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Ich lag eine Weile still und kam nicht zur Ruhe. Die Sonne wärmte meinen Rücken und trocknete mein feuchtes Haar.

In unserer Nähe hatte sich ein Pärchen niedergelassen, das sich leise unterhielt. Der Sommer spielte immer noch sein Lied aus Kinderlachen, Wasser platschen und einer seichten Brise, die durch die Blätter des Busches neben mir raschelte.

Eigentlich eine angenehme Stimmung, perfekt, um vor sich hinzudösen. Doch meine Gedanken drehten sich im Kreis. Wie ein Tornado. In ihm wirbelten Ashley und Heaven herum. Und ich dachte an die Fehler der letzten Tage, alle garniert mit den wundervollen Emotionen, die Heaven in mir weckte. Als wäre ich aus einem langem, ödem Traum aufgewacht, indem ich alles nur halb gefühlt hatte. Aber ich zweifelte auch daran. Ich hatte nichts neues gewollt, bevor ich hergekommen war, weil ich den Status Quo mochte. Warum suchen, wenn es nichts zu suchen gab?

Dennoch lag ich jetzt hier neben Heaven. Hatte sie gefunden, ganz ungewollt. Wenn ich einen Blick zu ihr hinüber wagte, sah ich ihren verwirrten, dunklen Schopf und die sanfte Rundung ihrer Schulter.

Sie lag ganz ruhig und nah genug, dass ich nur den Arm ausstrecken musste, um sie zu berühren.

Zurück zu Ashley und der Enttäuschung in ihren Augen, die ich dort sicher bald sehen musste. Ich hatte mir die Liebe zu Ashley nicht vorgemacht. Sie bestand noch und sie war einfach anders als das Gefühlschaos, das ich für Heaven schon immer empfunden hatte. Konnte ich diese Verwirrung überhaupt Liebe nennen? Eine Zuneigung, in der sich Unglück mit Glück vermischte. Oder war alles nur Leidenschaft? Das schiere gierige Wollen?

Ich setzte mich auf. Mein Gehirn erlaubte mir keine Ruhe, also würde ich es abzulenken.

Umherschauen, der erste Versuch, funktionierte nicht, denn mein Blick blieb schon bald an Heaven kleben. An den Höhen und Tiefen ihres Rückens, ihrem knackigen Po, in den ich hineinzwicken wollte, und den schlanken Beinen.

Also lesen. Ich hatte mein seit Wochen schwer vernachlässigtes Buch mitgebracht. Es gab keinen perfekteren Zeitpunkt als jetzt, mich in fremde Welten zu stürzen. Nur hatte ich irgendwie vergessen, dass ich die Geschichte stinklangweilig fand, und nur aus der reinen Pflicht heraus, sie zu beenden, weiterlas. Als ich mich zum dritten Mal durch denselben Satz quälte, weil mein Geist mir währenddessen eine Liste mit Vor- und Nachteilen einer Affäre mit Heaven vorstellte, klappte ich das Buch zu.

Mit einem lauten Seufzen legte ich es zur Seite. Ein zu lautes Seufzen, denn der Laut schreckte Heaven auf. Sie setzte sich auf und blinzelte träge. Auf ihrer Wange zeichnete sich das Muster des Handtuchs ab.

„Ist dir langweilig?"

Ich schüttelte den Kopf. Eher wünschte ich mir ein bisschen Langeweile. Langeweile wäre leichter auszuhalten als dieses Gefühlschaos.

„Hunger? Wir könnten uns am Kiosk was holen."

„Die ham da sicher keinen Salat. Heaven."

Wie gern ich sie aufzog. Das hatte ich früher nur selten gewagt, aus Angst sie könnte sofort den Kontakt zu mir abbrechen.

Heaven runzelte die Stirn, dann lächelte sie und lehnte sich zu mir. Mit sanften Fingern zupfte sie an meinem Haar.

„Das ist kein Problem. Ich ess einfach deine Pommes auf."

„Wer sagt, dass ich dir was ab geb?"

Wir verhakten unsere Blicke ineinander. Alarm! Alarm! Das wurde gefährlich.

„Ich frag dich gar nicht erst. Meistens bekomm ich sowieso was ich möchte."

Das konnte ich mir lebhaft vorstellen.

Hey Poppy  (girlxgirl)Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt