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Der Weg zu Heavens Hotel zog innerhalb von Sekunden an mir vorbei. Und trotzdem hatte ich es geschafft Heaven von dem Kinderbuch, das ich im Moment illustrierte, zu erzählen.

„Qiuetschpups, die kleinen Ente, mit dem blauen Schnabel."

Das Entchen erinnerte mich an eine Zeichnung, die ich vor Jahren voller Wut im Garten meines Elternhauses verbrannt hatte. Zusammen mit allen anderen Bildern, die es wagten, mich an Heaven zu erinnern. Hin und wieder hatte ich den Schritt bereut. Immerhin war die Arbeit eines ganzen Jahres damals in Flammen aufgegangen, wenn es doch auch gereicht hätte, sie in die letzte Ecke des Speichers zu verbannen.

„Das Buch klingt wirklich süß. Willst du mir mal Zeichnungen von dir zeigen? Ich kann mich erinnern, ich war damals schwer beeindruckt, von deinem Talent. Und das Bild das du mir geschenkt hast, hab ich auch nie weg geworfen. Obwohl ich grad nicht weiß, wo ich das hab.", sagte Heaven.

Wir blieben vor dem Eingang des Hotels auf einem ausgetretenem roten Teppich stehen. Direkt neben einer pompösen, goldenen Drehtür, mit riesigen Pflanzen zu beiden Seiten. Heaven nahm auch meine andere Hand, so dass wir uns gegenüberstanden und gemeinsam die Arme hin und herschwenkten. Wie zwei Kinder, die Ringel Reih spielten.

„Ja. Stimmt das Gay-hörnchen. Das hab ich erst vor kurzem für Pride auf ne Flagge gemalt. Süß, dass du das noch hast."

Vermutlich hatte sie das Hörnchen gerettet. Ich hätte es damals sicher dem Feuertod übergeben, nur weil es Heaven gefallen hatte.

„Ich such mal danach. Hoffentlich ist es nicht weggeflogen. Aus Langeweile."

Wir kicherten beide.

Dann wandte sich Heaven Richtung Eingang. Sie zog leicht an mir, ein eindeutiges Zeichen dafür, dass ich ihr folgen sollte. Ich blieb stehen, scharrte unruhig mit den Füßen. Der gefürchtete Augenblick war gerade um die Ecke gebogen, bereit mich abzuholen und für immer von Heavens Seite zu drängen.

Heaven zog verwundert die Augenbrauen hoch und sofort schnürte sich eine Enge um meine Brust, als hätte ich ein Korsett angezogen.

„Kommst du nicht mit hoch?"

„Ah... Hmm."

Die beste Antwort, die mir einfiel. Mit der Verzweiflung einer Ertrinkenden durchwühlte ich meinen Kopf nach den tollen Plänen, die ich mit meinen Freunden für genau diesen Moment aufgestellt hatte. Doch ich fand nur blankes Papier und leere Aktenordner, als hätte ich alle Lösungen gelöscht, um mehr Platz für die besten Fakten über Heaven zu schaffen.

„Du überlegst noch.", stellte Heaven im geduldigen Ton fest, als wäre ich ein Kind, das sich nicht zwischen Schoko oder Stracciatella Eis entscheiden konnte. Wie sollte ich auch wählen, wenn ich einfach alles haben wollte.

„Ich sollte vielleicht eher nicht mit dir aufs Hotelzimmer kommen."

Die Wahrheit. Eine sehr gute Idee. Heaven würde mein Problem sicher verstehen.

Sie trat einen Schritt näher.

„Wieso? Hast du Angst, dass ich dich auffresse?", sagte sie. Mit zwei Fingern wanderte sie über meine Schulter und strich meinen Arm nach unten. Mit Mäusefüßen trippelte sie auf mir herum. Ein Schauer lief über meinen Rücken. Ich war viel zu sensibel, weil die Spannung zwischen uns seit Tagen stieg und langsam durch die Decke ging. Dann kam sie noch ein bisschen näher.

Mir stockte der Atem. Eine Wolke Erdbeere hüllte mich ein.

„Nein. Ich hab Angst, dass ich an deinem Erdbeerdampf ersticke, sobald wir in einem Zimmer eingesperrt sind."

Hey Poppy  (girlxgirl)Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt