Chapter 29

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Als ich den Leuchtturm erreichte, war mir schon ziemlich kalt und ich hätte wahrscheinlich schon längst umdrehen sollen, aber die Kälte war mir lieber als der immer noch nicht ganz geklärte Schmerz, den ich empfand, wenn ich Freddie sah. 'Ach, wem machst du hier was vor?! Du bist eifersüchtig, du dumme Kuh.' zickte mich mein Unterbewusstsein an. 'Halt die Klappe, du alter Besserwisser'  zickte ich zurück. Es hatte recht. Ich war eifersüchtig, aber ich wollte es mir nicht recht eingestehen. Es fiel mir um einiges leichter, zu behaupten, dass ich Celeste einfach nicht ausstehen konnte, was im Grunde ja keine Lüge war, aber trotzdem auch nicht die ganze Wahrheit. Für's erste würde ich es aber bei dieser Ausrede belassen. Ich hatte auch ohne dieses Drama schon genug Stress.

Ich setzte mich in den Sand und schaute auf's Meer hinaus. Das Geräusch der in der Dunkelheit brechenden Wellen beruhigte mein aufgewühltes Gemüt, sodass ich gar nicht mitbekam, wie sich jemand näherte.

,,Ich dachte mir, dass du hier her kommen würdest.", hörte ich ihn sagen und erschrak. ,,Wo sollte ich auch sonst hingehen?", antwortete ich und starrte weiter auf die Wellen. ,,Naja, ich hatte auch euer altes Haus im Verdacht, aber als ich dich da nicht gefunden hab, dachte ich, dass du sonst nur hier sein kannst." Ich spürte, wie er sich neben mich in den Sand setzte. ,,No shit, Sherlock. Den Fall haben Sie ja mit Leichtigkeit gelöst.", sagte ich sarkastisch, während ich meinen Blick immer noch nicht vom Meer ablenkte. Er sah mich an. ,,Ja, ich weiß. Es hat aber meinen ganzen flinken Verstand erfordert." Langsam nervte es mich, dass er so tat als wäre alles gut. Er wusste genauso gut wie ich, dass es zwischen uns schon länger nicht mehr so war, wie früher. ,,Was willst du, Freddie?", sagte ich letztendlich und brach damit die peinliche Scharade in zwei. Er seufzte. ,,Ich hab nach dir gesucht. Virgil und ich haben uns Sorgen gemacht. Du warst echt lange weg." Ich traute seinen Worten nicht ganz. Virgil war kein Mann, der sich sorgte und dann jemand anderes zum Suchen losschickte. ,,Und wieso hast nur du nach mir gesucht und nicht mit ihm zusammen?", fragte ich skeptisch. Er bewegte sich unbehaglich. ,,Naja, e-er meinte, dass einer zuhause bleiben sollte, falls du allein zurück kommst." Seine Ausrede glich eher einem Stammeln als einer seriösen Erklärung. ,,Warum sagst du mir nicht die Wahrheit, Freddie?", wollte ich resigniert wissen. ,,Ich könnte dich das Selbe fragen." Das erste mal seitdem er hier war, sah ich ihn an nur um zu sehen, wie er ernst in den Sand zwischen seinen Füßen sah. Verwirrt zog ich die Augenbrauen zusammen. ,,Wa-Was meins-" ,,Tu doch nicht so! Du weißt, was ich meine, Mia. Du merkst doch auch, dass es zwischen uns irgendwie anders geworden ist. Aber nicht erst seit Kurzem, sondern schon länger. Aber du sagst ja nicht, was los ist. Weißt du, wie frustrierend das ist, wenn du unbedingt mit deinem Lieblingsmädchen Zeit verbringen willst, sie dir aber immer aus dem Weg geht?!", fragte er gereizt. Er sah mir in die Augen und ich konnte den Schmerz darin sehen. Ich war überrascht. Er hatte mich etwas überrumpelt und ich wusste nicht ganz, was ich sagen sollte. ,,I-ich glaube ehrlich gesagt nicht, dass Celeste dir aus dem Weg geht, Freddie.", sagte ich vorsichtig. Jetzt war Freddie an der Reihe, verwirrt zu sein. Er sah mich an, als wäre er aus allen Wolken gefallen. ,,Wovon sprichst du,Mia?" ,,Wovon sprichst du?", sagte ich und zog unsicher die Augenbrauen hoch. ,,Ich spreche davon, dass du mir aus dem Weg gehst und mich anscheinend so gut du kannst, meidest." Achso, jetzt wusste ich, worauf er hinaus wollte. ,,Ich lasse dir doch bloß Freiraum, damit du Zeit mit deinem "Lieblingsmädchen" Celeste verbringen kannst. Ich will mich dir nicht aufdrängen." Dann tat Freddie etwas, mit dem ich nicht gerechnet hatte. Er lachte. Aber nicht sein alles überstrahlendes Freddie-Lachen. Es war ein trauriges, enttäuschtes Lachen. Er sah mich an und hatte auch einen Blick in den Augen, den ich noch nie bei ihm gesehen hatte. Er sah mich verletzt an. Enttäuscht, verletzt und bitter. Beinahe gebrochenen Herzens. ,,Mia, du bist mein Lieblingsmädchen und das wirst du auch immer sein. Celeste ist meine Freundin, aber du....du bist meine beste Freundin. Du bist Familie, Schwester. Du-du bist ein Teil von mir. Niemand wird jemals deinen Platz als mein allerliebstes Lieblingmädchen einnehmen außer dir. Hast du wirklich gedacht, dass Celeste mir mehr bedeuten könnte als du? Dass sie dich ersetzen könnte? Es tut weh, dass du so von mir denkst, Mia." Ich konnte nicht anders als Freddie sprachlos anzustarren. Ich konnte kaum fassen, dass er so ernst sein konnte. Seine Worte sickerten erst nach und nach zu mir durch und mit jedem Wort, das ich verstand, fühlte ich mich ein Stückchen schuldiger. Mir wurde klar, dass ich selbst alles schlimmer gemacht hatte, als es tatsächlich gewesen war. Ich schämte mich und sah auf meine Füße, die plötzlich wahnsinnig interessant geworden zu sein schienen. ,,Mia, sag was.", murmelte Freddie flehend. Ich fasste mir ein Herz, weil ich der Auffassung war, dass Freddie dieser traurige Gesichtsausdruck nicht im Geringsten stand, und sagte etwas, wie er verlangt hatte. Ich musste ein Grinsen unterdrücken. ,,Also kommt Celeste nicht zu Weihnachten?" Als ich den Satz zu ende gesprochen hatte, sah ich zu Freddie auf nur um von seinem strahlenden Grinsen erwartet zu werden. Plötzlich schmiss er seine Arme um mich und drückte mich an seine Brust. Als ich Anstalten machte mich von ihm zu lösen, fing er an mich zu kitzeln, sodass wir kurz danach beide außer Atem im kühlen Sand lagen und wie die Irren vor uns hin lachten. Als wir uns wieder halbwegs gefasst hatten, quälte Freddie sich auf und zog einen Rucksack, den ich bis dahin noch überhaupt nicht bemerkt hatte, zu sich. Er holte zwei Decken heraus und eine Tüte Eierflip aus dem Supermarkt. Ich konnte ein Lachen nicht unterdrücken. ,,Sehr elegant, Mr.Kingsley. Eierflip im Tetrapack." Auch Freddie lachte. ,,Ja entschuldige. Ich wusste nicht, wie ich Mums hätte transportieren sollen." Verlegen kratzte er sich am Hinterkopf und ich versuchte den kleinen Hüpfer, den mein Herz dabei gemacht hatte, zu ignorieren. ,,Egal..", sagte ich um die Stille zu brechen. ,,Eierflip ist Eierflip. Wie groß kann der Unterschied schon sein?"

Ohhhh, ich hatte ja keine Ahnung. Der Eierflip aus der Tüte war ziemlich eklig, der billige Whiskey war viel zu präsent und außerdem schmeckte er ein bisschen ranzig. Der Eierflip von Mrs.Kingsley war da ganz anders. Süß, warm,süffig und köstlich. Aber ganz egal wie fürchterlich der Supermarkt-Eierflip auch schmeckte, er hatte ordentlich Bumms. Und da Freddie und ich ehe schon ordentlich was intus hatten, ging es uns nachdem wir die Tüte lehr hatten, ziemlich gut.

Demnach saßen wir beide mitten in der Nacht angetrunken am Strand und quatschen dummes Zeug. Wir hatten uns im Laufe der Nacht hingelegt. Eine Decke unter uns, die Andere um uns beide herumgewickelt. Wir redeten über Gott und die Welt und es wurde immer später beziehungsweise früher. Irgendwann als mir nichts mehr einfiel sagte ich: ,,Freddie?" ,,Ja?" ,,Erinnerst du dich noch daran, dass wir es damals als Kinder kaum erwarten konnten, erwachsen zu werden?" ,,Hahaha ja" ,,Was zur Hölle haben wir damals bloß gedacht?!", lachte ich angeheitert. Auch Freddie lachte. ,,Ich meine, wir müssen arbeiten, Steuern zahlen, wir haben soooo viel Verantwortung und müssen uns an alle Regeln halten. Das ist doch scheiße!", zählte ich kichernd auf, während Freddie ab und zu missbilligende Geräusche einwarf. ,,Außerdem werden wir alt. Nicht mehr allzu lang und wir werden Eltern und dann werden mir Mittvierziger und dann Großeltern und dann sind wir auch schon tot.", sagte ich geraderaus. Ich spürte, wie Freddie sich auf die Seite drehte, um mich ansehen zu können. Ich tat das Selbe. ,,Ich weiß nicht.", sagte er nachdenklich. ,,Ich freu mich auf's Altwerden. Ich kann' s  nicht verhindern, aber ich kann dafür sorgen, dass ich Spaß dabei habe. Und wenn ich die richtige Frau an meiner Seite habe, dann ist das doch alles gleich viel erträglicher." Dann lächelte er. Ich verstand ihn und seine Ansicht überraschte mich auf angenehmste Weise. Auch wenn ich inständig hoffte, dass nicht Celeste diese "Richtige" sein würde.

Love's a desperate thingWo Geschichten leben. Entdecke jetzt