Mit wässrigen Augen hetzte ich durch die Flure auf der Suche nach einem Ort, an dem ich mich ungestört ausweinen konnte. Ich wischte mir immer wieder die Tränen von den Wangen. Ich hatte Freddie verloren. Selbst das hatte Davies mir genommen. Nicht nur meine Würde und mein Selbstwertgefühl, NEIN, meinen besten Freund noch dazu. Als ich so durch die Korridore schwirrte und Davies und meine eigene Dummheit verfluchte, sprach mich plötzlich eine Stimme an. ,,Brauchst du ein bisschen Aufmunterung?" Gott, bitte nicht der schon wieder! Nicht jetzt! ,,Lass mich in Ruhe, Davies!", keifte ich ihn an und stürmte weiter ohne anzuhalten. Ich hörte ihn hinter mir genervt stöhnen. ,,Jetzt warte doch mal! Ich dachte, du willst mir erzählen, wie du dich von Connery getrennt hast.", sagte er und holte zu mir auf. Ich drehte mich rückartig zu ihm um. ,,Jetzt nicht mehr!", knurrte ich ihn schnippisch an. Seine grünen Augen sahen mich fragend an. Es machte mich wütend, dass er jetzt wieder auf beste Freunde machen wollte. Es machte mich wütend, dass er jetzt unschuldig spielte. Er machte mich wütend. Ich verdrehte die Augen und wandte mich zum Gehen. ,,Ach, vergiss es! Geh doch einfach wieder zu Lucille.", murmelte ich gleichgültig. Ich wollte verstecken, dass es mich verletzte, dass er offenbar auch was mit der billigen Redwood am laufen hatte. ,,Bist du deswegen so sauer? Weil ich mit Lucille gepennt hab?", fragte er und ich konnte das fette, überhebliche Grinsen in seiner Stimme hören. ,,Hör zu, lass mich dir das erklären, Morrin.", bat er versöhnlich an. Aber ich sah nicht zu ihm. Ich blieb lediglich stehen. Ich war so wütend. Ich war so traurig und enttäuscht. Außerdem zweifelte ich wie so oft in letzter Zeit an mir selbst. So gern hätte ich gewusst, wieso Davies Lucille mir vorzieht, was der Grund dafür war. Zögerlich sah ich zu ihm auf. Er hielt mir eine Hand entgegen. Er erwartete, dass ich sie ergriff und ihm folgte. Das sah ich in seinen Augen. Er hatte wieder diesen "Komm mit mir und ich vögele die Sorgen aus dir raus-Blick" drauf. Das wäre eine willkommene Ablenkung aber ich wollte nicht schon wieder nachgeben. Ich wollte ihm nicht wieder jede Kontrolle über mich überlassen. Andererseits brauchte ich Nähe und Bestätigung, ich brauchte dringend Ablenkung von meinen zermürbenden Gedanken. Ich überlegte scharf, während ich ganz langsam meine Hand hob, um nach Davies' Hand zu greifen.
Doch kurz bevor sich unsere Hände berühren konnten, unterbrach mich jemand anderes. ,,Mia! Warte!", rief Freddie, der in dem Moment um die Ecke gerannt kam. ,,Tu's nicht!", sagte er schwer atmend, als er au Davies und mich zugejoggt kam. Ich beobachtete ihn mit großen Augen. ,,Weg da.", zischte er, als er Davies' Hand wegschlug und ihn aus dem Weg schubste. Er legte beschützerisch einen Arm um meine Schultern. ,,Pass mal auf, Davies. Du hälst dich ab jetzt besser von meiner besten Freundin fern. Anderenfalls kann ich nicht länger für deine Sicherheit garantieren. Bis jetzt warst du immer durch deinen Onkel, den werten Herrn Rektor geschützt, aber wenn es um Mia geht, werde ich nichtmal mehr darauf Rücksicht nehmen. Also mein Lieber, wenn ich du wäre, würde ich ab jetzt aufpassen, wo ich hingehe und wem ich meine Zunge in den Hals stecke, haben wir uns verstanden?", drohte Freddie ihm und klang dabei wie der größte Mafiosi Italiens. Das konnte sich Davies natürlich nicht gefallen lassen, aber er wurde nicht ausfällig, sondern blieb cool wie immer. Er setzte wieder sein arrogantes Schmunzeln auf. ,,Wir werden sehen, Kingsley. Wir werden sehen." Dann richtete er seinen Kragen und ging. Auch Freddie setzte sich in Bewegung und führte mich bestimmt in Richtung meines Schlafsaals. Ich wollte gar nicht wissen, wie spät es bereits war. Wahrscheinlich so spät, dass ich am nächsten Morgen im Unterricht tierisch leiden würde.
Freddie begleitete mich noch eine Weile. Wir gingen in totaler Stille nebeneinander her. Ich schämte mich noch zu sehr, um etwas zu sagen. Freddie schien das Schweigen jedoch genauso unangenehm zu sein wie mir. ,,Da bin ich ja gerade noch rechtzeitig gekommen.", sagte er lachend. Ich lächelte bloß zur Antwort. ,,Mia, ich bin dir nicht böse. Ich war vorhin nur ziemlich geschockt, als du mir erzählt hast, dass du was mit Davies hattest. Du brauchst nicht so defensiv zu sein, es ist alles in Ordnung.", sagte Freddie sanft. Er hatte angehalten und eine Hand auf meine Schulter gelegt. ,,Ich verspreche dir, dass das keine Einwirkungen auf unsere Freundschaft hat. Ich biete dir sogar meine Hilfe an. Allerdings musst du mir dafür dein Wort geben, dass das mit Davies tatsächlich nur Ausrutscher waren. Ich hab nämlich keine große Lust, mich hier zum Affen zu machen." Ich nickte verständnisvoll. ,,Ich schwöre es dir, Freddie. Es waren bloß Ausrutscher. Ich will das wirklich nicht mehr." Ein breites Lächeln umspielte Freddie's Lippen. ,,Na, dann werde ich alles in meiner Macht Stehende versuchen, um weitere Aufeinandertreffen zwischen dir und ihm zu vermeiden. Wir sollten allerdings auch Daisy und Virgil einweihen, meinst du nicht auch? Sie werden das schon verstehen und je mehr Augen auf dich Acht geben, desto besser.", sagte der Blonde leichtmütig und begann wieder weiterzugehen.
Ich tat wie Freddie es mir geraten hatte und erzählte auch Daisy und Virgil von meinen Fehltritten mit Davies und wie er vermutet hatte, waren die beiden wirklich verständnisvoll. Sie waren zwar ähnlich schwer geschockt wie Freddie, aber sie verkrafteten es. Die Begegnungen mit Davies blieben, jetzt da drei Augenpaaren mehr auf mich aufpassten, aus. Sobald er irgendeinen Versuch unternahm, zu mir Kontakt aufzunehmen, machten die Zwillinge diese zu Nichte oder bestraften ihn dafür mit wirklich fiesen Streichen. Daisy hatte Wege ausgetüffelt, auf denen ich Davies auf keinen Fall begegnen würde. Die Monate vergingen, ohne dass ich auch nur ein Wort mit Davies wechselte. Das Einzige, das ich von ihm mitbekam, waren sehnsüchtige Blicke im Unterricht, die ich geflissentlich ignorierte. Mein Leben war so viel leichter ohne Davies, der darin herumpfuschte. Nach langer Zeit war ich endlich wieder glücklich und unbesorgt. Die nächsten Monate verflogen und die Vorfälle mit Davies vermisste ich nicht im Geringsten. Meine Noten wurden schlagartig wieder besser, da ich mich endlich wieder auf den Unterricht und nicht länger auf meinen Klassenkameraden mit den verlockenden, grünen Augen konzentrieren konnte. Es wurde langsam Frühling und mit jedem Grad mehr auf dem Thermometer rückten auch die Abschlussprüfungen immer näher.
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Love's a desperate thing
Teen Fiction,,Wenn ich Lust auf etwas Versautes hätte, könnte ich mir das fast überall holen. Dafür brauche ich dich nicht.", stellte er kühl fest. Dieses arrogante, schmierige Gehabe bereitete mir Übelkeit. Das war mir dann doch zu viel und ich entschied, dass...