Das Jahr verlief im Großen und Ganzen relativ normal. Ich verbrachte allerdings deutlich weniger Zeit mit Freddie, was ich im Übrigen zutiefst bedauerte. Aber es kam einfach nicht mehr so häufig vor, dass wir uns sahen und irgendwie fiel es mir schwer in seiner Nähe zu sein. Ich wollte es und ich genoss es auch jede einzelne Sekunde, die wir zusammen waren aber es war anders als sonst. Es war nicht mehr so leicht mit ihm zu sprechen. Oft saßen wir einfach schweigend nebeneinander. Aber es war dann keine gesellige Stille, die wir früher gehabt hätten, sondern eine peinlich berührte Stille, die jeder irgendwie zu beenden versuchte, das Vorhaben sich dann aber als schwerer herausstellte, als ursprünglich angenommen.
Die Zeit, die ich jetzt nicht für Freddie frei hielt, teilte ich dafür mit Jeff. Und das war auch gut so. Wir machten eine Menge zusammen und wir hatten vieles gemeinsam. Wenn wir Zeit hatten, verbrachten wir sie hauptsächlich mit dem Anderen: wir aßen zusammen, wir lernten zusammen, wir schlenderten einfach aus Spaß zusammen über den Campus. Es war toll. Wenn ich jedoch mal Abwechslung von Jeff's wundervoll anständigen und friedvollen Persönlichkeit brauchte, heckte ich mit den Zwillingen wieder Streiche aus. Wie auch an einem Abend im Oktober.
Ich saß mit den Zwillingen in der Bibliothek und stöberte in alten Büchern nach Möglichkeiten, unsere neueste Idee für einen kleinen Streich in die Tat umzusetzen. Freddie hatte sich mit seinem frechen Mundwerk Nachsitzen eingehandelt und hatte Virgil und mich deshalb schon früher verlassen müssen. So kam es, dass wir nur noch zu zweit im gedimmten Licht der alten Lampen über dicken Wälzern büffelten. Ich kam schlecht voran, musste die Zeilen meistens mehrfach lesen um sie überhaupt zu verstehen. Meine Konzentration war aufgrund der fortgeschrittenen Uhrzeit ziemlich mangelhaft aber ich wollte die Jungs nicht enttäuschen und entschied mich daher mit meinen vor Müdigkeit brennenden Augen die vergilbten Seiten nach hilfreichen Tipps abzusuchen. Ermattet rieb ich mir die trüben Augen als Virgil das wenig produktive Schweigen brach. ,,Weißt du, Mia, ich hab nachgedacht..." Ich sah auf und blickte erwartungsvoll in seine blauen Augen. ,,Oh oh. Das kann nix Gutes bedeuten...", scherzte ich ehe ich ernster fragte: ,,Was ist denn los?" Virgil setzte sich vernünftig auf und faltete dann die Hände auf dem kleinen Tisch aus dunklem Holz, der zwischen uns stand. ,,Ich möchte dieses Jahr zum Weihnachtsball gehen.", sagte er schlicht. Der Weihnachtsball war eine Veranstaltung, die sich der Schulvorstand vor gut einem halben Jahrhundert mal ausgedacht hat um die Schüler des Internats in Sachen Manieren und gesellschaftliche Gepflogenheiten zu prüfen. Jedes Jahr wurde also am Abend vor den Winterferien ein Ball veranstaltet, zu dem die Jugendlichen in passender Kleidung, sprich Abendkleid und Smoking, zu erscheinen hatten. An diesem Abend gab es ein fürstliches Festessen, eine aktuelle Band spielte zur Unterhaltung und selbstverständlich wurde getanzt bis der Arzt kam. Alle Schüler freuten sich das gesamte Jahr auf den Weihnachtsball mit Ausnahme von dreien: Virgil, Freddie und mir. Nicht,dass wir an einem geselligen Abend mit Speis und Trank etwas auszusetzen hatten, wir wurden nur meistens von der Teilnahme am Ball ausgeschlossen. Die Lehrer hielten es für eine vortreffliche Strafe uns 3 für den Ballabend unter Arrest zu stellen. Wir hatten die bisherigen 4 Jahre, die wir nun schon in Crownswell verbracht hatten, nicht ein Mal am Ball teilgenommen. Gestört hatte uns das allerdings nie besonders. Wir hatten uns dann einfach irgendwo getroffen und uns so amüsiert. Daisy war auch immer dabei gewesen, weil sie keine Lust hatte alleine zum Ball zu gehen auch wenn ich sie einmal dabei erwischt hatte, wie sie etwas bedauernd ihr Kleid, das sie immer nur für den Fall, dass die Zwillinge und ich uns zusammenrissen und auf den Ball gingen, mitbrachte, angezogen und sich tagträumend damit im Kreis gedreht hatte. Virgil's Aussage, er wolle auf den Ball gehen, löste in mir kaum eine Reaktion aus, außer Verwunderung, weshalb er mir das jetzt gesagt hatte. ,,Dann geh' doch hin..", sagte ich schulterzuckend und lenkte meine Aufmerksamkeit wieder auf das Buch vor mir. ,,Dazu bin ich entschlossen, das war keine Frage um die Erlaubnis von dir.", merkte er beiläufig an. ,,Auf was ich eigentlich hinaus wollte ist, dass ich dich darum bitte bis dahin keine Scheiße zu bauen. Ich will nämlich, dass du auch dabei bist. Es ist unser letztes Jahr hier und da finde ich es nur angebracht, wenn wir dem Weihnachtsball ein erstes und letztes Mal beiwohnen. Meinst du nicht auch? Ich hab auch schon mit Freddie drüber geredet und er ist einverstanden. Und ich denke, Daisy würde das auch viel bedeuten." Ich musste einen Augenblick über seine Bitte nachdenken. ,,Heißt das, du willst bis Weihnachten ein braver Musterschüler sein und keine Streiche spielen?!", fragte ich etwas überfordet. ,,Oh Gott, nein! Beim besten Willen nicht!", lachte Virgil. ,,Ich will das Ganze nur etwas runterfahren, so dass man uns nicht wieder vom Ball suspendiert. Ohne unsere Späße wäre das Leben doch wohl unerträglich..", erklärte er. Ich stimmte nickend zu auch wenn ich nicht ganz verstand, was Virgil's Forderung bedeutete. ,,Aber diesen Streich ziehen wir doch noch durch, oder? Das hat mich ganz schön Arbeit gekostet, das auszutüffteln...", fragte ich verschwörerisch grinsend. ,,Na sicher doch! Es wäre eine Schande, diesen Meisterstreich bis zum Frühjahr warten zu lassen."
DU LIEST GERADE
Love's a desperate thing
Teen Fiction,,Wenn ich Lust auf etwas Versautes hätte, könnte ich mir das fast überall holen. Dafür brauche ich dich nicht.", stellte er kühl fest. Dieses arrogante, schmierige Gehabe bereitete mir Übelkeit. Das war mir dann doch zu viel und ich entschied, dass...