Als Eliott die Tür öffnete, um nochmal mit Clara essen zu gehen, saß diese schon auf der Heizung gegenüber seiner Zimmertür. Sie sah weniger müde aus, als vorher. Scheinbar hatte sie die Zeit genutzt, um nochmal kurz ein wenig Make-Up aufzutragen. Es war fast ungewohnt sie wieder so zu sehen, nachdem sie das ganze Wochenende nichts benutzt hatte, da sie ja keine Sachen eingepackt hatte. Es war eigentlich überflüssig, dass sie es jetzt extra getan hatte. Er hatte sie ja lange genug ohne gesehen. Aber er musste vor sich selbst zugeben, dass es sie nochmal schöner machte, als er sie zuvor schon fand.
Er war noch so in Gedanken, dass er fast ihre nächste Frage überhört hatte. Er hatte auch nicht mit ihr gerechnet. Das Clara nun dieses selbstbewusste Mädchen geworden ist, das sie immer versucht zu sein hatte, hatte er noch nicht ganz verinnerlicht. Auch wenn sie schon in der Nacht, in der sie sich kennengelernt haben so gewirkt hatte. Aber die Zeit danach hatte sie gezeigt, dass sie unter der Maske dieses schüchterne Mädchen war, dass gerade erst mit ihrer Liebe zum Fehler machen begonnen hatte. War das hier einfach eine weitere ihrer Besser-Fehler-machen-als-gar-nichts-machen-Situationen?
Denn die Frage „Wollen wir einfach ein Date draus machen?", hatte er nicht von der Clara erwartet, die er kannte. Und eigentlich machte sie das noch interessanter, aber umso mehr musste Eliott sich seine Entscheidung vor Augen halten. Eigentlich sollte das Essen, der schöne Abschluss des Wochenendes werden, nachdem er alles beenden wollte; Das Wochenende und ihre gemeinsame Zeit. Aber wie es aussah, hatte Clara seinen vorher überlegten Plan unerwartet verändert. Wer hätte denn auch damit rechnen können?
Hatte sie doch nie seine Entscheidung akzeptiert? Hatte sie nie ihre Gefühle für ihn verloren? Waren sie wirklich echt gewesen und keine kurze Phase?
„Ähm, es tut mir leid, wenn ich dir irgendwie falsche Zeichen gegeben habe, aber ich hatte dir das doch schonmal erklärt", versuchte er sich zu erklären. Denn es tat ihm wirklich leid. Sie hatte ihn, als er gerade den Anruf über Camilla von seiner Mutter bekommen hatte, in einem so verletzlichen Moment getroffen, dass er emotional handelte und das das ganze Wochenende über. Es war alles so plötzlich passiert und dann gab es kein Zurück mehr. Natürlich musste er Clara falsche Zeichen gegeben haben.
„Ich glaube du verstehst einfach nicht, dass du mir echt wichtig bist", versuchte sie ihn weiter auf eine nicht ausweichende Antwort zu bringen. Scheinbar schien sie diesmal echt nicht locker zu lassen. Aber auch diesmal kämpfte Eliott weiter dagegen an: „Du kannst es noch so oft sagen. Ich weiß du glaubst das gerade. Aber du wirst jemand anderen finden. Ist jetzt nicht so, als würde es niemand besseren geben, als mich."
„Aber vielleicht will ich ja niemand anderen", argumentierte sie weiter, „warum bist du dir so sicher, ich könnte dich einfach ersetzen?".
Eliott begann langsam unfreundlicher zu werden, ohne es zu wollen. Denn diese Unterhaltung tat auch ihm weh. Weil er das Mädchen ablehnte, dass er über alles an seiner Seite haben wollte. Warum verstand sie denn auch einfach nicht, dass er für eine Beziehung im Moment einfach total ungeeignet war? Die Augen, die tief in seine sahen, machten das nicht besser. Und im Nachhinein hätte er das Gesagte zurückgenommen, wenn er könnte, doch trotzdem ließ er es zu, dass ihm folgende Worte über die Lippen kamen:
„Weil du bis jetzt über jede ‚große Liebe' hinweggekommen bist, Clara", dabei sprach er „große Liebe" deutlich ironisch aus, „weil Noah dir schnell nichts mehr bedeutet hat, nachdem du so viel Schaden angerichtet hast. Weil du Phil einfach abserviert hast. Und Damian war wohl auch nur die eine Nacht interessant. Clara nichts für ungut, aber du musst erst einmal lernen, was Gefühle sind."
Es folgten ein oder zwei Sekunden Stille. Clara hatte das nicht kommen sehen. Es war nicht fair, sie so zu beschuldigen. Aber es waren die Gedanken, die er schon die ganze Zeit hatte. Vielleicht war sie einfach nicht das Mädchen, was sie zu sein versprach. Und sie hätte ihn vermutlich zurück anschreien können, oder gehen, aber sie blieb ruhig, was für ihn fast schlimmer war:
„Jetzt lenk nicht mit denen ab. Du weißt, dass das was anderes ist".
„Ja? Was ist anders? Clara erklär mir, was anderes ist! Außer, dass du die irgendwann um den Finger gewickelt hast", langsam wurde er laut. Und auch wenn er es nicht wollte, er meinte jedes Wort, genau wie er es sagte. Langsam kam alles hervor, über das er schon so lange nachgedacht hatte. Alle Zweifel, alle Gedanken explodierten einfach aus ihm heraus.
„Du hast nie gefragt, seit wann ich etwas von dir wollte. Wann ich gemerkt hab, dass es du bist, den ich in meinem Leben haben will", wich sie scheinbar der Antwort aus, nur um dann weiter zu reden und es weiter zu erklären, „ich war alleine zu Hause, eine lange Zeit, im ersten Praktikum. Die Zeit, in der ich eigentlich noch etwas von Noah wollte" – auch wenn Eliott die ganze Geschichte mit Noah kannte und wusste, dieser war Vergangenheit, tat es jedes Mal weh daran zu denken, wie dieser sie in seinen Armen gehalten hatte. Ohne Absicht auf etwas Festes, voller Lügen, nur um das zu bekommen, was er wollte – „Und ich saß alleine auf meinem Bett. Nachts. Und war viel zu lange am Nachdenken. Einsam auf mein Handy starrend und auf irgendeine Nachricht wartend. Aber ich saß nicht da und habe irgendeinen gutaussehenden Jungen von einer Party vermisst. Nicht den aus meinem Kurs, von dem ich so lange versucht habe Aufmerksamkeit zu bekommen. Nicht die coolen, zu denen ich immer dazu gehören wollte. Ich habe dich vermisst".
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Rosa Ombré | ✓
RomanceEliott Anderson. Ein Junge, der einiges durchgemacht hat. Die Schule war Vergangenheit. Nun heißt es Umzug nach Köln und Studentenleben. Clara Skinner. Erst Mauerblümchen, dann Spalier-Rose.Ein Name, den er vor Beginn des Studiums nicht einmal gehör...