Kapitel 39

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Irgendwie war Thomas enttäuscht. Da hatte er sich endlich getraut, Biggi seine Gefühle zu gestehen und sie war vorher einfach eingeschlafen. Aber er war ihr keinesfalls böse, da sie den Schlaf dringend brauchte, vor allem nach Monaten in denen sie nachts von Alpträumen geplagt worden war und diese immer noch hatte. Jedenfalls manchmal noch, da es besser geworden war, aber gänzlich würden sie wohl erst nach einiger Zeit verschwinden. Dafür hatte Biggi einfach zu viel durchmachen müssen.
"Da will ich dir einmal sagen was Sache ist und du pennst mir weg.", murmelte Thomas belustigt und hielt Biggi noch eine Weile im Arm. Der Film war ihm inzwischen egal geworden, denn viel lieber sah er Biggi beim Schlafen zu. Das war zu seiner Lieblingsbeschäftigung geworden. Balu lag ebenfalls schlafend da und Thomas fielen nach einiger Zeit auch immer wieder die Augen zu. Er beschloss Biggi in ihr Bett zu legen, denn dort war es für sie wahrscheinlich bequemer, obwohl sie sich auch so recht wohl zu fühlen schien.
Thomas wollte sie auch auf keinen Fall wecken, aber die ganze Nacht konnten sie sich nicht verweilen, vorrangig wegen Biggis Verletzungen. Also befreite er ganz vorsichtig seinen Arm und setzte dann Balu auf den Boden, der ihn vorwurfsvoll ansah. "Sorry, Kumpel.", flüsterte Thomas und versuchte dann, noch im Sitzen Biggi auf den Arm zu nehmen. Das machte er ganz langsam, damit sie nicht wach wurde.
Er stand schließlich auf und trug Biggi zu ihrem Schlafplatz. Dort legte er sie behutsam ab und breitete die Decke über ihr aus. Balu kam sofort angelaufen und beschnupperte die Pilotin neugierig. Ein Ärmel war hoch gerutscht und Balu schleckte sofort wieder über die dort befindlichen Wunden.
"Braver Junge.", lobte Thomas ihn. "Aber jetzt lassen wir sie schlafen.", fügte er hinzu, da Biggi drohte aufzuwachen. Als ob der Welpe ihn tatsächlich verstanden hatte, hörte er auf und legte sich stattdessen dicht neben Biggi hin. Zufrieden lächelte Thomas und strich sowohl Balu, als auch Biggi nochmal sanft über den Kopf, ehe er ins Bad ging um sich in Ruhe bettfertig zu machen.
Mit der Ruhe sollte es allerdings schon nach wenigen Minuten vorbei sein, da Biggi wieder einen Alptraum bekam. Sie sah wieder diese Bilder, wie Thomas in dem Bergwerk verbrannte und irgendwo ertönte lautes Babygeschrei. Es wurde von Mal zu Mal skurriler.
Balu merkte sofort, dass etwas nicht stimmte. Er wurde von Biggis Wimmern und Zappeln wach. Der kleine Hund sprang sofort auf und schleckte ihr übers Gesicht, um sie so zu beruhigen. Jedoch half das nur bedingt. Das Wimmern wurde lauter und wurde irgendwann von lautem Weinen und Flehen abgelöst.
Thomas hörte das natürlich und eilte zurück ins Wohnzimmer, wo er Biggi einmal mehr sich windend, vollkommen aufgelöst und dennoch schlafend vor fand. Sofort ging er neben ihr zu Boden und weckte sie auf. "Biggi!", rief er und rüttelte sie förmlich wach Erschrocken öffnete die Pilotin die Augen und setzte sich gleichzeitig auf. "Thomas, Nein!", schrie sie panisch und es dauerte einige Sekunden, bis sie realisierte, dass sie wieder einmal nur geträumt hatte.
Als sie Thomas erkannte, fiel sie ihm in die Arme und weinte bitterlich. Einmal mehr. Thomas hatte bereits aufgehört zu zählen, wie oft das inzwischen schon passiert war. Es war immer wieder dieselbe Situation, aber wenn es sein musste, würde Thomas sie noch hundertfach durchstehen. "Ist ja gut, du hast nur wieder schlecht geträumt."
Thomas versuchte Biggi zu beruhigen, was ihm nach ein paar Minuten auch gelungen war. Trotzdem wollte Biggi sich noch nicht von Thomas befreien und er ließ ihr alle Zeit die sie brauchte. Unterbrochen wurden die Zwei allerdings irgendwann von Balu, der sie mit schiefen Kopf ansah, fiebte  und wieder versuchte zu Bellen. Thomas und Biggi mussten zwangsläufig lachen. "Da ist wohl jemand eifersüchtig.", meinte Thomas und Biggi konnte ihm nur zustimmen.
"Möchtest du mir eigentlich erzählen, was du geträumt hast?", fragte Thomas anschließend. "Nein.", antwortete Biggi bestimmt. "Sicher? Drüber zu reden kann helfen.", meinte Thomas daraufhin. "Ich weiß eigentlich nichts mehr, also brauchen wir nicht drüber reden. Ich würde gerne weiter schlafen, ja?."
Biggi wusste noch genau was sie gesehen hatte, hatte aber Angst es Thomas zu erzählen. "Ist genehmigt.", meinte Thomas und ließ Biggi wieder los. Er war irgendwie enttäuscht, dass sie nicht darüber mit ihm reden wollte. Die Träume mussten schrecklich sein und wenn er könnte, würde er sie auf sich nehmen, damit Biggi nicht länger leiden musste.
"Na dann, schlaf gut.", sagte Thomas und erhob sich. "Hab ich was falsch gemacht?", wollte die Pilotin wissen, der aufgefallen war das Thomas plötzlich so anders war. "Ich hab dich verletzt, oder? Ist es nicht so? Oh man, ich bin so bescheuert!", schluchzte Biggi und sie begann erneut zu weinen. Thomas kniete sich sofort wieder hinunter.
"Aber was redest du denn da schon wieder für einen Schmarrn?", fragte Thomas seufzend. "Ich mach alles falsch!", meinte Biggi aufgelöst. "Ich muss dich ständig abweisen, aber dabei will ich das doch gar nicht! Und jetzt bist du enttäuscht, das seh ich dir an!", fügte sie hinzu. "Was bin ich eigentlich für ein Mensch geworden?!"
Thomas nahm Biggi abermals in den Arm. "Einer, der eben Zeit braucht bis er anderen wieder vollends vertrauen kann. Und ich bin dir deshalb nicht böse." Thomas bereute es plötzlich, kurzzeitig wirklich enttäuscht gewesen zu sein. Wenn Biggi so weit war, würde sie es ihm schon erzählen.
Es brauchte viel Geduld, bis Thomas Biggi beruhigt hatte. Beinahe wäre die sie wieder in seinen Armen eingeschlafen, das wollte Thomas aber definitiv nicht. "Leg dich hin.", meinte er sanft. "Bleibst du bei mir?", fragte Biggi. "Ich hab Angst einzuschlafen, wenn du nicht da bist.", gestand sie außerdem. "Ich bin doch immer da. Auf der Couch entgeht mir nichts."
Doch das war Biggi nicht nah genug. "Ich meinte eigentlich.. ob du bei mir schlafen würdest? Hier unten.", erklärte sie unsicher. "Wenn du das möchtest klar.", antwortete Thomas und Biggi nickte. "Und.. würdest du das was du vorhin getan hast auch nochmal machen? Ich habe zwar gesagt, dass ich noch nicht so weit wäre, aber.. irgendwie war es wirklich schön und diesmal bekommst du keine Ohrfeige, versprochen."
Thomas zögerte, doch dann nahm er Biggis Gesicht in seine Hände. "Sicher?", fragte er. "Ganz sicher.", bestätigte Biggi aufgeregt. "Augen zu.", sagte Thomas und Biggi schloss erwartungsvoll die Augen. Ihr Herz schlug wie verrückt, während sie mit geschlossenen Augen da saß und abwartete. Sie spürte nur seine Hände an ihren Wangen und das zärtliche Streicheln seines Daumens auf auf der rechten Seite. Biggi zitterte leicht und fragte sich, ob es sich genauso schön anfühlen würde wie vorhin. Jetzt wollte sie es zulassen und keine Depression der Welt sollte daran etwas ändern. Doch es sollte anders kommen wie Biggi glaubte.
Thomas saß ihr gegenüber und musterte die Pilotin genau. Sie war einfach wunderschön, selbst mit einer Erkältung die man ihr deutlich an sah und mit zerzausten Haaren. Biggi war einfach von Natur aus bildhübsch, im Gegensatz zu anderen Frauen, die sich täglich kiloweise Schminke ins Gesicht pinselten. Er könnte es jetzt wirklich einfach nochmal tun. Biggi küssen und ihr endlich sagen, dass er sie liebte. Doch er zögerte und zwang sich vernünftig zu sein. Er wollte erst herausfinden, ob Biggi das tatsächlich wollte oder nur ihren vermeintlichen Fehler gerade damit wieder gut machen wollte. Also beugte Thomas sich vor und anstatt Biggi auf den Mund zu küssen, hauchte er ihr einen Kuss auf die Stirn.
Irritiert machte Biggi die Augen auf und blickte Thomas an. "Das war nicht ganz das, was ich wollte.", meinte sie. "Dann hättest du präziser sein müssen.", entgegnete Thomas. "Wo du allerdings unmissverständlich warst, war die Tatsache, dass du weiter schlafen möchtest. Leg dich schon mal hin, ich kümmere mich ums Feuer und komme auch gleich."
Thomas kümmerte sich dann tatsächlich ums Feuer und Biggi saß weiterhin irritiert da. Er hatte sich einfach abgewendet. Biggi konnte es nicht fassen. Vorhin hatte sie Thomas nicht darum gebeten, sie zu küssen. Und jetzt, wo sie ihn regelrecht angefleht hatte es zu tun, gab er ihr einfach einen Kuss auf die Stirn und wandte sich dann ab. Es war nicht so, dass sich das auch nicht schön angefühlt hätte, aber Biggi hatte eben mit einem richtigen Kuss gerechnet. Einem Kuss so wie vorhin, der ihr nicht mehr aus dem Kopf ging, weil es einfach wunderschön gewesen war.
Das war ihr jetzt klar geworden und sie bereute die Ohrfeige noch mehr als zuvor. Biggi glaubte nämlich, Thomas damit so sehr gekränkt zu haben, dass er sie nie wieder anrühren würde. Dabei wollte Thomas Biggi nur nicht zu etwas drängen und außerdem waren ihm plötzlich wieder alle Frauen in den Sinn gekommen, mit denen er versucht hatte sich über Biggi hinweg zu trösten. Nicht die Frauen taten ihm leid, vielmehr plagten Thomas nun noch mehr Schuldgefühle gegenüber Biggi. Und da sollte sie sich keinesfalls zu etwas gezwungen fühlen. Doch das war nicht so und Biggi wollte diese Abfuhr nicht hinnehmen.
"Ist das dein Ernst jetzt?!", fragte Biggi Thomas deshalb. Allerdings ging Thomas darauf zunächst nicht ein und das machte Biggi sauer. Sie nahm ein Kissen und warf es nach ihm. Sie traf ihn am Hinterkopf.
"Was soll das denn?", fragte Thomas. Biggi antwortete nicht, sondern nahm einfach das nächste Kissen und warf es ebenfalls. Diesmal traf sie ihm im Gesicht, da er sich in diesem Moment gerade umgedreht hatte. "Na warte!", rief Thomas empört und warf das Kissen zurück. Biggi konnte sich allerdings ducken. "Daneben!", offenbarte sie ihm stolz und Thomas beschloss, eine andere Attacke zu starten.
Er packte Biggi und fing an sie zu kitzeln. Er achtete allerdings darauf, nicht zu stürmisch zu sein. Balu mache ebenfalls mit. Biggi lachte, musste sich allerdings bald geschlagen geben. Inzwischen lagen sie auf dem weichen Untergrund und sahen sich tief in die Augen.
Biggi, die unten lag, strich Thomas über die Wange. "Jetzt tu es schon!", flüsterte Biggi sehnsüchtig und Thomas vergaß all seine Zweifel beim Anblick ihrer funkelnden braunen Augen, die ihm die Bestätigung gaben.
Und gleich darauf verfielen sie in einen zärtlichen Kuss.

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