Kapitel 19 ~Wincent~

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Hand in Hand lief ich mit Liz in Richtung des Bootverleihs. Je näher wir kamen, desto nervöser wurde ich. Klar, ich hatte vorher mit David, einem ehemaligen Klassenkameraden dem der Bootsverleih gehört, gesprochen und ehrlich gesagt konnte es ja auch nicht so schwer sein ein Boot zu steuern. Aber trotzdem hatte ich ein komisches Gefühl in der Magengegend.
Angekommen beim Verleih, kam David auch gleich auf uns zu und begrüßte uns.
„Hey“, sagte er und reichte mir die Hand.
„Hey“, erwiderte ich und schlug ein. Unsicher sah Liz zwischen uns beiden hin und her.
„Alles gut, das ist David, ein ehemaliger Kumpel von mir“, versuchte ich Liz zu beruhigen.
„Hey, du musst Liz sein“, sagte David und reichte auch ihr die Hand.
„Ja, hey“, sagte sie und reichte sie ihm, schaute mich dabei aber fragend an.
„Es ist alles startklar. Wenn ihr wollt, könnt ihr los“, sagte David.
„Danke man“, sagte ich und nahm wieder Lizs Hand. Unsicher lächelte diese mich an.
„Was hast du nur vor?“, fragte sie, als wir David zu den Booten folgten.
„Wirst gleich sehen“.
David führte uns an einer Reihe von Booten vorbei, bis er schließlich vor einem kleinen Motorboot stehen blieb. Ich stieg ein und reichte Liz meine Hand und half ihr ins Boot.
„So dann viel Spaß“, sagte David und machte uns los. Ungläubig sah Liz mich an.
„Hast du sowas schon mal gemacht?“, fragte sie unsicher.
„Boot fahren? Ja. Aber selbst eins gesteuert, nein“, gab ich zu.
Liz schluckte.
„Hey, vertrau mir. Ich würde nichts machen, was uns beide in irgendeiner Form in Gefahr bringt“, sagte ich und nahm ihre Hand. Sanft strich ich über ihren Handrücken und versuchte sie zu beruhigen.
„Weiß ich doch“, nuschelte sie und seufzte.
„Entspann dich einfach und genieß es“, sagte ich und startete den Motor.
Langsam fuhren wir die Elbe hinauf und Liz fing sichtlich an sich zu entspannen. Sie strahlte förmlich mit der Sonne um die Wette. Ich genoss diesen Anblick in vollen Zügen.
Nachdem wir nun gut 1 ½ Stunden gefahren waren und uns über Gott und die Welt unterhalten hatten, steuerte ich das Boot an eine kleine Anlegestelle. Dort angekommen erwartete David uns schon.
Erstaunt sah Liz mich an.
„Das scheint hier ja alles ziemlich durchdacht zu sein“, sagte sie und nahm ihre Jacke.
„Vielleicht“, grinste ich sie an. Aber natürlich hatte sie recht. Ich hatte mich zusammen mit Marco und Amelie gestern hingesetzt um diesen Tag so perfekt wie möglich zu machen.
„Und was machen wir jetzt?“, fragte Liz und sah mir dabei direkt in die Augen. Es kostete mich eine ziemliche Beherrschung, meine Lippen nicht auf ihre zu drücken. Aber wir wollten es langsam angehen lassen. Deshalb riss ich mich hier am Riemen. Vor allem, weil ich nichts überstürzen wollte und weil ich nicht will, dass wieder irgendwelche Spekulationen aufkommen. Ich hatte ja nichts dagegen meine Fans an meinem Leben teilhaben zu lassen. Aber wenn dies damit verbunden ist, dass Frauen, mit denen ich mich treffe, Hassnachrichten bekommen, dann wollte ich es doch erstmal geheim halten.
„Wincent?“, riss mich Liz aus meinen Gedanken.
„Hmm?“, machte ich und sah sie an.
„Alles okay?“.
„Ja, alles bestens. Komm, ich hab was kleines vorbereitet“, sagte ich und reichte ihr meine Hand. Lächelnd ergriff sie diese wieder und folgte mir. Wieder machte sich ein wohliges Gefühl in mir breit. Solche unbeschwerten Momente habe ich echt vermisst. Ich hoffe, dass ich mit Liz noch viele solcher Momente erleben darf. Aber bevor er so ist, muss ich mir überlegen, was ich meinen Fans erzähle. Oder besser gesagt, wie ich es ihnen erzähle. Wieder zerbrach ich mir den Kopf drüber, was sie denken könnten. Was ist nur los mit mir? Kann ich nicht einfach den Moment mit Liz genießen?
„Wow“, sagte Liz und holte mich wieder ins hier und jetzt. Vor uns lag eine kleine Lichtung, auf der ich vorhin mit David und Marco ein Tisch aufgestellt hatte, sodass wir dort jetzt ein kleines Picknick machen konnten. Umrahmt wurde das ganze durch ein paar Fackeln, damit wir nicht im Dunkel saßen.
„Wincent, ich…ich weiß gar nicht was ich sagen soll. Danke“, sagte Liz und lächelte mich an.
„Freut mich, dass es dir gefällt“, sagte ich und ging mit ihr auf den Tisch zu. Gentlemanlike schob ich ihr den Stuhl zurecht, als sie sich setzte.
„Möchtest du ein Bier?“, fragte ich und holte mir selber schonmal ein alkoholfreies raus. Schließlich musste ich ja noch fahren.
„Ähm, danke, nein. Ich trinke kein Bier“.
„So gar nicht?“, fragte ich verwundert.
„Gar nicht“, sagte Liz und zuckte mit den Schultern.
„Aber du hattest doch beim Umzug auch Bier da. Daher dachte ich du magst es“, versuchte ich mich zu erklären.
„Ach, weißt du, das ist eine lange Geschichte“, sagte sie und wich meinem Blick aus.
„Hey, ist doch alles gut. Ich war nur verwundert. Wenn du kein Bier trinkst, ist doch alles okay“.
„Du verstehst nicht. Ich trinke gar keinen Alkohol“, stellte Liz klar.
„Okay, auch das ist kein Problem. Aber darf ich fragen warum nicht?“.
Liz seufzte.
„Tut mir leid. Du musst natürlich nicht, wenn du nicht willst“.
„Schon okay“, sagte sie und erzählte mir von ihrer Vergangenheit.
Als sie fertig war, konnte ich nicht anders und nahm sie in den Arm.
„Danke, dass du so ehrlich zu mir bist und mir deine Vergangenheit anvertraust“, sagte ich und strich ihr beruhigend über den Rücken.
„Danke, dass du mich nicht dafür verurteilst, dass ich keinen Kontakt mehr zu meinen Eltern habe“, sagte Liz und schmiegte sich an mich.
„Hey, ich habe auch keinen Kontakt zu meinem Vater. Manchmal ist es eben besser. Und ich würde dich auf gar keinen Fall dafür verurteilen. Eher bin ich wütend auf deine Eltern, weil sie verpassen, was für eine wundervolle Person du bist“.
„Danke“, sagte Liz und wischte sich eine Träne weg.
„So, uns nun lass uns den restlichen Abend genießen“, sagte ich und servierte das Essen.

Irgendwie andersWo Geschichten leben. Entdecke jetzt