Kapitel 39

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P.o.V.: Alaric Silvas

Selbstverständlich waren Richard und ich früher als abgesprochen vor dem Saal, in dem das Treffen mit Gaellius stattfinden sollte. Doch durch das geschlossenen Doppelportal wummerte bereits die Musik und in unsere Feinen Nasen stieg der Geruch von Essen und Alkohol. Seufzend blieb ich vor der Tür stehen und blickte zu Richard der mir aufmunternd zu nickte.

Ich stieß eine der beiden Türen auf und betrat den Raum, in dem sich bereits viele versammelt hatten.

Gaellius hatte ungefähr ein Viertel der anwesenden eingeladen und der Rest hatte sich selbst eingeladen wie es bei großen Treffen zwischen den Rassen nicht unüblich war. Nun gut. Das ist eine gute Gelegenheit neue Freundschaften zu schließen. Sagte ich mir und betrat den Saal schulterstraffend.

„Alaric! Und Richard ist auch gekommen!" wurden wir begrüßt obwohl wir noch nicht einmal die Türen hinter uns geschlossen hatten.

„Dir auch einen schönen Abend, Gaellius." Ich neigte grüßend den Kopf während Richard eine leichte Verbeugung andeutete. „Ach kommt Jungs, das ist doch nicht nötig." Sagte der dicke König während er Wild mit den Händen wedelte und dabei keineswegs königlich wirkte. „Aber so wie ich dich kenne willst du erst das Geschäftliche erledigen, ganz wie dein Vater." Sagte er mit einem wehmütigen lächeln. Er war ein sehr enger Freund meines Vaters gewesen.

Er deutete mit einer Bewegung der Hände an ihm zu folgen. Er führte uns eine Treppe hinauf in eine etwas Privatere Galerie, von der aus man den ganzen Raum im Blick hatte.

Hier saßen die beiden Prinzen zusammen und blickten gelangweilt über die Feiernde Menge unter ihnen. Von Darius hatte ich nichts anderes erwartet, aber das Mystras hier war irritierte mich.

„Also viel Spaß bei eurem Gespräch, aber danach müsst ihr herunterkommen und mindestens ein Gläschen mit uns trinken!" Der König verabschiedete sich gut gelaunt am Ende der Treppe und trollte sich dann auch schon wieder, um die Feen zu begrüßen die gerade die große Tür des Saals geöffnet hatten. Ich schüttelte den Kopf und ging gefolgt von Richard auf die beiden Prinzen zu, die uns bereits entdeckt hatten und uns entgegensahen. Beide auf ihre eigne Art: Mystras lächelte entspannt und lehnte sich in seinem Sessel noch ein wenig weiter zurück. Darius hingegen saß aufrecht und sah uns mit ernster Erhabenheit entgegen wie man sie von einem König erwarten würde.

„Ich wünsche euch einen schönen Abend." Grüßte ich als erstes die beiden und neigte meinen Kopf leicht wie es das Protokoll verlangte und hier wurde ich nicht unterbrochen.

Darius legte viel Wert auf die Etikette. Vielleicht gerade, weil sein Vater sich oft nicht standesgemäß verhielt.

Ich setzte mich den beiden gegenüber. Darius fixierte Mein Gesicht und nickte dann einem Meermenschen hinter sich zu. „Du hast uns vor einiger Zeit um ein Schriftstück gebeten und mein Vater hat es dir wie immer vorschnell zugesprochen." Fing Darius in seinem üblichen überheblichen Ton an zu sprechen.

Ich unterdrückte ein spöttisches Grinsen und nickte. Darius hätte sicher nicht so einfach zugesagt und wäre er nicht an das Wort seines Vaters gebunden würde er mir das Buch auch sicher nicht überlassen. „So ist es." Darius erwiderte die Geste und ein Buch wurde zwischen uns auf den Tisch gelegt. Ich konnte Riechen, dass es neu war. Es roch nach Drucker Tinte und Leder. Es hatte nämlich einen dicken Rotbraunen Ledereinband obwohl das Papier zwischen den Buchklappen Neu und schneeweiß war.

Es war eine Abschrift oder besser gesagt die gedruckte Form einer Abschrift. Und dank meiner Freundschaft mit Gaellius konnte ich sicher sein, dass sie nicht allzu geschwärzt war. „Allerdings möchte ich ein paar Bedingungen an die Übergabe knüpfen." Verkündete Darius und legte eine Hand auf das dicke Buch nachdem ich gerade hatte greifen wollen. Ich runzelte verwirrt und auch ein bisschen verärgert die Stirn. „Was für Bedingungen?" Ich zog meine Hand wieder zurück. Von Bedingungen war nie die Rede gewesen und so etwas wichtiges klärte man eigentlich vorher. Für den Vampir Lord hatte ich unterzeichnen müssen, dass ich Vampire, die in meinem Gebiet Schutz suchten, beschützen würde und für die Fürstin der Werlöwen hatte ich zusagen müssen drei ihrer auszubildenden und ihren zweit ältesten Sohn bei mir im nächsten Sommer zu trainieren.

Darius unterbrach meine Gedanken forsch und zählte an den Fingern die Bedingungen auf:

„1. Du darfst das Buch für die Dauer von einem Jahr bei dir haben. 2. Dir ist es nicht erlaubt irgendetwas herauszuschreiben oder zu ändern, zu kopieren oder zu verbreiten. Und es versteht sich von selbst, dass du davon nichts an andere Völker weiterleitest. 3. Nur du und zwei andere Personen deiner Wahl dürfen das Buch lesen. Sie unterwerfen sich damit aber dem Vertrag. Also dürfen auch Sie nichts verbreiten oder in irgendeiner Weise behalten, wenn das Buch zurück geht. Und 4. die Wichtigste Bedingung: du nimmst Mystras mit. Er wird für die Dauer des Buchaufenthalts der Hüter des Buches sein. Und danach für zwei weitere Jahre bei dir ins Exil gehen." Er hob sein Kinn stolz als er fertig war und ich meinte zu erkennen, dass er fürchtete ich würde den Vertrag ablehnen.

Ich warf Mystras einen Blick zu, der entspannt ein Bein über die Sesselarmstützen geworfen hatte und sich mit dem Ellbogen auf die andere stützte. Er grinste mich nur müde an. Dann besann ich mich wieder und sah Darius in die Augen. Und ich mochte mich irren oder es mir nur wünschen, aber ich meinte Erleichterung in seinen Augen zu sehen als ich schließlich mein Messer zückte und mir über den Handinnenflächen fuhr um ein paar Blutstropfen auf den Vertrag zu Tropfen, den mir Darius unter die Nase hielt.

Was mein fischiger Freund auch immer angestellt haben mochte, bei mir würde er das nicht wagen. Hoffte ich zumindest.

„Also schön, wenn das geklärt ist dann bitte ich dich, nimm das Buch und Mystras und geh Feiern." Darius hatte wohl wieder zu seinem alten selbst gefunden. Denn alle Emotionen waren aus seinem Gesicht gewichen. Mystras hingegen schien erleichtert zu sein. Er sprang aus seinem Sessel und stellte sich neben Richard den er mit einem Kopfnicken begrüßte. Zumindest war mir nun klar was er meinte als er bei unserem ersten Treffen gesagt hatte, das uns gewisse umstände zugutekommen würden. Er hätte sowieso ein halbes Jahr zu mir ziehen müssen da er eine Wette verloren hatte. Ich hatte meine Mate vor ihm gefunden.

„Ich bedanke mich für das Buch und euer Vertrauen." Sagte ich höflich in Darius Richtung während ich aufstand. Richard dem man keinen Platz angeboten hatte und Mystras folgten mir die Treppe hinunter, wo sich inzwischen noch mehr Gäste eingefunden hatten.

Richard? Ich begleite Mystras und das Buch zu uns in den Werwolf Trakt. Du hast gesehen wie Diplomatie funktioniert. Mach es nach und knüpfe Kontakte. Wenn man dich zum Trinken einlädt lehne nicht ab aber trink nicht, wenn es nicht notwendig ist. Wies ich Richard rasch an und gab dann Mystras das Zeichen mir zu folgen. Wir würden später zurückkommen. Aber zuerst musste ich klären was Mystras angestellt hatte, sein Bruder hätte ihn trotz aller Differenzen nicht einfach so ins Exil geschickt.

Wir ließen die Halle und den Meermenschen Trakt hinter uns, ohne ein Wort zu wechseln und erst als wir fast mein Zimmer erreicht hatten begann Mystras zu sprechen. „Es tut mir leid, dass mein Bruder mich dir aufgezwungen hat." Er sah verlegen auf den Boden während wir gingen. Ich musterte ihn genau. Ich spürte das es ihm zwar leid tat, dass ich gezwungen war ihn mitzunehmen, doch was auch immer er getan hatte löste keine Reue in ihm aus. „Ich denke die Geschichte musst du mir erzählen. Nur um sicherzugehen, dass du keine Gefahr für mein Rudel bist." Sagte ich mit erhobener Augenbraue und schloss die Tür zu Richards und meinen Zimmern auf. Wir waren in einem großen Salon, den ich nur selten benutzte, wenn ich hier war. Er war pompös eingerichtet und die vielen vergoldeten Möbel hätten auch in einen Palast zu finden sein können. Mir schien der Raum allerdings immer etwas zu kühl und reserviert, den abgesehen von den goldenen Verzierungen am Kamin, den Möbeln und den Fliesen, war der Raum weiß. Doch genau deswegen war er für verstecke perfekt geeignet. Dadurch das der Raum so steril war, wirkte es nicht als gebe es hier sehr viele Möglichkeiten etwas zu verbergen, doch ich hatte mehrere Geheimtüren entdeckt. Unter anderem konnte man den Spiegel über dem Kamin beiseiteschieben, wenn man wusste wie. Dahinter hatte ich diesmal schon eine Tasche platziert, in die ich jetzt das Buch hineinsteckte. Als ich den Spiegel wieder an seinen Platz geschoben hatte wandte ich mich Mystras zu. Nach einer stummen Aufforderung ließ er sich auf einen der Sessel nieder, in ähnlicher Form wie schon eben beim Gespräch. „Na dann erzähl mal, was hast du angestellt, dass dich dein Bruder los werden möchte." Forderte ich ihn auf zu erzählen und ließ mich ebenfalls auf einen der Sessel fallen. 

Die Mate des AlphasWo Geschichten leben. Entdecke jetzt