Chapter 44

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Im schummerigen Licht der Wandleuchten streunte ich gedankenverloren durch die leeren Flure des Mädchenflügels. Ich ließ mir Zeit, meinen Schlafsaal zu erreichen, weil ich wusste, dass mich da bloß wieder Celeste und ihre nervtötende Schwärmerei für Freddie erwarteten. Ich war eh schon erschöpft genug, da wollte ich mir das nicht auch noch geben. Außerdem wartete vermutlich Jeff vor der Tür auf mich, um Zeit mit mir zu verbringen. Um ehrlich zu sein, hatte ich darauf noch weniger Lust als sonst. Davies' Worte hatte mich zum Nachdenken gebracht. Vielleicht hatte er wirklich recht. Vielleicht war jetzt der richtige Moment gekommen, um mich von Jeff zu trennen. Vermutlich hatte er schon längst davon Wind bekommen, dass zwischen uns etwas total falsch lief. Ich trödelte weiter durch die Korridore, während ich mich mental schon drauf vorbereitete, Jeff gleich vermutlich das Herz zu brechen. 'Das ist das einzig Richtige. Es ist das Beste für ihn.', wiederholte ich in Gedanken wie ein Mantra.

Als ich die Tür zu meinem Schlafsaal erreichte, war allerdings weit und breit kein Jeff zu sehen. Mir fiel ein Stein vom Herzen. Ganz egal, wie oft ich mir eingeredet hatte, es wäre besser für Jeff, wenn ich mit ihm Schluss machte, ich war dennoch erleichert, das nicht heute Abend tun zu müssen. Ich zog mein Schlüssel-ID über das an der Wand befestigte Lesegerät und als das grüne Lämpchen aufleuchtete und die Roboterstimme aus dem kleinen Lautsprecher mich willkommen hieß, stemmte ich die schwere Holztür auf. Ich trat in mein Zimmer und noch bevor ich meine Tasche abstellen konnte, schlangen sich zwei Mädchenarme um meinen Hals. Vor Schreck erstarrt, reagierte ich erst als ich das rote Haar und die schluchzende Stimme erkannte. Ich erwiderte Celeste's Umarmung als ich ihre Tränen in meinem Nacken spürte. Ich machte tröstende Geräusche und versuchte, sie zu beruhigen. Ich sah über ihre Schulter zu Christa und Daisy, die beide am Bett unserer scheinbar todunglücklichen Mitbewohnerin saßen. ,,Hey, hey, hey... Celeste, was ist denn los?", fragte ich vorsichtig. Sie begann bloß wieder heftiger zu weinen. Zwischen ihren Schluchzern hörte ich ein paar Worte raus. ,,Freddie...er- er hat...Schluss gemacht.", wimmerte die Rothaarige mit zitternder Unterlippe. Ich riss vor Verwunderung die Augen auf. Was?! Wo kam denn das auf einmal her? Vorhin schienen die beiden doch noch so glücklich miteinander und dann macht Freddie plötzlich ohne jede Vorwarnung Schluss? Den würde ich auf jeden Fall noch dahingehend verhören. Ich schloss meine Arme etwas fester um Celeste's Schultern, um sie zu trösten. ,,Das tut mir leid, Celeste. So leid. Aber manche Dinge sollen einfach nicht sein. Hat er dir gesagt, warum?", sagte ich mitleidig. Sie schüttelte bloß heftig den Kopf und eine neue Welle von Tränen brach über sie herein. Ich führte sie zu ihrem Bett, wo Daisy und Christa mit in meinen Versuch, Celeste aufzumuntern, miteinstimmten. Bis in die späte Nacht hinein saßen wir 4 zusammen und redeten, bis Celeste sich in der Verfassung sah, zu schlafen. 

Der nächste Morgen kam viel zu schnell und von Celeste's Geheule aufgeweckt zu werden, ist auch nicht unbedingt das große Los. Ich stöhnte genervt und setzte mich im Bett auf. Ich sah rüber auf die andere Seite des Zimmers, wo die Rothaarige in ihrem Bett saß und sich an der Schulter ihrer kleinen, bloden Freundin ausweinte. ,,Ich kann heute nicht in den Unterricht gehen. Ich kann ihn noch nicht wieder ansehen.", schluchzte sie und schüttelte vehement den Kopf, sodass die roten Haarsträhnen nur so flogen. Christa gab alles, um Celeste aus dem Bett zu kriegen. ,,Du musst stark sein, Süße. Zeig ihm, dass du ihn nicht brauchst und dass er dir nicht fehlt.", sagte sie und griff ihr an die Schultern. ,,Aber ich brauche ihn! Ich vermisse ihn, Christa. Ich liebe ihn!" Celeste's Schreie der Verzweiflung wurden immer lauter. Das wurde mir zu viel. Ich schlug die Bettdecke zurück und schwung meine Beine aus dem Bett. Ich griff nach einer Schachtel Johanniskraut-Tabletten auf meinem Nachttisch und stapfte rüber zu meiner flennenden Zimmergenossin. Ich ließ mich neben sie auf das Bett fallen und drückte ihr die Schachtel in die Hand. ,,Hier. Die werden helfen.", sagte ich stumpf und gab Celeste auch die halbleere Wasserflasche, die neben ihrem Wecker stand. Völlig fertig mit den Nerven und für alle Mittel bereit haute sie direkt 3 Kapseln des Beruhigungsmittels weg, das ich eigentlich für meine neuentflammte Schlaflosigkeit besorgt hatte. Danach wurde sie schnell ruhiger und wirkte nicht mehr annähernd so aufgelöst wie vorher. Sie sah sich sogar wieder in der Verfassung, zum Unterricht zu gehen. Erleichtert, dass ich jetzt für die nächsten paar Stunden von Celeste's Gejammer erlöst war, ging ich ins Badezimmer, um mich für den Alltag fertig zu machen.

Eine knappe Stunde später saß ich mit Daisy und den Zwillingen beim Frühstück und fragte Freddie aus, warum er sich von Celeste getrennt hatte. ,,Sie war gestern völlig fertig.", sagte ich und tat so als wäre ich nicht zufrieden damit, dass die rotschopfige Nervensäge ab jetzt nicht mehr ständig bei uns rumhängen würde. Daisy sagte nichts zu meinem tadelnden Blick, sondern grinste nur argwöhnisch die Augenbraue hochziehend hinter ihrer Zeitung hervor. Freddie seufzte entnervt und warf mir einen Blick zu. ,,Mia, was willst du denn hören? Da steckt keine großartige Geschichte hinter. Ich wollte halt einfach nicht länger mit ihr zusammen sein und ich finde, dass man es beenden sollte, wenn keine Gefühle mehr da sind. Das ist fairer, als ihr nur was vorzuspielen, was eigentlich gar nicht existiert." Sein vorwurfsvoller Blick ließ mich kurz still werden. Spielte er damit auf mich und Jeff an? Unmöglich! Ich hatte ihm nie über meine Strapazen mit ihm erzählt. Er konnte das gar nicht wissen. Aber Freddie's Augen lügten nicht. Ich konnte in ihnen lesen wie in einem Buch und jetzt gerade erzählte dieses Buch von mir, der miesen Lügnerin. Ich sah auf meinen Teller. Ich gab auf. ,,Ok, wenn das so ist, versteh ich das.", murmelte ich leise. ,,Danke.", antwortete der Blonde bissig. Es verletzte mich ein wenig, dass Freddie sich mir gegenüber wie ein Arsch aufführte, aber ich sagte nichts. Ich wollte seine Wut erstmal verrauchen lassen, ehe ich ihn meine spüren ließ. Virgil schien zu spüren, dass die Luft an unserem Tisch immer dicker wurde, weshalb er sich letztlich auch einschaltete. ,,Apropos Beziehung: Wie läuft's denn mit Jeff?" Ich gab ihm einen wütenden Blick als Antwort, allerdings bemerkte er den nicht, da seine Augen auf etwas bzw jemanden gerichtet waren, der unseren Tisch ansteuerte. ,,Und apropos Jeff: Da ist er ja schon." Ich sah mich um, bis ich meinen Freund fand, der durch die anderen Tische zu uns geschlängelt kam. Er legte mir die großen Hände auf die Schultern und drückte mir von hinten einen Kuss auf die Wange, als er uns erreicht hatte. Er wünschte uns allen einen guten Morgen und beugte sich dann wieder zu mir runter. Ich bekam am Rande mit, wie Freddie zickig Jeff's Stimme nachäffte. ,,Hey Baby, darf ich heute Abend mal wohin entführen?", flüsterte Jeff mir verführerisch ins Ohr. Ich nickte zögernd und lehnte dann meinen Kopf etwas von ihm weg. Ich fühlte ihn dennoch praktisch gegen meine Haut schmunzeln. ,,Sehr schön. Ich hol dich um acht ab.", sagte er glücklich und küsste mich erneut auf die Wange. Danach verschwand er Gott sei dank wieder. Diese Situation eben war mir mehr als unangenehm gewesen und ich war froh, dass sie vorbei war. Als ich wieder aufsah, las Daisy weiter unbeteiligt ihre Zeitung, aß Virgil unbeirrt sein Frühstück und sah Freddie mich entgeistert an. Na, das konnte ja heiter werden...

Love's a desperate thingWo Geschichten leben. Entdecke jetzt