Auch wenn die große Prüfung am Ende der ersten Theoriephase des Studiums allen anfangs so fern vorgekommen war, kam Mitte März schneller als erwartet. Und ehe Eliott sich versah, war es Freitagnachmittag und er hatte die letzte Klausur hinter sich, die leider nicht wirklich gut gelaufen war.
Gerade saß er mit Damian im Auto und warf einen letzten Blick auf das Universitätsgebäude, bevor sie vom Parkplatz fuhren. Aus dem Wohnheimzimmer mussten sie schon heute Morgen ausgeziehen, auch wenn es ziemlich umständlich war, schon alles Organisatorische vor der Klausur zu erledigen und auch schon alle Sachen ins Auto zu tragen. Aber damit war der erste Studienabschnitt beendet. Er würde nicht wieder nach Köln kommen. Jetzt standen erst einmal sechs Monate Praktikum vor ihm und danach gingen die Theoriephasen an einer anderen Universität in Mainz weiter.
Damian bog ab und fuhr auf den Autobahnzubringer Richtung Heimat. Damit war die Zeit hier zu Ende. Bis jetzt hatte Eliott das noch gar nicht wirklich realisiert. Auch wenn es erst einmal nur sechs Monate Studium gewesen waren, fühlte es sich wie ein komplettes Leben an. Es war mehr passiert als jemals früher. Er war einfach in ein komplett neues Leben eingestiegen, als er das Leben zu Hause, das Leben, das er während der Schulzeit geführt hatte, hinter sich lassen wollte.
Und um ehrlich zu sein, hatte es auch hier gar nicht so viele Happy Ends gegeben. Er hatte zwar eine Menge neue Freunde gefunden, aber schon allein die Situation zwischen Damian, den er schließlich seinen besten Freund genannt hatte, und ihm war nie wieder geworden, wie sie früher war. Vielleicht würde sich das alles noch wieder richten, es war ja auch noch nicht lange her gewesen, dass das mit Clara rauskam, aber er konnte sich dabei nicht sicher sein. Seitdem war auch die Freundschaft mit Henry nicht mehr ganz das gleiche gewesen. Auch wenn keiner wusste, was eigentlich genau vorgefallen war. Und auch Unitechnisch liefen die Prüfungen, die er bestehen musste um nicht aus dem Studium geworfen zu werden, echt nicht gut, auch wenn er noch kein Ergebnis hatte.
Aber es brauchte gar keine Happy Ends um zu sagen, dass jetzt alles besser war. Denn Eliott war der festen Überzeugung, dass es nicht um die Enden ging, sondern um die Erinnerungen. Egal ob gut oder schlecht. Niemand hat nur gute Erinnerungen. Das Leben war Erinnerungen sammeln. Und solange immer eine gute Seite dabei war, beschloss er sich für das erste zufrieden zu geben. Auch wenn nichts so lief, wie er es geplant hatte. Aber die Zeit hier war unbeschreiblich und gut.
Und der Auszug hier, das Ende in Köln war kein Endzustand, sondern nur der Anfang. Es war die Einleitung in das Studium. Freundesgruppen wurden gebildet und auf die Probe gestellt. Es gab Drama und gebrochene Herzen. Und all das würde für ein paar Monate pausiert werden, bis es im Oktober wieder weiter gehen würde. Dort würden auch noch ein paar Leute, die vorher schon in Mainz studiert hatten dazu kommen. Und es würde neue Kurse geben. Aber für jetzt wurden alle an ihre Behörden zurückgeschickt, in verschiedene Stellen und Praktikumsplätze.
Wie würde alles in der nächsten Studienphase weiter gehen, wenn alle wieder auf einander trafen? Was würde bis dahin passiert sein? Würde Damian ihm verziehen haben und würden sie sogar noch Kontakt über die Praktikumszeit haben? Was würde mit Clara passiert sein? Noah würde sie bis dahin sicherlich nicht näherkommen. Noah. Der Name löste in Eliott keine positive Stimmung mehr aus.
Wieder spielte sich in seinem Kopf die Szene ab, in der er ihn eben noch gesehen hatte. Nachdem die Prüfung zu Ende war und Eliott einer der ersten war, die abgegeben hatte, wartete er draußen vor dem Raum auf Damian. Dieser wollte Eliott, wie so oft, mit nach Hause nehmen, dessen Heimat sowieso auf dem Weg lag. Noah war auch schon da und unterhielt sich mit Phil, dem anderen, mit dem Clara anfangs auch ein Beziehungs hin und her hatte. Noah lachte und meinte die Prüfungen seien wohl bis auf die erste ziemlich gut gelaufen. Eliott hasste sein Lachen mittlerweile, ohne das er es wollte. Wenn Clara etwas ihn diesem Jungen sah, dann war es vielleicht auch da. Aber für Eliott war hinter dem Model-Lächeln und dem makellosen Körperbau ein Junge, der dachte er könnte sich alles erlauben nur weil sein Aussehen stimmte.
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Rosa Ombré | ✓
RomansaEliott Anderson. Ein Junge, der einiges durchgemacht hat. Die Schule war Vergangenheit. Nun heißt es Umzug nach Köln und Studentenleben. Clara Skinner. Erst Mauerblümchen, dann Spalier-Rose.Ein Name, den er vor Beginn des Studiums nicht einmal gehör...