22 - Game Over

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Die Weihnachtsfeiertage näherten sich und schneller als Eliott es realisieren konnte, war es laut Kalender nur noch ein Tag bis Heiligabend. Er wusste, er würde morgen früh aufstehen müssen, weil er seinen Eltern versprochen hatte, für das Weihnachtsessen mit zum Einkaufen zu gehen. Und das musste unbedingt morgens sein. „Weil es ab Mittag viel zu voll wird", hatte seine Mutter gesagt.

Trotzdem startete er eine neue Runde des Online Games, das er gerade spielte. Danach noch eine und noch eine. Denn er wusste, sobald er den PC runterfahren und sich ins Bett legen würde, wäre er alleine mit seinen Gedanken. Dann könnte er sie nicht weiter vor Ihnen verstecken. Also spielte er weiter, um sich konzentrieren zu müssen und keinen einzigen Gedanken zulassen zu müssen. Auf seinen Kopfhörern hatte er seine Musik laut aufgedreht. Er versuchte es mit Reizüberflutung, soweit es ging.

Aber irgendwann war er zu müde, sich zu wehren. Es spielte keine Rolle mehr, dass die Gegner ihn angriffen und er genau zielen musste. Es spielte keine Rolle mehr, dass die Musik seine Ohren anschrie. Plötzlich rückte alles in den Hintergrund und die Gedanken, die er verdrängen wollte schoben sich nach vorne.

„Ich hatte vielleicht irgendwie gehofft, dass hieraus mehr als eine Freundschaft wird", hörte er Clara immer und immer wieder sagen. Er wollte es nicht mehr hören. Sie sollte aufhören. Aber seine Gedanken spielten die Szene immer und immer wieder ab. Es war jetzt mittlerweile fast zwei Wochen her. Und er hatte erwartet, dass es besser werden würde, aber es wurde nur schlimmer. Anfangs hatte er gar nicht wirklich realisieren können, was eigentlich wirklich passiert war. Sie hatten einfach keinen Kontakt mehr. Alles was sie gesagt hatte waren einfach Wörter, die er hingenommen hatte. Doch nach und nach war das Gespräch in seinem Kopf angekommen und es schmerzte immer mehr.

„Ich hatte vielleicht irgendwie gehofft, dass hieraus mehr als eine Freundschaft wird", warum war er auf einmal der, für den sie Gefühle entwickelt hatte?

„Ich hatte vielleicht irgendwie gehofft, dass hieraus mehr als eine Freundschaft wird", warum hatte sie die Worte nicht einfach für sich behalten, als sie gemerkt hatte, dass er ihr so offensichtlich aus dem Weg gegangen war?

„Ich hatte vielleicht irgendwie gehofft, dass hieraus mehr als eine Freundschaft wird", seit wann hatte sie versucht die Worte über die Lippen zu bringen?

Das nächste, das Eliott merkte, war, wie ihn seine Mutter vorsichtig am Arm berührte, um ihn zu wecken. Er musste vor Erschöpfung einfach eingeschlafen sein. Seine Kopfhörer hatte er noch in den Ohren, aber die Musik lief nicht mehr, seine Playlist musste am Ende angekommen sein. Der Bildschirm hatte sich auf Standby gestellt. Vermutlich würde noch der „Game Over"-Bildschirm angezeigt werden, wenn er die Maus bewegte.

„Eliott du hast doch nicht wirklich wieder bis in die Nacht gezockt? Du kannst nicht einfach auf dem Stuhl schlafen, das ist nicht gesund!", beschwerte sich Frau Anderson.

„War ja keine Absicht", Eliott murmelte sein Argument nur vor sich hin, er war nicht in der Stimmung für eine Diskussion. Genau genommen war er in der Stimmung für gar nichts.

„Es ist Heiligabend, du hättest dich wenigstens bemühen können, mal rechtzeitig zu schlafen".

Er nickte nur.

„Was ist denn schon wieder los? Ist es wieder eine deiner Phasen? Eliott, das kann nicht so weiter gehen, du bist seitdem du vorgestern angekommen bist schon so drauf."

Eine weitere von Eliotts Phasen. Schon früher war er mit jedem Problem so umgegangen. Es gab immer wieder die kleinsten Dinge, die ihn aus der Bahn warfen. Die ihn dazu brachten sich selbst zu hassen. Dann versuchte er mit niemandem etwas zu tun zu haben. Er wollte niemanden sehen. Mit niemandem sprechen. Er wollte nur alleine sein und sich selbst hassen. Manchmal gab es Auslöser für die Phasen, manchmal tauchten sie plötzlich auf. Ein weiterer Grund, warum er noch nicht für eine Beziehung bereit war.

Rosa Ombré | ✓Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt