Chapter 32

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,,Hey Morrin, warte doch mal. Willst du mir denn kein schönes Weihnachtsfest wünschen?" Ich stöhnte genervt. ,,Wenn ich ehrlich sein soll, will ich das nicht, nein. Also lass mich bitte in Ruhe, Davies." Ich setzte meinen Weg fort, doch er holte schnell zu mir auf. Davies erreichte mich und legte freundschaftlich einen Arm um meine Schultern. ,,Ouch, das hat weh getan. Aber egal, ich bin dieses Hin-und-her-Geplänkel von dir ja schon gewohnt." Ich verdrehte höhnend die Augen und schob forsch seinen Arm von mir. Aber Davies ließ wie gewohnt nicht locker. ,,Ich wollte dennoch, im Gegensatz zu dir, die Gelegenheit beim Schopfe packen und dir frohe Weihnachten wünschen." Er lächelte mich an, aber es fiel mir schwer auszumachen, ob er das ernst meinte oder sich wieder mal über mich lustig machte. Letzteres war naheliegender, deshalb entschied ich mich dafür. Ich schnaufte verächtlich und schob ihn beiseite, damit ich durch die Tür kam.

Ich konnte sein spöttisches Grinsen beinahe riechen, als er mir folgte. Nichtmal in den Ferien konnte er mir meine Ruhe und meinen inneren Frieden lassen. Es ging mir extrem auf die Nerven, dass er mich immer hopps nehmen musste. ,,Kannst du mich nichtmal in meinen Ferien zufrieden lassen?  Meinen wohlverdienten Ferien, wohl bemerkt.", zickte ich aufgebracht. ,,Hey, es geht nicht immer nur um dich, Morrin. Das musst du echt langsam mal rallen, meine Liebe. Ich weiß, du hast dich schon wieder innerlich irrsinnig gefreut, dass ich dir gefolgt bin, aber ich muss dich enttäuschen: ich will nur eine rauchen.", sagte er, während er seine Zigaretten und sein Bonzen-Feuerzeug aus der Innentasche seines Jackets holte. Er steckte sich eine zwischen die Zähne und sagte : ,,Ohne die hier halte ich es nämlich auch nicht viel länger mit meiner buckligen Verwandschaft aus als du mit deiner." Ich strich mir unbehaglich eine Haarsträhne hinter's Ohr, denn obwohl ich Rauchen an sich ziemlich reizlos fand, sah Davies dabei verboten gut aus. ,,Ich bin nicht rausgegangen, weil ich es nicht mehr ausgehalten hab, sondern weil mir warm war und wir eh noch etwas auf den nächsten Gang warten müssen.", versuchte ich mich zu verteidigen. Davies sah mich skeptisch an. Er nickte überzogen. ,,Ganz genau, Morrin. Das glaub ich dir sofort. Du hast keinen Bock auf deine Familie, gib's doch zu." , forderte er. ,,Is doch auch nichts dabei. Wer hat schon Lust auf seine Alten?" Ich konnte Davies nicht recht geben. Nicht, weil er nicht recht hatte, aber weil er einfach Davies war und ich nicht die selbe Meinung haben wollte wie er. ,,Ich liebe meine Familie. Sie sind toll und deswegen werde ich jetzt auch wieder reingehen. Zu meiner Familie. Meinen Großeltern, meinen Eltern und meinem Bruder. Weil ich sie liebe." Ich wurde zum Ende hin immer unsicherer und meine Stimme unbestimmter, dass ich mir selbst kaum glauben konnte, weil mich das hämische Grinsen, das sich auf Davies Gesicht ausbreitete, beunruhigte. ,,Na, wenn sie so liebenswert sind, wie du behauptest, dann will ich sie kennenlernen. Die ganze Bande.", sagte er, wie selbstverständlich, während er seinen Glimmstängel im Schnee ausdrückte.

Meine Augen wurden groß vor Schreck und ich bekam Bammel. Das würde auf keinen Fall gut gehen, wenn ich Davies meiner Familie vorstellte. Die Frage wäre auch wie. Als einen Freund? Nein! Wir waren definitiv keine Freunde. Würde ich ihn einen Mitschüler nennen, hätte Davies da sicherlich einen Spruch parat, der anderes vermuten ließe. Aber wenn ich von draußen mit einem Typen ankomme, von dem ich behaupte, regelmäßig mit ihm zu schlafen, der aber nicht mein fester Freund ist, bekäme meine Großmutter wahrscheinlich einen Herzinfarkt. ,,Nein! Nein! Nein! Das halte ich für keine gute Idee, Davies.", stammelte ich und versuchte meine Sorge zu überspielen. Doch Davies hörte nicht auf mich. ,,Ach was! Das wird lustig.", sagte er zuversichtlich und ging wieder ins Restaurant. Ich hastete ihm hinterher, um ihn aufzuhalten. ,,Davies, nein! Halt an!", rief ich ihm nach, aber er ignorierte mich gekonnt.

Als wir den Gastraum erreichten, brauchte er nicht lange, um meine Familie ausfindig zu machen. ,,Ahhhha. Da sind sie ja, die Morrins.", sagte er in einer Sing-Sang-Stimme. ,,Die Augen hast du also von deinem Vater, interessant. Man sagt ja, das Väter ihr gutes Aussehen an die Kinder vererben." Bei dem implizierten Kompliment wurde ich rot, wofür ich mich am liebsten geohrfeigt hätte. ,,Stimmt wohl nicht.", kam es dann trocken von Davies, was alles aus meinem Gesicht fallen ließ. So viel zu dem Kompliment, über das ich mich unangebrachterweise so gefreut hatte. Bevor ich was antworten konnte, setzte sich der Lulatsch neben mir wieder in Bewegung. Ich eilte ihm nach. ,,Warte!", zischte ich in einem letzten Versuch ihn aufzuhalten und so überraschend es auch war, er hielt an und drehte sich zu mir um. Etwas außer Atem, weil Davies echt ein ganz schönes Tempo drauf hatte, sagte ich: ,,Da ich davon ausgehe, dass ich dich nicht von dem Vorhaben, meine Familie zu treffen und mich komplett bloß zu stellen, abbringen kann, stelle ich jetzt ein paar Regeln auf: 1. Ich sage zuerst was, 2. Du gehst wieder, wenn du sie gegrüßt hast und 3. Du sagst auf keinem Fall was für eine verquere Beziehung wir zueinander haben, wenn man das so nennen kann." Davies nickte zustimmend. ,,1. ok, 2. wir werden sehen und 3. ja, kann man.", stellte er mit seinem Dauergrinsen klar. Ich verdrehte mal wieder meine Augen und ging dann vor.

Meine Oma bemerkte uns als Erste als wir den Tisch erreichten. Sie lächelte uns freundlich an. ,,Mia..", sagte sie sanft. ,,Da bist du ja schon wieder." ,,Ähm ja.", begann ich unwohl. ,,War doch ein bisschen kalt. Aber dafür hab ich jemanden getroffen." Ich deutete auf Davies. ,,Hi, Jasper Davies. Freut mich.", stellte er sich vor und streckte meiner Oma sofort die Hand hin. Der Reihe nach schüttelte er allen am Tisch Anwesenden die Hand. ,,Und wer sind sie, Mr. Davies?", fragte ihn mein Großvater etwas misstrauisch. Ich hätte mit allem gerechnet, außer mit dem, was Davies sich dann tatsächlich zu sagen traute. ,,Ich bin Ameliah's zukünftiger Freund.", sagte er beiläufig. Ich traute meinen Ohren kaum. Das wüsste ich aber. Ich war starr vor Schreck und sah mit aufgerissenen Augen zu ihm hoch. Ein kurze Stille trat ein, doch dann begannen meine Großeltern herzhaft zu lachen. Vollkommen überfordert schaute ich zwischen ihnen hin und her. Mein Opa fasste sich als Erster wieder einigermaßen. ,,Das freut uns zu hören, mein Junge. Wir hatten uns schon Sorgen um unsere kleine Mia gemacht. Wie wär's möchtest du dich nicht zu uns setzen, oder bist du auch mit deiner Familie hier? Dann wollen wir dich natürlich nicht von ihnen fernhalten." ,,Grandpa?!?!", rief ich ungläubig. ,,Was denn?", kam die Antwort. ,,Es wäre mir eine Ehr-" ,,Können wir kurz reden? Unter vier Augen?", unterbrach ich Davies und zog ihn, ohne auf seine Antwort zu warten, am Ärmel in Richtung Toiletten.

,,Hey hey! Pass auf meine Jacke auf. Die war teuer." Erst als wir im Flur zu den Toilettenräumen standen, ließ ich grob seinen Arm los. ,,Was zur Hölle sollte das eben?", fragte ich ihn fuchsteufelswild. ,,Was meinst du?" Davies tat unschuldig, aber ich wusste, dass er sich mal wieder köstlich an meinem Zorn amüsierte. ,,Das weißt du ganz genau, du Arsch!", wetterte ich. ,,Das mit dem 'Ich bin Ameliah's zukünftiger Freund'-Scheiß...", sagte ich in meiner besten Davies-Imitation, die zugegebenermaßen ziemlich grottig war. Er lachte. ,,Sollte das ich sein? Das war ja furchtbar.", lachte er weiter. Ich begann zu schnauben. ,,Lenk nicht vom Thema ab!" Er hob abwehrend die Hände. ,,Is gut, is gut. Beruhig dich. Das sollte ein Scherz sein." ,,Ja, ganz toller Scherz!", rief ich sarkastisch. ,,Du bist Doktor Witz persönlich. WAHNsinnig komisch! Also damit das klar ist, du setzt dich gleich ganz bestimmt nicht zu uns. Du gehst brav wieder zurück zu deiner Familie und lässt mich und meine verkorkste Sippschaft zufrieden.", sagte ich streng und tippte ihm mit dem Finger auf die Brust. ,,Is in Ordnung, Schatz, aber jetzt beruhig dich, sonst tust du noch wem weh." ,,Genau, vorzugsweise dir.", sein 'Schatz' überging ich. Das war mir langsam echt zu blöd. Ich atmete einmal tief ein und aus und strich mir die Haare aus dem Gesicht. ,,Gut...", sagte ich müde. ,,Du kommst gleich noch einmal mit mir mit und entschuldigst dich, aber deine Familie ist mit dir hier und es wäre äußerst unhöflich sie dann einfach so da sitzen zu lassen. Dann gehst du, klaro?" ,,Klaro." Ich stellte mich wieder gerade hin und richtete meine zerrauften Haare und mein Kleid. ,,Na dann los." Dann öffnete ich die Tür.

Love's a desperate thingWo Geschichten leben. Entdecke jetzt