Chapter 39

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Ich ging wieder in den Saal, um bei der Ansprache meines Vaters dabei zu sein, denn es würde Ärger geben, wenn ich es nicht wäre. Ich schlürfte meinen Vodka Lemon, um das Erlebnis eben mit Harvey wegzuspülen. Ich war komplett zur Sandsäule erstarrt, so erschrocken war ich gewesen. Dass Harvey sowas jemals zu mir sagen würde, hätte ich nie erwartet. Dass er sowas von mir wollte, machte mir Angst. Ich hatte Harvey wirklich gern, aber doch nicht so. Ich war total in meinen Gedanken versunken, bis mich eine bekannte Stimme aus meinem inneren Monolog riss. ,,Na Morrin. Amüsierst du dich auch so gut wie ich?"

Nein! Nein! NEIN! Ich machte eine bizarre Grimasse als ich seine Stimme hörte. Das konnte doch nicht wahr sein! Hatte er sich tatsächlich die Freiheit rausgenommen, heute hier aufzutauchen?! Mein Jähzorn kochte wieder in mir hoch, auch wenn die Hoffnung, dass ich seine Stimme vielleicht doch verwechselt hatte immer noch präsent war. Ich atmete einmal tief durch, damit ich ihn nicht gleich lautstark zusammenschiß, sollte er wirklich der sein, für den ich ihn hielt. Erhobenen Hauptes drehte ich mich um und sah zu meinem Unmut selbstverständlich in die grünen Augen von Jasper Davies. Er grinste mich blasiert an. Ich stöhnte wütend und verdrehte genervt die Augen. ,,Was willst du denn hier?!", zischte ich ihn an. ,,Na mit dir Silvester verbringen, was denn sonst?", sagte er gespielt enthusiastisch und kniff mir in die Wangen. ,,Kleiner Scherz. Ich könnte mir echt schönere Sachen vorstellen als mit dir ins neue Jahr zu rutschen, aber ich muss schon mal für die Zukunft Beziehungen aufbauen. Vitamin B, wenn du verstehst, was ich meine. Ich folge bloß der Einladung deines Vater, um mich mit einflussreichen Leuten anzufreunden.", stellte er sachlich fest, ehe er wieder sein hämisches Lächeln aufsetzte. ,,Und um dich zu ärgern, natürlich." ,,Glückwunsch! Das hast du auf jeden Fall geschafft.", zickte ich. Ich hätte ihm am liebsten noch mehr an den Kopf geworfen, aber ich musste zurück in den Saal- die Ansprache sollte jeden Moment beginnen. Frustriert hob ich die Hände leicht in die Luft. ,,Wie du meinst, Davies. Mach was du willst. Ich hab weder Zeit noch Lust, mich mit dir auseinander zu setzen." Er schmollte geheuchelt. ,,Ouch! Dabei hatte ich gedacht, wir könnten heute mal wieder ein bisschen Zeit zu zweit verbringen.", sagte er verführerisch und zog mich an der Hüfte an seinen Körper. Meine freie Hand legte sich auf seine Brust und ich konnte seinen Herzschlag fühlen. Es ging rasend schnell. Ich sah zu ihm auf, als sein Aftershave meine Sinne vernebelte. Ich konnte mich nicht wehren, als seine Lippen meinen wieder gefährlich nahe kamen. Seine Augen waren dunkler als sonst und sein Blick glitt immer wieder von meinen Augen zu meinen Lippen und zurück. Seine Hand fuhr an meinen Hinterkopf und in meine Haare. Ich schloss meine Augen. Ich konnte nicht mehr denken. Ich hörte nichts mehr, spürte nur noch sein rasendes Herz unter meinen Fingerspitzen, seine Hand um meine Hüfte. Doch bevor unsere Lippen sich treffen konnten, brachte das Klingeln eines Löffels gegen ein Glas unsere kleine Blase zum Zerbersten. Ich riss die Augen auf und verharrte in der Position, in der ich gerade war, um mich zu vergewissern, dass ich mich nicht verhört hatte. Es war still. Das Stimmengewirr aus dem Saal war verstummt. Nur eine Stimme konnte ich hören. Die meines Vaters.

,,Scheiße!", fluchte ich leise. Davies sah mich verwirrt an, als ich mich aus seinen Armen löste und nach meiner Tasche suchte. ,,Scheiße, Scheiße, Scheiße!! Wo ist sie?", murmelte ich gehetzt. ,,Was ist denn los?", hörte ich Davies fragen, aber ich ignorierte ich ihn. Für seine Mätzchen hatte ich keine Zeit, ich musste in den Saal! 'Ach, scheiß drauf!', dachte ich wütend und ging schnell in den Saal. Dass Davies mir folgte, merkte ich gar nicht. Ich kam gerade noch rechtzeitig. Kaum war ich durch die Tür gegangen, bat mein Vater mich und Taze auf die kleine Bühne.

Die Rede meines Vaters war wie jedes Jahr ein voller Erfolg. Die Leute waren begeistert, nachdem er sie alle begrüßt hatte und ihnen dann von dem vergangenen Jahr erzählte. Er ließ alle wissen, dass es mit der Firma immer weiter bergauf ging, dass Taze ganz hervorragend studierte und dass ich dieses Jahr meinen Abschluss machen würde. Tatsachen, die die Leute dazu bringen sollten, sich in unser Privatleben involviert zu fühlen, auch wenn sie an sich nicht den Hauch einer Ahnung hatten. Nachdem die Gesellschaft applaudiert hatte, konnten wir die Bühne wieder verlassen. Mein Vater hatte die Band angeküdigt, die jetzt begann zu spielen. Ich hatte Theo an einer Bar gesehen und machte mich schnellst möglich auf den Weg zu ihm, ehe die Gäste begannen die Tanzfläche zu bevölkern. Als ich ihn erreichte, drückte er mir nur eilig meine Clutch in die Hand, die ich dachte verloren zu haben, und verschwand dann mit einem hübschen Kerl, den ich nicht kannte. Einerseits freute ich mich für Theo und war auch beeindruckt, wie schnell er jemanden aufreißen konnte, aber ich fühlte mich auch allein gelassen. Ich setzte mich kurz auf einen der Barhocker und ließ mir von einem Kellner einen Drink geben. Dann erinnerte ich mich das meine Eltern nach mir gesucht hatten also entschied ich, das so schnell wie möglich hinter mich zu bringen und mich auf die Suche nach ihnen zu machen. Ich schnappte mir mein Glas und begann meinen Streifzug durch den Saal.

Love's a desperate thingWo Geschichten leben. Entdecke jetzt