Auf dem Rückweg rannen mir still die Tränen über die Wangen. Heaven war weggerannt und irgendetwas in mir zerbrochen. Ich konnte nicht genau ausmachen, wo sich die Wunde versteckte, aber sie schmerzte viel mehr, als erwartet.
Vor meinem Elternhaus blieb ich stehen. Es wirkte grau und einsam, trotz der Blumen im Vorgarten und leiser Musik, die aus dem geöffneten Küchenfenster drang. Das ganze Viertel, die Wiese, die Straße und sogar der wolkenlose Himmel schienen plötzlich trostlos. Als hätte sich meine Sicht auf die ganze Welt verschoben und alle Farbe daraus verdrängt.
Bevor ich das Haus betrat, schritt ich auf der Wiese neben dem Gehweg auf und ab. Bis alle Tränen versiegt waren. Der Kloß, der sie erzeugte, blieb in meinem Hals stecken, so sehr ich auch an ihm würgte. Ich fing immer wieder an zu weinen. Heavens trauriges Gesicht schwebte vor mir und ich hasste es für die stumpfen Augen, zitternden Lippen und zerfurchte Stirn verantwortlich zu sein. Unsere Begegnung stahl auch ihr das Glück. Ich stahl ihr das Glück. Wir sollten uns nie wiedersehen.
Und dann hatte Heaven die Traurigkeit fortgewischt. Wie Kreide auf einer Tafel, als hätte es sie nie gegeben. Und Heaven war fortgelaufen. Einfach so fortgelaufen. Aus meinen Armen, irgendwohin.
Genau was ich wollte und trotzdem stieg diese alte Leere in mir auf. Die mich so paralysierte, dass ich nur noch im Bett liegen und schlafen wollte. Wie ein alter Bekannter, dem ich nie wieder hatte begegnen wollen. Er tauchte auf, ohne Einladung, und richtete es sich gemütlich in mir ein, um viel zu lang zu bleiben.
Die Haustür schwang auf und meine Mutter trat nach draußen. In schmutziger Schürze und Pantoffeln, aber dem liebevollstem Lächeln der Welt auf den Zügen.
„Poppy. Mäuschen. Komm ins Haus", rief sie mir zu.
Natürlich hatte sie mir beim rastlosen Herumlaufen zugesehen. Wahrscheinlich hatte sie durchgehend auf mich gewartet, seitdem ich weggegangen war. Den besorgten Blick auf die Straße gerichtet, bis das niedergeschlagene Kind heranschlürfte. In ihren Augen kehrte ich immer traurig zurück, wenn ich Heaven traf. Sie hatte keine Ahnung, dass mich diese besondere Frau auch glücklich machen konnte.
Meine Mutter winkte ungeduldig und ich folgt ihrem Ruf. Als die Tür hinter uns zufiel, zog sie mich in ihre Arme. Ich ließ mir über den Rücken streicheln und fing erneut leise an zu weinen.
„Hat sie dir wieder das Herz gebrochen?"
Meine Mutter schob mich von sich, um mich ernst anzugucken. In ihrem Blick stand erstaunlicher Ärger. Normalerweise suchte meine Mutter immer nach friedlichen Lösungen und brachte für jeden Verständnis auf. Sie rubbelte mir fest über die Schultern.
„Mama. Ich hab ihr das Herz gebrochen. Du hättest Heaven ins Haus lassen sollen. Sie ist ganz ehrlich wundervoll. Aber ich bin es überhaupt nicht."
Es widerstrebte mir, dass meine Mutter Heaven die Schuld gab. Oder auch nur einen schlechten Gedanken gegenüber ihr hegte.
„Tatsächlich? Willst du mir denn erzählen was passiert ist?"
Ich befreite mich aus dem Griff meiner Mutter und schüttelte den Kopf.
„Irgendwann. Nicht heute. Ich kann das jetzt nicht.", murmelte ich.
Die wertvollen Erinnerungen mit Heaven schienen mir zu zerbrechlich um sie dem Urteil meiner Mutter zu überlassen. Wenn ich selbst noch nicht genau wusste, wie ich sie einsortieren sollte.
Eine Beichte hätte ohnehin nur einen Vortrag über Gotts unendliche Liebe und Vergebung provoziert. Bei dem Gedanken wollte ich gleich wieder anfangen zu heulen.
„In Ordnung."
Meine Mutter lächelte und strich mir über das Haar.
„Wie wärs mit Abendessen."
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Hey Poppy (girlxgirl)
RomanceFortsetzung von Hey Heaven. Das Cover ist von @Clove Mikaelson