§Kapitel 6

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P.o.V.: Alaric Silvas

Ich war seit ein Paar Tagen hier, es war die letzte Station meiner Reise und es gab hier tatsächlich nur wenig zu sehen. Deshalb und weil ich im letzten halben Jahr kaum die Zeit hatte, um zu schlafen, verbrachte ich die meiste Zeit damit durch den Sumpf zu laufen und zu dösen. Auch jetzt warf ich mich wieder auf das Bett und griff nach meinem Handy. Richard hatte mir wie versprochen ein paar Bilder des letzten Abends geschickt. Auf den meisten waren natürlich Michael und Kai zu sehen, auf vielen auch der Rest der eingeschworenen Truppe. Meine Freunde im Rudel. Zwar waren wir im Rudel alle wie eine Familie, aber bei mehr als 400 Rudelmitgliedern hatte man nun mal auch einen engeren Freundeskreis. Aiden und Cole wie sie zusammen am Herd standen und nicht zu wissen schienen was sie zu tun hatten. Blake und Mason wie sie aus einer Mischung aus geknickt und erschrocken auf etwas schauten das außerhalb des Bildes war, Jan und Blake die sich um einen Kontroller stritten und ein Bild auf dem die ganze Mannschaft bis auf Leon zu sehen war wie sie alle wie gebannt und mit offenen Mündern auf den Fernseher schauten der nur in einer Ecke des Bildes auszumachen war. Die Tochter des Betas war nicht darauf. Und auf einigen könnte ich mir das erste Mal ein Bild zum Namen Aeryn Engel machen. Es gab insgesamt zwei Fotos, auf denen sie zu sehen war. Eines auf dem sie konzentriert auf etwas außerhalb des Bildes starrte, vermutlich den Bildschirm und zwischen Kai und Michael (meine beiden besten Freunde nach Richard) saß, die ebenso konzentriert aussahen und eines auf dem sie auf der vertrauten Küchenkonsole unseres Rudelhauses saß und lachte. Ich betrachtete die Bilder aufmerksam. Sie war ein hübsches Mädchen, sie hatte ein elfenhaftes Gesicht mit hellblauen Augen, die denen von Henry, mein derzeitiger Beta, eindeutig glichen, sie hatte hohe Wangenknochen und volle Lippen. Sie schien nicht viel von Make-up zu halten zumindest hatte sie auf den Bildern keines aufgetragen. Ihre langen Haare waren von einem erstaunlichen Blutrot, das nur gefärbt sein konnte und war zu einem Hohen Zopf zusammengebunden. Sie war vermutlich schlank doch das könnte man nicht so wirklich erkennen, denn sie trug einen Schwarten Pullover der eindeutig einen Kerl gehörte, der wohl grösser war als sie. Vermutlich hatte sie also einen Freund. Was wahrscheinlich der Grund war, dass sie Cole einen Korb gegeben hatte. Schlecht sah dieser ja eigentlich nicht aus.

Ich nickte zufrieden und bedankte mich bei Richard. Danach legte ich mich quer über das Bett und hing meinen Gedanken nach bis ich sanft eindöste.

Am nächsten Morgen stand ich wiederstrebend auf, ging duschen und zog einen schwarzen Anzug an. Als ich halbwegs zufrieden war kämmte ich meine schwarzen Haare und Band sie vor dem Spiegel zu einem Zopf im Nacken, sodass sie sich in eleganten Wellen über meinen Rücken legten. Auch als Mensch war ich ungefähr 2 Meter groß, meine Muskeln zeichneten sich unter dem Stoff des Anzuges deutlich ab und meine goldenen Augen, die ich mit meinen Wolf teilte, musterten mich kritisch.

Im Rudelhaus der Graumähnen herrschte buntes Treiben, nicht nur ich würde zu dem Mate Ball gehen. Mich begleiten würden sieben andere Wölfe in meinem Alter, zwei Jungs und fünf Mädchen. Boris und Elmar kannte ich bereits aus dem Training bei dem ich Teil genommen hatte, Emma, Louisa, Katharina, Marie und Julia hatte ich zwar schon auf den Fluren des Rudel Hauses getroffen doch hatte ich mich nicht mit ihnen unterhalten, besonders Julia, ein zierliches Mädchen mit blonden Haaren und braunen Augen schien sogar angst vor mir zu haben. Das kannte ich bereits. Als Alpha hatte man gerade auf Omegas eine besonders intensive Wirkung.

Ich setzte mich in die Küche und aß zu Mittag, während ich auf die anderen wartete. Schließlich waren alle sieben versammelt. Wir würden als Wölfe dorthin laufen da die umgebaute Lagerhalle in der die Veranstaltung stattfinden würde, in relativer Nähe war. Meine Sachen hatte ich bereits gepackt. Ein Kurier des Graumähnen Clans würde sie zu mir nach Hause bringen, wenn ich bis morgen früh nicht zurückkam. Wir gingen aus dem Haus und verwandelten uns. Wie immer, wenn junge Wölfe zu Matebällen aufbrachen stand das ganze Rudel um die jungen Wölfe herum und verabschiedete die Ihrigen. Ich ging ein Stück vor, die Verabschiedung war etwas Persönliches und galt nicht mir.

Als die anderen Nachkamen übernahm Boris, der älteste der Jungwölfe und ein angehender Jäger, die Führung und trabte voran. Ich, als Gast, bildete das Schlusslicht hinter Julia die immer wieder ängstlich zurück blickte als ob sie angst hätte das ich sie von hinten anspringen würde. Als wir an der Reviergrenze ankamen drehte sich Boris noch einmal um und die Gruppe heulte. Aus den unterschiedlichsten Richtungen kam Antwort, die Wölfe, die auf Patrouille oder auf der Jagd waren, verabschiedeten sie ebenfalls, schliesslich würden gerade die jungen Frauen nicht zurück kehren oder nur kurz, sollten sie ihren Mate finden. Das Gebiet der Graumähnen war wirklich klein im Vergleich zu dem Revier, das ich geerbt hatte. Wenn man das Gebiet der Graumähnen durchqueren wollte brauchte man im Wolfstempo einen halben Tag, meines hingegen erstreckte sich über eine halbe Stadt und Großteil des Umlandes, man bräuchte drei Tage, um es an der schmalsten Stelle zu durchqueren. Und genau deswegen übernahm ich nun die Führung, außerhalb der Reviergrenzen galt die Regel des stärkeren. Normalerweise würde es jetzt zu einem spielerischen Kampf kommen, bei dem jeder austesten könnte wer der stärkere war, doch die sieben folgten mir Widerspruchslos. Kein Wunder, die Wölfe, die hier lebten waren kleiner als die meines Rudels, und die fünf Mädchen reichten mir in Wolfsgestalt kaum zur Schulter. Gerade Julia die auch in Wolfgestalt besonders Klein, nur wenig grösser als ein normaler Wolf war.

Eine Stunde später kamen wir an der Halle an. Aus dem Inneren hörte man bereits das wummern der Bässe und der Geruch von verschiedenen Alkoholen und gebratenen Fleisch hing in der Luft. Zusammen mit den duzenden Gerüchen der anderen Werwölfe die erschienen waren. Boris, Emma, und Louisa stürmten sofort los. Sie hatten also ihren Mate gefunden. Es war üblich, dass zuerst ein treffen in Wolfsgestalt stattfand, meist waren es sowieso die Inneren Wölfe die den Mate als erstes erkannten. Nur Julia war an meiner Seite geblieben, sie winselte ängstlich. Ich sah sie an und brummte sie beruhigend an. Per Mind-Link, eine geistige Verbindung, die vor allem Rudelintern wichtig war aber auch zu Fremden Wölfen geschlossen werden konnte, beruhigte ich sie. Sie hatte ihren Mate gewittert. Und der stand plötzlich vor mir und knurrte mich wütend an. Ein Alpha. Und ich stand neben seiner Mate. Alphas neigten dazu die eifersüchtigsten von allen zu sein. Ich musterte ihn, er war groß für einen Wolf dieser Gegend doch immer noch viel kleiner als ich. Er hatte das typische Braun-gelbe Fell dieser Gegend und ich spürte, dass er eigentlich ein freundliches Wesen hatte. Ich trat kommentarlos ein paar Schritte von seiner Mate weg, um zu signalisieren dass ich nicht vor hatte im weg zu stehen. Ich beobachtete wie sein Blick von mir zu der Kleinen Omega Wölfin schweifte und er sanft und warm wurde. Sie starrte ihn mit eingezogenem Schwanze an und winselte leise. Er ließ sich davon jedoch nur geringfügig irritieren, verwandelte sich in einen breitschultrigen Mann mit braunen Augen und braunen Haar und umarmte sie in Wolfsgestalt. Kluger Zug, als Mensch wirkt er viel weniger wie eine Bedrohung, das sollten wir uns merken falls unsere Mate auch so ist. Kommentierte Schatten die Aktion des anderen Alphas. Auch Julia hatte sich zurück verwandelt und folgte den Braunhaarigen in die Halle.

Sie gehörten zu den letzten die die Halle betreten hatten. Auch die, die ihren Mate nicht gefunden hatten, nahmen an der Feier Teil. Zum Teil um sich zu amüsieren aber auch aus anderen Gründen. Die Matebälle waren nicht nur dafür gedacht den jeweiligen Mate zu finden und kennen zu lernen, Kontakte wurden geknüpft, Informationen ausgetauscht und manchmal der Grundstein für Frieden oder Krieg zwischen den Clans gelegt. Freundschaften Clanübergreifend zu haben konnte später wichtig sein.

Ich schüttelte meinen Kopf, also auch diesmal kein Glück. Hatte ich die Mondgöttin erzürnt, sodass sie mir meine Mate vor enthielt? Unsinn, sie ist, wahrscheinlich, entweder noch zu jung, um an Matebällen teilzunehmen und gehört nicht den Rudeln, die wir besucht haben, oder sie ist ein Mensch. Aber die Mondgöttin wird dafür sorgen, dass wir sie treffen, wenn der richtige Moment gekommen ist. Schatten war zwar auch traurig, doch sein instinktives vertrauen an die Mondgöttin verhinderte, dass er die Hoffnung aufgab. Aber wir haben keine Zeit mehr sie zu suchen. Seufzte ich deswegen traurig. Das stimmt, ich vermisse das Rudel und wir haben sicher viel zutun, wenn wir ankommen. Aber Wölfinnen aus anderen Clans werden kommen, auch sie suchen ihre Mates. Wäre ich ein Mensch hätte ich jetzt geschmunzelt aber als Wolf entfuhr mir nur ein grollen. Bleiben wollte ich trotzdem nicht, daher beschloss ich meine Heimreise auf der Stelle anzutreten. Der Weg war weit und ich vermisste die Anwesenheit des Rudels. Besonders die Verbindung über den Mind-Link. Dieser hatte nämlich eine begrenzte Reichweite. Entfernte man sich zu weit vom Rudel war man auf Handys und PCs angewiesen.

Ich blickte mich ein letztes Mal um und schnupperteein letztes Mal prüfend. Als ich zu dem gleichen Schluss gekommen war wiezuvor, nämlich dass SIE nicht hier war, drehte ich mich um und lief endlich in RichtungHeimat.    

Die Mate des AlphasWo Geschichten leben. Entdecke jetzt