34 Sir Edmund Hillary und die Schäfchen über Delphi

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„Bei mir wirkt das nicht."

War das seine Stimme, die diese Worte gekrächzt hatte? Die Mittagshitze hatte plötzlich seinen Mund ausgetrocknet.

„Das höre ich, Gangster," stellte Nikos ironisch fest.

Tom dachte über die Antwort seines Freundes nach. „Hören, hmm." Die Stimme, mit der er in seinem Kopf mit sich sprach, klang anders an als die Stimme, die er gerade benutzt hatte. „Wieso habe ich zwei Stimmen," fragte er sich, „und wieso hat Nikos das gemerkt, bevor ich es bemerkt habe? Wieso kann Nikos eigentlich meine innere Stimme hören?" Eine interessante Frage, befand er.

„Wieso kannst Du meine Stimme hören?"

Er hatte die Frage nicht korrekt formuliert, aber Nikos würde bestimmt verstehen, dachte sich Tom, und korrigierte sich nicht.

Die weißen Schäfchen bewegten sich nicht von der Stelle, wie auch, beim Grasen? Nikos schien wohl doch Schwierigkeiten mit seiner Frage zu haben, denn er antwortete erst nach einer ausführlichen Bedenkzeit, und dann auch noch mit einer Gegenfrage.

„Wieso sollte ich sie nicht hören?"

Aha, er hätte also doch anders formulieren sollen. Vielleicht hätte er Nikos darüber informieren sollen, dass er die zweite Stimme meinte, die in seinem Kopf. Nach einer extrem kurzen Denkpause erklärte er:

„Ich meine natürlich die Stimme in meinem Kopf, nicht die Sprechstimme."

Wieder irgendwie komisch formuliert, das war ihm klar, aber Nikos verstand ihn trotzdem diesmal sofort:

„Na klar, die Stimme im Kopf. Warum ich die hören kann? Weil ich stoned bin und weil Du stoned bist."

Seine Stimme war noch etwas tiefer als sonst, auch rauer. Die Schäfchen bewegten sich ein kleines Stückchen nach links, alle gleichzeitig. Wahrscheinlich abgegrast, die erste Stelle, folgerte Tom. Stoned?

„Ich bin doch nicht stoned." Tom musste über diese absurde Idee kichern. Dann erklärte er Nikos die Sache mit den beiden Stimmen noch einmal. Die Geschichte wurde ganz schön lang. Nikos las in seinen Gedanken und lieferte die Begründung, warum so ein simpler Sachverhalt – wer hatte nicht Stimmen im Kopf? - manchmal so schwer zu erklären war:

„Weil Du völlig stoned bist. So wie ich. Wir sind beide gleich stoned. Deswegen können wir unsere Gedanken hören. Die sind die zweiten Stimmen. Ist doch ganz einfach."

Tom überlegte. Die Schäfchen grasten noch an derselben Stelle.

„Schöner Job, so als Schaf den ganzen Tag am Himmel." Hatte er das gesagt? Er musste wieder kichern.

Nikos drehte sich breit grinsend auf die Seite. Tom folgte seinem Beispiel, sodass sie sich nun ansehen konnten. Er merkte, dass er auch grinsen musste. Nikos war der Experte, und Nikos sagte, er sei breit. Aus den Augenwinkeln sah Tom, dass die Schäfchen wieder ein kleines Stück weiterrückten. Eins sah ihn kurz an und lächelte. Die Stimme des Tieres befand sich mitten in seinem Gehirn:

„Tom, du bist breit."

„Nikos, ich bin breit."

„Sag ich doch."

Nikos grinste von einem Ohr bis zum anderen. Er nahm seine Sonnenbrille ab, und Tom blickte in gerötete Augen, die von dick angeschwollenen Lidern umrahmt wurden. Nikos hatte sich in einen Chinesen verwandelt, Schlitzaugen inklusive.

„Nikos, the Chinese," lachte Tom, und der ließ sich augenblicklich anstecken. Sie lachten hemmungslos, und als der Anfall fast vorüber war, nahm Tom seine Sonnenbrille ab, um sich die Tränen aus den Augen zu wischen. Sofort bog sich Nikos, was wiederum Tom ansteckte.

Die richtigen Leute Band 1: Die grüne LeuchtschriftWo Geschichten leben. Entdecke jetzt