Kapitel 32 ~Liz~

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Nachdem Wincent mir endlich die Wahrheit gesagt hatte, brauchte ich erstmal ein wenig Abstand zu ihm. So eine Aktion hätte ich ihm ehrlich gesagt nicht zugetraut. Klar war er enttäuscht, dass Lena sich gleich an den nächst besten Kerl ranschmiss, wenn er nicht da war. Aber sie ganz allein mit der Situation zu lassen, war auch nicht richtig.
Ich starrte aufs Meer hinaus und hing noch ein wenig meinen Gedanken nach. Als ich mich wieder umdrehte, war Wincent verschwunden.
„Wincent?“, rief ich, bekam aber keine Antwort. Scheiße, wo war er nur hin?
„WINCENT?!“, rief ich wieder, aber diesmal ein wenig panischer. Wo war er nur hingegangen? Ich lief zum Aufzug, vor dem er grade stand und wartete.
„Wincent, wo willst du hin?“, fragte ich ihn als ich beim Fahrstuhl angekommen war.
„Raus“, sagte er nur knapp.
„Wincent, bitte lass uns wieder zurück ins Zimmer gehen“.
„Warum? Du hast dir dein Bild von mir gemacht. Was bringt uns das jetzt, wenn wir zurück gehen?“, fragte er mich, sah mich dabei aber nicht an.
„Wovon redest du da?“.
„Davon, dass du mich für ein komplettes Arschloch hälst“.
„Das ist doch völliger Blödsinn. Wincent sieh mich an“, sagte ich und packte ihn unsanft an der Schulter um ihn rumzudrehen.
Völlig entgeistert sah Wincent mir in die Augen. Mit so einer Reaktion hätte er wahrscheinlich nicht von mir gerechnet. Aber irgendwie musste ich es schaffen, dass er mich ansah.
„Ich finde deine Aktion alles andere als gut, aber ich kann sie auch verstehen. Ich wüsste nicht wie ich reagiert hätte, wenn ich jemanden, den ich mag, mit einer anderen Frau gesehen hätte. Du hast mir aber gesagt, dass das Vergangenheit ist und du dich geändert hast.  Also zeig es mir“, sagte ich und sah ihm dabei die ganze Zeit in die Augen.
„Womit hab ich dich nur verdient“, sagte Wincent und umarmte mich. Am liebsten hätte ich ihn geküsst, aber irgendwie traute ich mich nicht, denn ersten Schritt zu machen und außerdem wollte ich jetzt nicht zu sehr an ihn klammern.
„Können wir bitte ins Zimmer gehen?“, fragte ich ihn, nachdem er sich leicht von mir löste.
„Ja, klar. Ich bin auch irgendwie erschöpft. Lass uns schlafen gehen“, sagte er und zog mich mit sich.
Im Zimmer wieder angekommen, zog Wincent sich sein Shirt aus und verschwand im Bad. Ich nutzte diese Zeit um mir schnell meine Schlafsachen anzuziehen.
Als Wincent nur in einer kurzen Shorts wieder zurückkam, blieb mir kurz der Atem stehen. Dieser Kerl sah einfach nur verboten gut aus.
„Wenn du fertig mit starren bist, kannst du gerne ins Bad gehen“, sagte er und grinse mich an. Sofort lief ich rot an und wandte den Blick ab.
Verlegen nahm ich meine Kulturtasche und verschwand im Bad. Dort angekommen, spritzte ich mir erstmal etwas Wasser ins Gesicht um wieder einen klaren Kopf zu bekommen. Heute war ein emotionsreicher Tag, der mich viel Kraft gekostet hat. Umso mehr spürte ich, wie kraftlos ich jetzt war.
Nachdem ich mit Zähneputzen fertig war, ging ich wieder zu Wincent und wollte ihm eine gute Nacht wünschen, doch aus meinen Plänen wurde nichts. Wincent lag schon zusammen gerollt auf dem Bett und war bereits im Land der Träume.
„Schlaf gut“, murmelte ich und kuschelte mich ebenfalls ins Bett. Doch an Schlaf war irgendwie nicht zu denken. Viel zu sehr kreisten meine Gedanken zurück, zu dem, was Wincent mir erzählt hatte. Klar war mir bewusst, dass man aus Fehlern lernt und das niemand fehlerfrei ist. Aber doch machten sich irgendwie Zweifel in mir breit. Wie sehr würde Wincent seine Arbeit über eine Beziehung stellen? Ich wusste es nicht und konnte es auch nicht einschätzten. Was ich aber wusste, dass ich nicht wie Lena war. Ich würde niemals mit jemanden eng tanzen, wenn ich insgeheim wusste, dass ich zu Hause jemanden sitzen hätte. Das war einfach nicht ich.
Mehr und mehr verstand ich nun, warum Wincent sein Privatleben schützen wollte. Er wollte damit einfach mich schützen, was ich ihm hoch anrechnete.
„Hey, kannst du nicht schlafen?“, fragte mich Wincent plötzlich und ich erschrak.
„Sorry, wollte dich nicht erschrecken“, murmelte er verschlafen und stand auf.
„Alles gut, schlaf ruhig weiter“, sagte ich. Wincent kam zu mir rüber und setzte sich auf die Bettkante.
„Worüber zerbrichst du dir den Kopf?“, fragte er. Er schien es mir einfach anzusehen, dass ich mir Gedanken machte.
„Mir gehen deine Worte von vorhin nicht aus dem Kopf“, gestand ich.
„Liz, bitte lass dich davon nicht beeinflussen. Ich musste dir einfach von Lena erzählen. Aber ich wollte nicht, dass das jetzt zwischen uns steht“.
„Tut es nicht. Aber es wäre auch gelogen, wenn ich sage, dass es mich nicht beschäftigt. Ich war bisher ja noch nicht in einer Beziehung und es ist einfach alles neu für mich. Und mir ist eben einfach bewusst geworden, dass du dich damit eben schützten willst“.
„Nicht nur mich“, sagte Wincent und sah mich an.
„Das ist mir eben bewusst geworden“, sagte ich und lächelte in sanft an.
„Ich sag ja. Mit dir ist es irgendwie anders. Du verstehst mich einfach und das tut unendlich gut. Danke“, sagte Wincent und zog mich in eine Umarmung.
Ich wusste genau was er meinte. Auch er bringt mir so viel Verständnis entgegen, dass es mir leicht fällt ihm zu vertrauen. Dieses Gefühl hatte ich bisher bei keinem Mann.
„Wincent?“, fragte ich nach ein paar Minuten und löste mich von ihm.
„Ja?“.
„Sag mal, kann man die Betten zusammenschieben?“, fragte ich und errötete leicht.
Grinsend stand Wincent auf, schob den Beistelltisch beiseite und rückte sein Bett zu meinem rüber.
„Das werte ich mal als ja“, lachte ich und sah ihn dabei zu.
„Warum hast du eigentlich nicht gleich ein Doppelbett gebucht?“, wollte ich nun wissen, als er sich neben mich legte.
„Ich war mir nicht sicher, wie du das finden würdest“, gestand er.
„Wir haben schon das Bett geteilt, wäre also kein Problem gewesen“, sagte ich.
„Komm her“, sagte Wincent und breitete die Arme aus. Sofort krabbelte ich zu ihm rüber und kuschelte mich an ihn. Ich sah, wie Wincent sichtlich entspannte und auch ich fühlte mich einfach besser und geborgener in seinen Armen.
Lange dauerte es nicht und wir beide schliefen seelenruhig ein.

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