Kapitel 61

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Zum Glück waren die Autobahnen weitestgehend frei und sie hatten auch die Grenze nach Österreich schnell überquert. Und je näher sie ihrer Heimat kamen, desto ruhiger und nachdenklicher wurde Biggi. Denn sie wusste nicht, wie die anderen reagieren würden, wenn sie nun aufeinander trafen. Schließlich hatte Biggi ihnen allen das Leben verdammt schwer gemacht, bevor Thomas sie einfach ins Auto gesetzt und mit ihr weggefahren war.
Diese Art von Therapie hatte definitiv ihre Wirkung gezeigt und Biggi ging es wieder viel besser, aber nach wie vor hatte sie keine Ahnung wie sie ihren Kollegen und Freunden gegenüber treten sollte. In all den Wochen hatte sie sich eher mehr Gedanken über die Prüfungen und ihre Zukunft gemacht und eigentlich hatte Biggi geglaubt, noch Zeit zu haben sich wenigstens ein bisschen auf das Aufeinandertreffen vorzubereiten.
Und dann war da noch die Tatsache, dass sie ja nun mit Thomas zusammen war. Wie würden Karin und die anderen darauf reagieren? Was würden vor allem Lisa und Laura darüber denken? Immerhin war es genau genommen noch gar nicht allzu lange her, dass Biggi sich von Enrico getrennt hatte. Und die Pilotin musste sich eingestehen, dass sie Angst vor der bevorstehenden Konfrontation hatte. Es gab viel zu klären und ihr war nicht wohl bei dem Gedanken, ihre Beziehung zu Thomas gleich so offensiv zu zeigen.
Ehrlich gesagt wollte sie erstmal sehen, wie es war, wenn sie wieder Daheim war. Sie musste erstmal wieder ankommen und Thomas genauso. Und außerdem hatte Biggi plötzlich Panik davor, einen Rückfall zu erleiden, sobald sie zu Hause war.
Und diese Gedanken in ihrem Kopf wurde mit jedem Kilometer, den sie zurücklegten und somit ihrer Heimat näher kamen, immer lauter.
Thomas wunderte sich zwar, dass Biggi so still war, sagte aber nichts. Er konnte sich nämlich denken, dass sie vor dem bevorstehenden Wiedersehen ein wenig Angst hatte. Was allerdings zusätzlich noch in ihr vorging, das ahnte er noch nicht.
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Sie kamen relativ gut durch und dementsprechend schneller ans Ziel, als geplant. Thomas fuhr auf den Hof vor der Villa, welche gemeinsam von Thomas, Biggi, Karin und Michael, sowie den Mädels von Thomas bewohnt wurde.
Thomas lächelte, als er das Auto zum Stehen gebracht hatte. Er freute sich darauf, seine Mädels wieder in die Arme schließen zu können. Die Zweisamkeit mit Biggi war zwar schön gewesen, aber ein Vater würde seine Kinder immer vermissen und seit seiner Rückkehr hatte Thomas wirklich nicht viel Zeit mit seinen Mädchen verbringen können. Das würde sich jetzt, da es Biggi wieder besser ging, aber sicher ändern. Jedenfalls war Thomas davon überzeugt und auch war er sich sicher, dass Lisa und Laura Biggi als neue Frau an seiner Seite problemlos akzeptieren würden. Sie konnten eine Familie sein und ein ganz normales Leben führen, mit allem was dazu gehörte. Sie würden zusammen sein.
"Willkommen zu Hause.", sagte Thomas und wollte schon aussteigen, doch Biggi hielt ihn am Arm fest. "Ich muss nochmal mit dir reden, bevor wir da jetzt rein gehen.", offenbarte die Pilotin ihrem Freund und Thomas wurde sofort misstrauisch, denn Biggi hörte sich schon verdächtig nervös an. Dennoch versuchte er, sich nichts anmerken zu lassen.
"In Ordnung.", antwortete Thomas und blieb sitzen. "Worüber möchtest du reden?", fragte er Biggi und diese schaffte es nicht, ihm ins Gesicht zu sehen. "Über.. naja, um es einfach auszudrücken.. über uns.", gab Biggi zu und Thomas durchfuhr ein ganz eigenartiges Gefühl. Eigentlich hatte er damit gerechnet, dass Biggi zugeben würde, dass sie Angst vor der bevorstehenden Konfrontation hatte. Aber das es um ihn, beziehungsweise um sie beide ging, das irritierte ihn nun doch sehr.
„Über uns?“, fragte Thomas verunsichert, allerdings auch in der Hoffnung sich verhört zu haben. „Ja.“, antwortete Biggi und wagte es nicht, Thomas dabei anzusehen. Dieser schluckte seinen Kloß im Hals, der sich plötzlich gebildet hatte, hinunter. Irgendwie hatte der Pilot eine ganz seltsame Vorahnung und wollte dieses Gespräch gerne vermeiden.
Gleichzeitig wollte er Biggi jedoch keinesfalls vor den Kopf stoßen. „Okay, dann leg mal los.“, meinte Thomas und versuchte normal zu klingen, was ihm jedoch nicht ganz gelang. „Okay, also.. Ich liebe dich wirklich und.. ich bin wirklich glücklich damit, wie es sich zwischen uns entwickelt hat..“, begann Biggi unsicher.
„Ich liebe dich auch und ich bin ebenfalls glücklich mit dir, nur irgendwie habe ich das Gefühl, dass das noch nicht alles war.“, meinte Thomas seufzend. „Was ist das ‚aber‘ an der Sache hier?“, verlangte Thomas nun zu wissen und Biggi knetete nervös ihre Hände, auf die sie stetig blickte.
„Ich.. ich habe einfach ein wenig Angst vor den Reaktionen der anderen, weist du? Vor den Meinungen unserer Freunde und die der Mädels, wenn wir.. wenn wir da jetzt gleich und sofort mit der Tür ins Haus fallen. Also.. mit der Tatsache, dass wir ein Paar sind, meine ich.“, erklärte Biggi kleinlaut. „Biggi.. dieses Gespräch haben wir schon geführt und ich habe dir da bereits gesagt, dass sie sich sicherlich für uns freuen werden. Warum denn auch nicht?“, fragte Thomas und hoffte, Biggi dadurch beruhigen zu können. Das funktionierte dieses Mal jedoch nicht.
„Ja vielleicht, nur.. sei mir bitte nicht böse jetzt, aber.. ich möchte erstmal zu Hause ankommen und die Lage erkunden und wenn wir dort gleich offenbaren, was da zwischen uns ist.. Ich wäre eher dafür, dass wir es langsam angehen lassen, weist du?“
Biggi brauchte gar nicht weiter reden, da Thomas sie bereits verstanden hatte. „Du verlangst also von mir, dass ich so tue, als wären wir beide nur Freunde, ja?!“, fragte Thomas und musste sich wirklich beherrschen, einigermaßen ruhig zu bleiben. Biggi merkte, dass er wütend war. „Thomas, bitte versteh doch..“, setzte Biggi an und griff nach seiner Hand, die auf der Gangschaltung lag. Diese entriss Thomas ihr jedoch sofort.
„Ich verstehe doch, Brigitte!“, entgegnete Thomas schroff. „Nur Freunde, ist abgespeichert! Darin sind wir ja schon so geübt, wir zählen zweifellos schon zu den Vollprofis!“
Die Tatsache, dass Thomas sie bei ihrem eher für sie unbeliebten kompletten Vornamen nannte und seine zynische Anspielung auf ihre gemeinsame Vergangenheit voller Verleugnung zueinander, machte Biggi deutlich, wie sauer ihr Lebensgefährte wirklich war. Und sie konnte es ihm keinesfalls verübeln. Allerdings konnte sie nun auch nichts mehr sagen, um ihn irgendwie zu besänftigen.
Diesmal war sie diejenige, die es ruiniert hatte. Aber mit so einer Reaktion hatte sie bereits gerechnet und sich deshalb mental darauf eingestellt. Sie liebte Thomas unheimlich, aber diese Unsicherheit und Aufregung vor dem Aufeinandertreffen mit ihren Freunden und den Kindern, das nun unmittelbar bevor stand, das vernebelte ihr regelrecht den Verstand.
Kurz überlegte Biggi, Thomas nochmal ansprechen, jedoch ließ sie es dann doch bleiben. Er schnallte sich ab und wandte sich doch nochmal an Biggi. "Geh du rein, die werden schon auf dich warten. Nimm Balu mit, ich kümmere mich ums Gepäck.", meinte er und ehe Biggi etwas erwidern konnte, war Thomas schon ausgestiegen.
Biggi kämpfte mit den Tränen, die sie sich schnell mit dem Ärmel aus den Augenwinkeln wischte. Sie war schließlich selber schuld, das wusste sie und sie befürchtete schon, mit dieser Aktion die erst frische Beziehung zwischen sich und Thomas zerstört zu haben.
Balu blickte Biggi mit seinen großen Augen an und legte den Kopf schief. Er merkte ganz genau, dass etwas mit seinem Frauchen nicht stimmte und deshalb schleckte er ihr schnell die Hände ab und versuchte dann an ihr Gesicht zu gelangen. Darüber musste Biggi einfach lachen, obwohl ihr gerade eher zum Weinen zumute war.

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