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„Hey. Na endlich. Was ist los?", meldete sich Ashley.

Sie ließ mir keine Möglichkeit für Small Talk. Vermutlich hatte sie mich längst durchschaut. Immerhin ignorierte ich ihre Nachrichten seit gestern Mittag. Obwohl ich nicht dazu neigte immer sofort zu antworten, hatte ich sie noch nie so lange warten lassen. Ich benahm mich eindeutig nicht, wie die Poppy, die sie kannte. Vielleicht offenbarte ich auch eine Seite von mir, die wir beide nicht kannten.

„Tut mir leid."

Eine Entschuldigung war besser als eine Lüge. Ich tastete mich noch an die schwierige Wahrheit heran, die sich wie ein Berg vor mir auftürmte.

„Ach komm schon. Poppy. Was ist los? Das ist so untypisch, was du gerade tust. Du schreibst nicht mehr zurück. Und seit Tagen bist du kurz angebunden, wenn wir telefonieren."

Ich räusperte mich und Ashley seufzte.

„Ich merk doch, dass was nicht stimmt.", murmelte sie. Ihr trauriger Ton stach mir mitten ins Herz. Wie konnte ich es nur wagen, einen so wundervollen Menschen zu verletzen.

Mein Mut versuchte mich zu verlassen. Es erschien so viel einfacher das Gespräch einfach zu beenden. Meine Finger zitterten so sehr, dass ich das Telefon mit beiden Händen umklammert hielt. Jetzt war ich endlich so weit gekommen. Das Handy durfte nicht herunterfallen, denn ich würde es nie wieder aufheben.

„Ashley. Es tut mir wirklich wahnsinnig leid. So. So leid..."

Ich stocke und sie schwieg. Ihrer schwerer Atem drang durchs Telefon.

„Was ist. Sags mir endlich. Verflucht. Meinst du ich ahn nicht schon was passiert ist. Spucks aus. Sei kein Feigling. Poppy."

Ihre Stimme klang hysterisch und ich war der größte Feigling der Welt. Aber jetzt nicht mehr. Diese Tragödie, die ich selbst geschrieben hatte, endete jetzt.

„Ich hab dich betrogen. Es tut mir so leid. Ich weiß gar nicht..."

„Mit deiner Ex aus der High School?", unterbrach mich Ashley.

„Ja.", wisperte ich.

Übelkeit blubberte aus meinem Bauch herauf. Mit leisem Würgen kämpfte ich sie herunter.

Stille. Ich krampfte die Finger enger ums Telefon.

Dann schniefte Ashley laut.

„Ashley. Es tut mir leid. Bitte wein n..."

„Lass es. Bitte.", unterbrach sie meinen Versuch sie zu trösten. Mein Herz schrumpelte in meiner Brust zusammen. Jeder Schlag schmerzte. Jeder Schlag pochte: „Du hast ihr das angetan."

„Ok. Also mein Flieger geht sowieso morgen Nachmittag. Eigentlich wollte ich dich in New Brighton überraschen, aber ich flieg direkt nach Seattle. Und du kommst auch sofort nach Hause. Wir treffen uns da. Verstanden! Ich besprech sicher nicht mit dir am Telefon, dass du unsere Beziehung zerstörst.", zischte sie.

Ihre Reaktion kam ungewohnt heftig. Normalerweise brachte Ashley selten etwas aus der Fassung. Trotzdem versuchte ich Widerworte.

„A-aber. Ich habe versprochen, ich bleib noch eine Woche. Und Dani ist bei mir mitgefahren. Ich kann sie hier doch nicht sitzen lassen."

Ashley schnaubte.

„Ehrlich jetzt? Poppy. Hör zu, wenn ich dir irgendwas wert bin, kommst du nach Hause. Wenn du morgen nicht da bist, brauchst du gar nicht mehr zu kommen."

Es knackte in der Leitung. Sie hatte aufgelegt.

Ich starrte auf das Telefon. Es verbrannte meine Hand und ich warf es rasch zur Seite. Natürlich war Ashley wütend. Eine reine Dummheit ihren Wünsche zu widersprechen. Für den Mist, den ich angestellt hatte, hatte sie nicht einmal besonders schlimm reagiert. Die Reaktion passte zu Ashley.

Hey Poppy  (girlxgirl)Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt