Two

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„Kann ich dir vielleicht behilflich sein?"

Ich drehe mich um, hatte Angst vor dem, der mich angesprochen hatte. Zunächst heftet sich meinen Blick auf den Boden, auf dem leicht ausgelatschte Turnschuhe stehen, Vans. Schwarze Hosenbeine verdecken die Schuhe ein wenig. Als ich meinen Blick weiter erhebe, sehe ich ein weißes Hemd mit schwarzem Sakko. Das Sakko hängt locker und geöffnet über seine Schultern, das Hemd ist nur sparsam zugeknöpft. Über seiner Brust hangelt sich ein Schriftzug von der einen bis zu anderen Seite. It is what it is. Ein Dreitagebart zieht sich vom Kinn zu seinen Wangen und säumt seine Oberlippe. Seine Mundwinkel sind leicht nach  oben gezogen, was eher frech, als freundlich aussieht. Als mein Blick seinen kalten trifft, stellen sich alle feinen Härchen nach oben und eine Gänsehaut durchfährt mich. Seine undefinierbaren Augen fixieren mich, was mich auf irgendeine Weise einschüchtert, also wende ich den Blick schnell wieder auf den Boden.

„Ich weiß nicht, wo ich hin muss", murmle ich kleinlaut und spiele mit dem Papier in meiner Hand rum. Anhand seines Schattens sehe ich, dass er auf mich zukommt. Als er vor mir steht, hebt er seine Hand und umfasst mein Kinn mit Daumen und Zeigefinger, bringt mich so dazu, ihn erneut anzusehen. Ein gefährliches Glitzern durchzieht seine Augen, dass mein Unterbewusstsein schreit, ich solle wegrennen, doch sein Blick heftet meine Füße fest auf den Boden.

„Na gib mal den Zettel her." Noch ehe ich etwas erwidern kann, zieht er mir den Zettel aus der Hand und überfliegt die Zeilen. Dabei flitzen seine Augen von links nach rechts und sein freches Lächeln wandelt sich in ein Grinsen. „Wunderbar." Er gibt mir meinen Zettel wieder und geht den Flur entlang. Ich bleibe wie angewurzelt stehen, bis seine Stimme erneut hinter mir ertönt.

„Du hast jetzt Mathe. Bei mir." Ich schlucke, drehe mich langsam auf den Fersen um und folge ihm mit etwas Abstand bis zur Klasse. Die Tür ist geschlossen und dennoch herrscht ein Lautstärkepegel im inneren, dass ich Angst bekam, die Tür würde niedergewissen werden. Als er die Tür öffnet und in den Raum tritt, wird es augenblicklich still. Ich folge ihm hinein und spüre sofort alle Blicke auf mir. Der junge Lehrer, so nehme ich an, schritt vor die Tafel und stellt seine Tasche auf dem Pult ab.

„Komm her", sagt der Lehrer an mich gewandt und so tat ich ein paar kleine Schritte auf ihn zu, bis ich fast neben ihm stehe. „Okay, Klasse, ich darf euch eure neue Klassenkameradin vorstellen. Das ist...?"

„Mary. Mary Johnson", antworte ich leise und schaue den Lehrer an. Dieser nickt und bedeutet mir, mich auf einen freien Platz zu setzen. Ich atme tief durch und bahne mir einen Weg durch die Tischreihen. Dabei stolpere ich fast über eine Tasche, in dessen Gurt sich mein Fuß verfangen hat. Als ich endlich auf dem einzigen freien Platz sitze, wenden sich alle Blicke nach vorne und der Lehrer beginnt seinen Unterricht. Während er Aufgaben an die Tafel schreibt und ich mitschreibe, bekomme ich mit, dass er Mr. Tomlinson heißt und, dass er eine ziemliche Sauklaue hat. Also frage ich meinen Sitznachbarn, was dort steht.

„Da steht: Berechne den Flächeninhalt, wenn x = 7 ist. Ich bin übrigens Fin", flüstert er lächelnd. Ich bedanke mich, ebenfalls lächelnd, und schreibe weiter ab. Nachdem Mr. Tomlinson ein paar Aufgaben an der Tafel erklärt hat, teilt er ein Arbeitsblatt aus, das wir in Einzelarbeit bearbeiten sollen. Während alle still über den Aufgaben hängen, geht Mr. Tomlinson rum, um zu sehen, wie jeder voran kommt. Als er mir über die Schulter schaut, muss er feststellen, dass ich nicht mal die erste Aufgabe gerechnet habe. Dann geht er weiter. Nachdem es klingelt, bin ich nicht ein Stückchen weitergekommen. So wie alle packe ich meine Sachen zusammen und schultere meine Tasche. Doch bevor ich mit den anderen rausgehen kann, hält mich Mr. Tomlinsons Stimme davon ab.

Toy [*Pausiert*]Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt