24 - Kindergarten zählt nicht

16 4 10
                                    

„Eliott, du mal wieder hier? Christian, du konntest ihn echt überreden?", Julian, einer der typischen Sommerfreundesgruppe, betrat den Garten. Im Gegensatz zu Christian lag in seiner Stimme kein Vorwurf, sondern reine Freundlichkeit. Generell vermutete Eliott, Julian konnte niemandem auch nur irgendetwas übelnehmen. Dafür war er einfach viel zu nett. Manchmal brauchte es solche Leute im Leben, die einem alles nachsahen.

Nach und nach kamen auch die anderen, die letztes Jahr schon dabei gewesen waren. Diesmal war es zwar erst Juni, und damit früher, als letztes Jahr, aber Eliotts Semester würde auch früher beginnen. Mitte nächsten Monats um genau zu sein.

Der Abend verging lustig und entspannt. Eliott war wirklich froh, zugesagt zu haben. Auch wenn er sich die letzten Monate nur von der Außenwelt versteckt hatte, tat ihm ein bisschen sozialer Kontakt doch mal wieder gut. Er musste zwar zugeben, dass er leicht enttäuscht gewesen war, dass niemand Jessica eingeladen hatte, sie brachte normalerweise gute Stimmung in die Runde, aber vermutlich war es wirklich das beste gewesen. Ein klärendes Gespräch mit ihr wäre jetzt eine Art emotionaler Stress, die er wirklich gerade nicht gebrauchen konnte. Schon wieder hatte er einen Menschen verletzt, ohne es mit Absicht getan zu haben. Es schien, als wäre es komplett egal, wie sehr er versuchte, alle um sich herum zu schützen. Im Endeffekt löste er immer eine Menge Drama aus, ohne es zu wollen. Clara und er waren wahrscheinlich gar nicht so verschieden was das anging.

„Nicht an Clara denken. Nicht an Clara denken", wiederholte er sofort Mantra-artig im Kopf, als der Gedanke aufgetaucht war, um ihn so schnell wie möglich wieder zu verdrängen.

„Wisst ihr, was fehlt?", fragte Ismael, einer der, die letztes Jahr auch schon da gewesen waren, als es langsam Nacht geworden war und alle vom Alkohol heiter waren.

„Jessica, die jetzt vorschlägt Wahrheit oder trinken zu spielen", beantwortete er seine eigene Frage und sprach damit genau das aus, wovon Eliott gedachte hatte, dass er dieses Jahr drum rumkommen würde. Das Spiel war für größere Gruppen gut, die sich nicht sonderlich kannten. Im kleinen Kreis fand er nicht wirklich Freude daran. 5 Leute, wie sie jetzt waren, waren dafür einfach zu wenig.

Als aber auch Amelie begeistert zustimmte, war es eine beschlossene Sache. Letztes Jahr hatte sie auch schon mit Freude mitgespielt. Eliott hatte sie seitdem nicht wiedergesehen und vermutlich nicht einmal an sie gedacht. Sie standen sich auch schon in der Schulzeit nicht nah.

Christian stand auf, um ein paar Shotgläser zu holen und kam daraufhin noch mit einer Flasche Jägermeister wieder.

„Christian, wirklich? Jägermeister? Das ist ja doppelt Strafe", beschwerte sich Julian, während er ein angewidertes Gesicht zog.

Christian gab ihm keine Möglichkeit für eine Diskussion, sondern schnitt ihm mit „Ich bin mir sicher, du hast nichts zu verbergen. Dann musst du auch nichts trinken" das Wort ab.

„Du darfst auch anfangen", beschloss er daraufhin, um das Problem, wer anfängt schon gleich zu klären.

Nachdem Julian noch „Das macht es nicht besser" brummte überlegte er kurz und wandte sich dann an Ismael. „Dann die erste Frage an dich, weil du das Spiel vorgeschlagen hast. Was ist der letzte Song, den du auf deinem Handy gehört hast?", begann er einfach. Trotzdem hatte die Vergangenheit schon öfter gezeigt, dass auch bei dieser Frage einiges interessantes herauskommen konnte. Auf seiner Musikapp ließ sich den Verlauf anzeigen. Und schon früher waren von Kinderliedern über Helene Fischer bis depressive Musik alles dabei. Dieses Jahr allerdings landete Ismael mit Bausa keinen interessanten Treffer.

Das Spiel ging weiter über nicht weiter nennenswerte Fragen, wie das erste Mal verliebt sein, Fantasien über die man nicht sprach und peinliche Geschichten.

Rosa Ombré | ✓Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt