Kapitel 51

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Biggi war schließlich diejenige, die das Schweigen brach. "Du hast mir gefehlt.", flüsterte sie und kuschelte sich noch enger an Thomas, der sie im Arm hielt. "Ich war doch hier.", antwortete Thomas. "Die ganze Zeit. Wie kann ich dir da gefehlt haben?"
Biggi zwickte ihn daraufhin. "Du weißt doch, was ich meine!", stellte sie klar. "Ach ja, weiß ich das?", fragte Thomas und lachte. Biggi konnte ebenfalls nicht ernst bleiben und stimmte in sein Gelächter mit ein. "Ja, zumindest solltest du das wissen.", meinte Biggi. "Aber lass uns erstmal nicht mehr streiten, okay? Ich wollte das alles ja auch gar nicht, nur.." Thomas legte Biggi einen Finger auf ihre Lippen, da sie sich gerade zu ihm umgewandt hatte. "Shh, es ist okay. Du hattest jedes Recht sauer zu sein. Aber jetzt weißt du wirklich alles und wir haben keinen Grund mehr zum Streiten. Obwohl ich die Art der Versöhnung ja wirklich ansprechend fand."
Biggi zog eine Augenbraue hoch. "He, du etwa nicht?", fragte Thomas sie verwundert und Biggi küsste ihn einfach. "Doch, natürlich.", pflichtete sie ihm bei. "Aber das soll ja nicht zur Gewohnheit werden, sonst wird es langweilig." Thomas grinste.
"Was jetzt genau? Das Streiten oder der Sex?", wollte er wissen. "Am besten beides, oder? Obwohl sich zweiteres ganz leicht variieren lässt.", erwiderte Biggi und küsste Thomas zärtlich. "Und wir haben noch so viel Zeit zum Ausprobieren.", sagte Thomas. "Sofern uns nicht irgendwann doch die Lust vergeht.", erinnerte Biggi ihn. "Das glaube ich nicht.", antwortete Thomas grinsend und Biggi musste ebenfalls grinsen. "Ich auch nicht, dafür haben wir einfach zu viel versäumt.", sagte Biggi nachdenklich. "Und das holen wir jetzt nach und nach alles auf, du wirst sehen.", gab Thomas zurück und beide meinten sie nicht nur die Versäumnisse auf sexueller Ebene.
Da gab es noch so viel mehr, das sie sich geben konnten. Etwas, das keiner ihrer Partner zuvor geschafft hatte und genau deshalb waren diese Beziehungen allesamt gescheitert. Denn kein Mensch konnte den Menschen ersetzen, den man wirklich liebte. Thomas und Biggi hatten sich jahrelang aus verschiedenen Gründen gegen ihre Gefühle gewehrt, aber das sollte nun vorbei sein. Und diese zweite Chance wollten Biggi und Thomas auch ausgiebig nutzen.
Auch fast zwei Stunden später lagen sie noch immer beieinander und genossen die für sie noch neuartige Nähe, die nun zwischen ihnen entstanden war. Der Streit war inzwischen vollkommen vergessen und nachdem sie sich ein weiteres Mal innig geliebt hatten, lagen sie wieder erschöpft nebeneinander. Beide waren sie zwar vollkommen außer Atem, aber überglücklich.
"Das du so gut bist, hätte ich ja echt nie gedacht.", meinte Biggi schnaufend und Thomas lachte. "Das nehme ich jetzt mal als Kompliment.", antwortete er amüsiert. "Das war auch so gemeint.. Als Kompliment.", erwiderte Biggi und Thomas küsste sie sanft. Er zog sie in seine Arme und müde legte Biggi ihren Kopf auf die Brust ihres Geliebten. "Ich kann das übrigens nur zurück geben.", sagte Thomas nach ein paar verschwiegenen Momenten. "Was?", fragte Biggi, die ihren Gedanken nach gehangen war und die Worte von Thomas gar nicht richtig mitbekommen hatte. "Du bist auch ziemlich gut, das muss ich dir lassen."
Biggi kicherte. "Nur ziemlich gut?", fragte sie nach und Thomas lachte ebenfalls auf. "Okay, das war untertrieben. Du bist der Hammer, das trifft es eher." Biggi klaute sich daraufhin noch einen Kuss von Thomas und kuschelte sich dann sofort wieder an ihn. "Wie sollen wir je wieder damit aufhören?", wollte Biggi nun wissen. "Ich weiß es nicht, mein Schatz. Ich hab wirklich nicht die geringste Ahnung.", gab Thomas belustigt zurück. "Ich auch nicht.", gab Biggi zurück.
"Am liebsten würde ich nur noch mit dir hier liegen bleiben, bis ans Ende meines Lebens.", gab Biggi nun zu. "Aber irgendwann müssen wir wieder zurück nach Hause und vor dem Tag.. ich weiß nicht warum, aber irgendwie habe ich Angst zurück zu gehen. Erst wollte ich nicht weg und jetzt.. jetzt nachdem wir hier sind, würde ich am liebsten die Zeit anhalten wollen. Ich weiß auch nicht, ob ich überhaupt je wieder als Pilotin arbeiten kann oder ob ich das überhaupt will."
Dieses Geständnis kam für Thomas überraschend  und es erschreckte ihn auch, was er Biggi aber nicht zeigen wollte. Es erinnerte ihn an damals, als Biggi nach dem Absturz auch erstmal nicht mehr fliegen wollte.
"Biggi.. Schatz..", setzte Thomas an. "Du hast alle Zeit der Welt, um wieder auf die Beine zu kommen. Ja, irgendwann müssen wir wieder zurück nach Hause, das stimmt. Aber noch haben wir ein paar Wochen, die wir gemeinsam hier verbringen können und deshalb mach dir jetzt bitte nicht schon so viele Gedanken darüber, was danach kommt. Ich kann dich verstehen, aber noch sind wir hier und noch bist du nicht wieder komplett hergestellt. Jetzt warte doch erstmal ab, was bei deiner Untersuchung raus kommt, hm?"
Thomas strich Biggi sanft über den Rücken. "Und wenn dabei raus kommt, dass ich nicht wieder fliegen darf? Oder wenn ich mich trotz, dass ich wieder fliegen dürfte, dagegen entscheide.. würdest du mich denn auch lieben, wenn ich keine Pilotin mehr wäre?" Diese Frage brannte Biggi aus irgendeinem Grund gerade ziemlich auf der Seele. "Ach, Liebling.. natürlich würde ich das! Aber.. ich weiß nicht, ob du dich selbst noch lieben könntest, wenn du dein Dasein als Pilotin aufgibst.", sprach Thomas nun ebenfalls offen seine Bedenken aus. "Du hast damals nach dem Unfall auch gesagt, dass du aufhören willst und warst danach trotzdem wieder im Cockpit gesessen. Weißt du noch, was du damals zu mir gesagt hast? Du hättest ja nichts anderes außer der Fliegerei gelernt und daran hat sich inzwischen soweit ich weiß auch nichts geändert. Fliegen ist dein Leben, Biggi. Und ich weiß selbst, wie das ist, wenn man es plötzlich aufgeben muss. Ich will nicht, dass du übereilt eine Entscheidung triffst, die du irgendwann bereust.", stellte Thomas klar.
"Aber Menhoff.. Thomas, Enrico hat es geschafft, ihn gegen mich aufzuhetzen und der wird so schnell auch keine Ruhe mehr geben. Egal ob mich die Ärzte gesund schreiben oder nicht, der wäre immer noch der Chef von Medicopter und der hat nun mal das letzte Wort. "Enrico ist aber nicht mehr hier und das mit Menhoff, das lass mal meine Sorge sein. Ich kläre das gegebenenfalls schon, wenn es soweit ist.", versuchte Thomas Biggi zu beruhigen. "Und damit ziehe ich dich dann in meine Angelegenheiten rein und du bekommst wegen mir Probleme.", meinte Biggi nachdenklich.
"Du ziehst mich in überhaupt nichts mit rein.", stellte Thomas klar. "Ich hab dich schon so oft in den letzten Jahren enttäuscht und damit ist ab jetzt Schluss. Wir sind in einer Beziehung, du bist also meine Freundin und die beschütze ich. Egal was passiert."
Biggi musste lächeln. "Das hier ist für dich jetzt also wirklich schon eine Beziehung?", fragte sie und drehte sich so, dass sie Thomas ansehen konnte. "Ich wüsste nicht, was es sonst sein sollte.", antwortete Thomas überrascht. "Wir kuscheln, knutschen, haben atemberaubenden Sex und streiten können wir uns auch schon wie ein altes Ehepaar. Was ist das denn deiner Meinung nach sonst, wenn du es nicht als Beziehung ansiehst?", wollte Thomas wissen.
"Ich sehe das schon so an.", antwortete Biggi. "Ich war mir nur nicht sicher, ob wir da auf einer Wellenlänge sind. Schließlich hab ich dich die letzten Wochen, bevor wir hierher gekommen sind, verdammt mies behandelt und naja.. Auch wenn du mir gesagt hast, das du das hier willst.. du musst dich nicht aus Mitleid auf irgendwas einlassen, Thomas. Ich wollte nur, dass du das weißt. Ich war vielleicht etwas neben mir gestanden und bin jetzt auch noch nicht wieder vollkommen ich selbst, aber.." Thomas drückte Biggi einfach einen Kuss auf, nur damit sie verstummte.
"Was gibst du da eigentlich für einen Blödsinn von dir?", fragte er seufzend. "Ich hab dich als erstes verführt und nicht umgekehrt, nur mal so. Und du kennst mich doch, ich würde nie etwas tun, wenn ich nicht vollkommen überzeugt davon wäre. Daran hat sich auch in all den Monaten nichts geändert und du hast mich nun mal überzeugt, gleich bei unserer ersten Begegnung damals."
Biggi kicherte. "Damals.. das klingt wirklich so, als ob wir ein altes Ehepaar wären.", meinte sie. "Sind wir ja auch irgendwie. Du kennst mich, ich kenne dich und wäre ich damals nicht verheiratet gewesen.. Wer weiß, vielleicht wäre das alles ganz anders verlaufen und wir wären heute tatsächlich Mann und Frau, hätten ein Haus mit Garten und Lisa und Laura hätten das ein oder andere Geschwisterchen.", philosophierte Thomas und musste zugeben, dass ihm diese Vorstellung ziemlich gut gefiel. "Das klingt wundervoll!", gab Biggi flüsternd zu. "Findest du?" Thomas war erstaunt darüber, dass Biggi die Idee ebenfalls gefiel. Nach allem, was sie durchgemacht hatte, hätte Thomas so eine Reaktion nicht erwartet. Eher hätte er mit einem erneuten Gefühlsausbruch gerechnet.
"Ja, finde ich. Was ist daran jetzt so überraschend?", fragte Biggi. "Naja.. du hast schließlich einiges durch gemacht und da dachte ich nicht, dass dir meine Alternative wie es hätte anders verlaufen können gefällt.", gab Thomas zu. "Aber das tut sie.", erwiderte Biggi. "Vielleicht würden wir dann jetzt nicht hier liegen, sondern zu Hause in unserem eigenen Bett oder vielleicht würden wir im Garten sitzen und unsere Kinder beim Spielen beobachten. Ich hab mir ehrlich gesagt oft vorgestellt, wie es gewesen wäre, wenn ich mit dir zusammen gekommen wäre und nicht mit Enrico. Nur wolltest du mich damals nicht und er war da."
Thomas sah den Schmerz in Biggis Augen. Für die Abfuhr damals, könnte er sich heute selbst ohrfeigen, genauso wie für viele andere Dinge auch. "Aber irgendwie bin ich auch froh, dass er und ich nicht geheiratet haben, also das es so weit nicht gekommen ist. Wer weiß, wie lange sich das sonst hingezogen hätte.", meinte Biggi nun.
"Warum eigentlich nicht?", fragte Thomas und hätte die Frage am liebsten gleich wieder zurück gezogen. Aber das ging nicht und Biggi blieb überraschend ruhig. "Keine Ahnung, einen richtigen Grund gab es eigentlich nicht dafür. Wobei.. Enrico hat mir ja sozusagen einen Antrag machen wollen, nur war das für mich kein Verlobungsring, sondern eben ein ganz normaler Ring. Wir waren noch nicht zusammen und ich hab mich eben nicht bereit gefühlt. Es war auch kein richtiger Antrag, sondern.. Ich weiß nicht. Es war mir jedenfalls nicht genug und es kam mir auch so gezwungen vor. Seine Eltern, besonders seine Mutter, haben ihn und auch mich ziemlich unter Druck gesetzt. Wir haben seinen Eltern gesagt, dass es ein Verlobungsring wäre, aber dran war da nichts. Und wenn, dann hätte ich mir schon einen richtigen Antrag gewünscht, da bin ich altmodisch.", gab Biggi zu.
"Und wie stellst du dir einen richtigen Antrag vor?" Thomas war neugierig geworden. "Das sollte der Mann, der es irgendwann wagen sollte mir einen Antrag zu machen, schon selbst raus finden.", meinte Biggi belustigt.
"Und wie sollte der besagte Mann sein?", fragte Thomas weiter. "Hmm.. lass mich nachdenken..", sagte Biggi und tat so, als würde sie tatsächlich überlegen. "Er sollte groß sein.. und gut aussehend.. verständnisvoll sollte er sein und Humor sollte er haben.. außerdem sollte er mich akzeptieren wie ich bin, aber trotzdem noch wissen was er will." Thomas lächelte und zog Biggi an sich, um sie zu küssen. "Das weiß er definitiv!", schwor er ihr anschließend.
"Du könntest dir das also wirklich vorstellen?", fragte Biggi verwundert. "Das mit mir oder eher gesagt das mit uns? Für längere Zeit?" Thomas konnte Biggis Zweifel sehr gut nachvollziehen, weshalb er ihr dieses Nachfragen auch gar nicht verübelte. "Ich könnte mir alles mit dir vorstellen, glaub mir. So oft habe ich die letzten Monate an dich gedacht und mir war klar, dass ich keine andere Frau will. Entweder dich oder keine. Aber überstürzen werden wir nichts, wir haben jetzt die Zeit und die Chance, um alles richtig zu machen."
Biggi legte ihre Stirn an die von Thomas und unterdrückte die Tränen, die ihr vor Rührung in die Augen gestiegen waren. "Ich liebe dich!", flüsterte sie. "Ich liebe dich so sehr!" Inzwischen hatte Biggi angefangen zu schluchzen und Thomas drückte sie an sich. Er drückte ihr einen sanften Kuss auf den Scheitel.
"Ich dich auch!", erwiderte Thomas. "Wir bekommen das alles hin und egal was passiert, ich stehe hinter dir!", versprach er ihr nun. "Ich will gar nicht dran denken, was ich getan hätte, wenn du nur ein paar Tage später zurück gekommen wärst oder mich nicht hierher gebracht hättest. Du hast mir das Leben gerettet, Thomas. Mehrmals. Vielleicht hört sich das bescheuert an, aber dank dir hat mein Leben wieder einen Sinn. Dank dir und dank Balu, der mich gestern zurück hierher geführt hat. Du hättest nicht hierher zurückkehren müssen. Du hättest nach der Entlassung aus dem Zeugenschutz irgendwo komplett neu anfangen können und trotzdem bist du wieder da. Und du bist ausgerechnet dann aufgetaucht, als ich dich offenbar am meisten gebraucht habe."
Thomas wusste genau, was Biggi meinte. Immerhin hatte er ihren Brief gelesen und hätte er das nicht getan, wären er und Michael wohl noch später aufgetaucht. Was bis dahin hätte passieren können, das wollte Thomas sich gar nicht ausmalen. Biggi war so instabil gewesen, das sie vermutlich alles getan hätte, um ihrem Schmerz ein Ende zu setzen.
"Das Thema hatten wir schon, Biggi. Ich wäre woanders niemals glücklich geworden und zurück zu kommen war die beste Entscheidung. Ich hab dich, meine Kinder und meine Freunde wieder. Dazu kam sogar noch ein verrückter Hund. Was will ich mehr?", fragte Thomas. "Ich weiß es nicht.", gab Biggi zu. "Dann hör auf dir solche Gedanken zu machen.", gab Thomas zurück. "Zusammen schaffen wir alles und das muss auch nicht von jetzt auf gleich sein. Eins nach dem anderen. Später hast du zum Beispiel wieder ein Gespräch mit deinem Psychologen, danach hast du wieder etwas geschafft. Wenn es soweit ist fahren wir zum Arzt und wenn das überstanden ist, haben wir noch Zeit bis wir nach Hause fahren und unsere Prüfungen ablegen müssen. Und nachdem es dir jeden Tag besser geht, wird es dir bald auch wieder leichter fallen, dir nicht so viele Sorgen zu machen. Wir nehmen das alles wie es kommt, okay?" Biggi blickte zu Thomas auf und nickte leicht. "Okay.", flüsterte sie, küsste ihn und schmiegte sich sofort wieder an ihn.
Liebevoll strich Thomas seiner Liebsten über den Arm und begutachtete unauffällig die inzwischen verschlossenen,  aber noch längst nicht verheilten Wunden. "Tut das noch weh?", wollte er von ihr wissen. "Nein.", antwortete Biggi ehrlich. "Es tut mir nur weh, wenn ich es anschaue. Schön anzusehen ist das ja nicht.", gab die Pilotin zu.
"Mit der Zeit werden die Narben verblassen.", antwortete Thomas. "Aber wenn es dich wirklich so sehr stört, kann ich es wieder verbinden." Dies lehnte Biggi jedoch ab. "Solange es dir nichts ausmacht, kann ich auch damit leben. Wie andere reagieren, wenn sie es sehen, werde ich ja bestimmt noch erfahren.", meinte sie. "Und schon wieder machst du dir zu viele Gedanken. Du bist perfekt so wie du bist.", stellte Thomas klar. "Und jeder der was anderes behaupten sollte, bekommt es mit mir zu tun!"
Biggi war abermals gerührt von Thomas' Worten und kuschelte sich noch enger an ihn, obwohl das kaum noch möglich war. Am liebsten wäre sie gleich in ihn rein gekrabbelt, so sehr liebte sie es, ihm nahe zu sein.
Bei Thomas war sie sicher. Er würde sie vor allem beschützen, was ihr in irgendeiner Weise gefährlich werden konnte und solange Thomas bei ihr war musste sie keine Angst haben. Vor nichts und niemanden und das beruhigte Biggi ungemein. Sie fühlte sich dadurch inzwischen schon wieder besser und genoss es einfach, in Thomas' Armen zu liegen.
Dieser streichelte sie weiterhin zärtlich und irgendwann legte sich Balu einfach dazu.

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