen vor dem Schulgebäude gewartet, anstatt mit den anderen auf dem Parkplatz wie es davor gewesen war. Meist waren die anderen schließlich auch gleich wieder verschwunden, ohne aufeinander zu warten.

Zu meiner Überraschung summte er sogar gut gelaunt die Melodien mit, die leise aus dem Radio drangen.

Das ist nicht meine Einbildung oder, Meggie?

Nein, ich sehe und höre dasselbe wie du. Antwortete sie so verblüfft wie ich mich fühlte. Irgendwas muss passiert sein.

Am besten sehen wir mal nach Mystras, wenn wir zurück sind. Und Meggie stimmte mir besorgt zu.

Amos hatte ja schon gestern Abend mit Mystras „reden" wollen. Hatte er gewartet, bis ich in der Schule war?

Ich würde es wohl herausfinden.

Die Mate des AlphasWo Geschichten leben. Entdecke jetzt