Kapitel 33

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Danach verlief alles wie Thomas es gesagt hatte. Er holte die Koffer und alles weitere herein, danach inspizierte er Biggis Wunden. Das tat er sehr gewissenhaft, um jede noch so kleine Entzündung erkennen zu können. Er nahm das alte Verbandsmaterial ab, desinfizierte die Verletzungen und brachte neue Verbände und Pflaster an.
Durch ihren nächtlichen Ausflug und die Stürze, die sie dabei hatte erleiden müssen, war ihr Körper nun zusätzlich auch mit blauen Flecken übersät. Aber nichts davon sah gefährlich aus und selbst der Schnitt an Biggis Handgelenk sah bereits besser aus. Gleiches galt für ihre Platzwunde an der Stirn. Biggi zog sich dann eine Jogginghose, ein T-Shirt und eine kuschlige Strickjacke über. Thomas kümmerte sich um das Feuer und danach um ein Frühstück, das ohne Käse oder ähnliches was er nicht hatte mitbringen können improvisiert werden musste. Er würde die nächsten Tage hoffentlich die Gelegenheit haben, einkaufen zu gehen. Bis dahin hatten sie aber genügend Nudeln und andere Dinge auf Vorrat, verhungern würden sie also erstmal nicht.
Trotzdem war Thomas froh doch den Milchreis von zu Hause mitgenommen zu haben, den er nun zubereitete. Das bekam er gerade so hin und wenn er Glück hatte, würde Biggi ihn auch essen. Thomas selbst würde sich mit einem Kaffee zufrieden geben, da er keinen Hunger hatte. Er gab eine Portion Milchreis in eine Schüssel und fand noch Kirschen im Glas, die er gut darüber geben konnte. Damit ging er zu Biggi, die auf der Couch saß und beinahe einschlief.
"Frühstück.", sagte Thomas und Biggi schreckte auf. "Ich hab eigentlich keinen Hunger.", meinte sie, doch Thomas kaufte ihr das nicht ab. "Du wirst etwas essen, wenigstens ein bisschen. Hier." Thomas gab die Schüssel an Biggi weiter und reichte ihr auch einen Löffel. "Milchreis zum Frühstück, wirklich?", fragte Biggi. "Ausnahmsweise mal.", antwortete Thomas und Biggi musste lachen. "Nett.", sagte sie und merkte nun doch, dass sie hungrig war. Allerdings musste sie dann erstmal niesen. "Du wirst mir doch jetzt nicht krank werden.", meinte Thomas besorgt, als Biggi während dem Frühstück vermehrt niesen musste und kurz darauf auch leichter Husten einsetzte.
Biggi tat seine Befürchtungen zunächst ab, aber am nächsten Tag wachte sie wirklich mit einer verstopften Nase auf. Thomas war in der Nacht von Biggis Husterei geweckt worden und lief bereits durch die Hütte, während Biggi eine Zeit lang brauchte um zu realisieren wo sie war. Zusätzlich zu den Verletzungen kam nun also noch eine Erkältung, sie konnte es nicht fassen. Langsam setzte sie sich auf und blickte sich verschlafen um.
"Na, Schniefnase. Von wegen du bekommst schon keine Erkältung und ich würde mir das nur einbilden.", sagte Thomas, der plötzlich neben Biggi aufgetaucht war und sich zu ihr hinunter kniete. "Jaja, schon klar.", erwiderte Biggi. Ihre Stimme hörte sich durch den Schnupfen seltsam verzerrt an und Thomas musste einfach grinsen. "Schul doch um und werd Arzt, an mir übst du ja schon genug.", meinte die Pilotin und musste daraufhin erstmal heftig husten. "Ich bin dein persönlicher Arzt und das bleibt auch so.", antwortete Thomas und legte Biggi prüfend eine Hand auf die Stirn. Sie war auffällig heiß.
"Du hast Fieber.", stellte Thomas fest und wollte seine Hand wieder weg nehmen, jedoch legte Biggi die ihre auf seine. Seine Hand fühlte sich im Kontrast zu ihrer Stirn angenehm kühl an. "Lass die Hand da ruhig liegen.", meinte Biggi und Thomas lachte. "Das wird nicht lange dauern, bis die genauso warm ist."
Biggi ließ Thomas los und er strich ihr über die ebenso heiße Wange. "Das hast du jetzt von deinem Ausflug bei Gewitter.", sagte Thomas und Biggi musste niesen. Anschließend stand sie erstmal auf, um ins Bad zu gehen. Ihr war schwindelig und sie war froh, als sie wenig später auf der Couch sitzen konnte.
Die hatte Thomas schon für sie vorbereitet, zumindest die Kissen so hingelegt das sie sich gemütlich hinlegen konnte und einen Tee hatte er ihr auch schon gemacht. Den brachte Thomas Biggi nun zur Couch. "Aufpassen, ist ziemlich heiß.", warnte Thomas sie vor. Für Biggi war das allerdings genau das, was sie gerade brauchte. Ihre Erkältung schien nämlich kein Symptom aus zu lassen, auch nicht Schüttelfrost und starke Kopfschmerzen.
Sofort nahm Biggi einen kleinen Schluck aus der Tasse. "Schmeckt gut, was ist das für ein Tee?", fragte sie Thomas. "Das bleibt erstmal mein Geheimnis.", antwortete er grinsend und nahm Biggi den Tee wieder ab, da sie die Tasse kaum halten konnte. "Leg dich hin und ruh dich aus. Dann solltest du es in ein paar Tagen überstanden haben."
Biggi nickte leicht und legte sich hin. "Ohne Protest?", fragte Thomas erstaunt und zog eine Augenbraue hoch. Etwas misstrauisch war er natürlich, da Biggi ihm sonst immer widersprochen hatte. "Ich hab eben gemerkt, dass es sowieso nichts bringt, zu diskutieren. Ich kann mich gegen deine Fürsorge nicht wehren, also versuche ich es erst gar nicht mehr. Vor allem weil ich einfach nur müde bin und mich nicht auf die Diskussion konzentrieren kann."
Thomas lachte und holte die dicke Bettdecke vom Boden. Die legte er Biggi über, die zitterte wie Espenlaub. "Warum geht's dir so gut und mir so mies?", fragte Biggi. "Du warst auch stundenlang draußen."
Sie kuschelte sich in die warme Decke ein und Thomas ging zum Kamin, um neues Holz aufzulegen. "Dein Immunsystem ist im Moment eben nicht so robust wie sonst.", antwortete Thomas. Selbst wenn er kein Arzt war, konnte er sich diese Tatsache ganz einfach herleiten. Allein schon das Untergewicht machte viel aus.
"Magst du einen Film schauen?", erkundigte er sich. "Klar.", antwortete Biggi. "Such du aus, aber nichts zum Heulen." Das war Biggis einzige Bedingung. Thomas schlug ihr dann verschiedene Filme vor, aber jedes mal war sie nicht wirklich begeistert. "Dann schlag du jetzt einfach was vor, worauf du Lust hast.", meinte Thomas und Biggi quälte sich nochmal von der Couch um selbst nachzusehen. "Den hier.", sagte sie und zog eine der DVD-Filme aus dem Regal. "Harry Potter, ernsthaft jetzt?" Damit hätte Thomas nicht gerecht. "Hab ich noch nicht geschaut, aber deine Kinder meinen das muss man gesehen haben. Also ja, den schauen wir jetzt."
Biggi legte sich wieder auf die Couch, während Thomas sich um den Film kümmerte. Den Anfang sahen sie sich noch zusammen an, aber keine halbe Stunde später war Biggi eingeschlafen. Husten musste sie trotzdem und was Thomas hörte, gefiel ihm überhaupt nicht. Er hoffte, dass er es hier wirklich nur mit einer Erkältung zu tun hatte und nicht etwa mit einer beginnenden Lungenentzündung oder etwas vergleichbaren.
Thomas grübelte, während er den Film nun alleine weiter ansah und entschied sich dann dafür Michael anzurufen. Sein Kumpel war Arzt und zwar ein ziemlich guter, er würde das bestimmt auch aus der Ferne einigermaßen nüchtern einschätzen können ob Grund zur Sorge bestand oder nicht. Thomas wollte einfach nichts falsch machen.
Er stand also leise auf und ging in eines der angrenzenden Zimmer, um Biggi nicht zu stören. Wenigstens hatte er hier oben Empfang. Wenig zwar, aber es reichte aus. Es dauerte ein bisschen, bis Michael ran ging. Er und Karin hatten sich nämlich vorgenommen Karins freien Tag gemeinsam im Bett zu verbringen und deshalb waren sie auch anderweitig beschäftigt gewesen. Als Michael allerdings hörte was los war, war er froh das Thomas sich deshalb meldete. Der Arzt gab jedoch Entwarnung und teilte Thomas noch ein paar Tipps mit, die für ihn durchaus nützlich sein würden. Sollten die Symptome innerhalb der nächsten drei Tage nicht abklingen, sondern eher nur noch schlimmer werden, gab er Thomas die Anweisung Biggi in diesem Fall sofort zu einem Arzt zu bringen.
Aber im Augenblick hörte es sich für Michael ebenfalls nach einer gängigen Erkältung an und das beruhigte Thomas ungemein.
Nach einem zehnminütigen Gespräch legten sie dann auf und Michael legte das Handy wieder weg. Karin, die sich eng an ihren Lebensgefährten gekuschelt hatte, musterte ihn besorgt. "Was ist mit Biggi?", fragte sie, da sie ja ein bisschen was mitbekommen hatte. "Nichts dramatisches, nur eine Erkältung.", antwortete Michael und strich Karin über den Arm die Sorge in ihrer Stimme war nicht zu überhören. Und anhand ihres Blickes konnte Michael sehen, das sie misstrauisch war. Kein Wunder, schließlich hatte Karin die letzten Wochen mit Biggi einiges durchmachen müssen und wusste wie unberechenbar die Pilotin im Moment sein konnte. Und jetzt befand sich ihre beste Freundin offenbar krank in den Bergen, was Karin verständlicherweise beunruhigte.
Deshalb brauchte Michael auch ein wenig, bis er Karin davon überzeugen hatte, dass Thomas gut auf Biggi auf passte und kein Grund zur Sorge bestand. Die Verliebten verbrachten danach wie geplant den ganzen Morgen im Bett, redeten und kuschelten. Sie hatten einiges nachzuholen.
Biggi schlief verschlief derweil den ganzen Tag und auch fast den ganzen Tag darauf. Die Symptome wurden immer schlimmer und nur Tee und Schlaf schienen nicht sonderlich zu helfen. Thomas machte sich inzwischen ernsthafte Gedanken und da er sich nicht anders zu helfen wusste, wollte er ins Dorf fahren um in einer Apotheke Medikamente zu besorgen. Zumindest Hustensaft oder etwas dergleichen. Biggi saß auf der Couch, während er sich für den Aufbruch fertig machte.
"Ich will nicht, dass du gehst.", stellte die kränkelnde Pilotin klar. "Und wenn, dann will ich mitkommen!" Thomas zog seine Jacke an und ging dann zu Biggi. Er legte ihr eine Hand auf die Stirn. "So wie du glühst?", fragte Thomas. "Vergiss es, du kannst dich ja nicht mal richtig auf den Beinen halten. Ich werde mich beeilen, das verspreche ich.", sagte Thomas ruhig. Er wollte nicht gehen, aber es musste sein.
"Und was ist, wenn etwas passiert während du weg bist? Wenn ich wieder Scheiße baue?!" Thomas wusste genau, was Biggi damit meinte. "Das wirst du aber nicht, kontrollier es. Du wirst das hinkriegen, das weiß ich. Ansonsten muss ich mit dir zum Arzt, wenn ich nicht selber was besorge und die Symptome noch schlimmer werden und das willst du ja nicht.", meinte Thomas. "Nein, das will ich nicht.", bestätigte Biggi. "Gut.. dann geh.", sagte sie schließlich. "Aber komm zurück, ja? Lass mich hier nicht sitzen, ohne dich schaff ich's nicht!"
Thomas nahm Biggi fest in den Arm. "Ich hab's dir versprochen, das wir das gemeinsam durchstehen. Ich hole ein paar Sachen und bin bald wieder da. Hier kann dir nichts passieren und am besten lenkst du dich mit Filme schauen ab. Lass die Finger von irgendwelchen spitzen Gegenständen und wenn ich rausfinden sollte, dass du erbrochen haben solltest, gibt's Ärger. Du packst das, okay?"
Biggi sah Thomas ängstlich an. "Okay.", antwortete sie dennoch. Thomas ließ sie dann kurz darauf alleine.

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