30 Kapitel - Verkleidung

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Und dort sitze ich jetzt aut meinem Bett. Niemand ist da. Maddy ist an die Uni zurückgegangen, und meine Eltern kommen erst gegen sieben nach Hause, aber dann bin ich schon weg. Ich habe meiner Mum gesagt, dass ich bei Ruben bleiben und mit ihm ins Kino gehen würde, und das ist für sie in Ordnung. Sie weiß  nichts von dem Konzert. Es ist nicht das erste Mal, dass Ich sie anlüge.

Ich habe natürlich ein schlechtes Gewissen, aber ich verdränge es. Diesmal bin ich total aufgeregt, und mir ist auch ein bisschen mulmig. Ich war noch nie in einem richtigen Club. Das Wird der Wahnsinn! Alles ist geplant. Ich habe schon Kleider für morgen bei Ruben deponiert, sodass ich mich darum nicht mehr kümmern muss. Ich bin total gespannt auf die Band. Ich denke daran, was Ruben mir heute Morgen über den Auftritt erzählt hat.

„J. sagt, es ist ihr erster Auftritt im Mercury, und wenn eine Band das erste Mal im Mercury spielt, machen sie einen Themen-Abend draus. Mina hat ,berühmte Rebellen' vorgeschlagen - also Piraten, Bösewichter, Revoluzzer, Anarchisten, was auch immer. Hauptsache chaotisch. J. J. sagt, du kannst kommen, wie du willst, das bleibt ganz deiner Fantasie überlassen. Er hat versprochen, dass er um acht Uhr da ist. Oh, mein Gott, ich kann's gar nicht glauben, dass ich ihn dann sehe ..."

Ich habe den ganzen Tag gegrübelt, als wer oder was ich mich verkleiden soll, aber es ist nichts dabei herausgekommen, und jetzt bin ich noch ratloser als vorher. Doch dann kommt mir die Erleuchtung. Ich weiß genau, was ich brauche...

Ich hole die Trittleiter hervor und stemme die Luke in der Decke über dem Treppenabsatz auf. Ich hieve mich hinauf und niese zweimal. Der Staub, den ich aufwirble, reizt meine Atemwege und brennt mir in den Augen. Du liebe Güte, denke ich, wie lange muss es her sein, dass hier jemand oben war?

Ich krieche eine Weile im Staub herum, bis ich schließlich den Karton finde, den ich gesucht habe. Ich ziehe ihn heraus, lasse ihn auf den Treppenabsatz hinunterfallen und klettere vorsichtig hinterher, nachdem ich die Luke wieder zugemacht habe. Dann schlendere ich in mein Zimmer zurück und summe zufrieden vor mich hin. Ich Krame nach meinen schwarzen Stiefeln, hole sie aus dem Schrank und werfe sie aufs Bett. Dann ziehe ich einen limonengrünen Gymnastikanzug hervor, der mal meiner Mutter gehört hat. Ich grinse vor mich hin. Poison Ivy. Genau das, was ich brauche, denke ich und schlüpfe hinein. Er passt wie angegossen. An den Ärmeln sind sogar Schlaufen, die man über den Mittelfinger streifen kann, damit sie nicht hochrutschen. Ich beuge mich über mein Bett und hebe meine Stiefel auf, dann ziehe ich sie vorsichtig über meine Beine.

Als ich fertig bin, gehe ich in Maddys Zimmer und mache ihren Kleiderschrank auf. Zufrieden studiere ich den ganzen Pailletten- und Glitzerkram, den meine Schwester gehortet hat. Dann greife ich mit vollen Händen hinein.Eine Stunde später, als ich meiner Frisur gerade den letzten Schliff gebe, klingelt es an der Tür.

„Ich komme!", schreie ich die Treppe hinunter.

Ich laufe nach unten und reiße die Tür auf. Vor mir steht ein Typ mit kurzen, blondierten Stachelhaaren, der von Kopf bis Fuß in schwarzes Leder gekleidet ist, einschließlich Nietengürtel und Nietenarmband. Ein silbernes Kreuz, das er um den Hals trägt, baumelt ihm fast bis zum Nabel herunter. Er trägt kleine Silberreifen in den Ohren und lächelt mich unter dem dick aufgetragenen dunkelblauen Lidschatten herausfordernd an. Ich bin hin und
weg.

„Mein Gott, du hast dir die Haare gefärbt! Mr Billy Idol, wenn ich mich nicht irre?"

Ich halte Ruben meine Hand mit den grün lackierten Nägeln hin, und er grapscht danach und küsst sie. Er mustert mich von oben bis unten und grunzt anerkennend.

„,Ganz recht, Miss Ivy - Poison Ivy!" Ruben fällt plötzlich aus der Rolle und fasst sich verlegen ins Haar.

„Ja, stimmt ..., gefärbt und geschnitten ... Aber dich hätte ich auch kaum wiedererkannt.."

Ich schaue an mir herunter. Ich trage meine schwarzen kniehohen Stiefel, den Gymnastikanzug meiner Mutter, einen schwarzen Ledergürtel und Maddys rote Langhaarperücke - das Markenzeichen der Poison Ivy aus Batman. Außerdem trage ich eine orange Maske über meinen grün geschminkten Augen mit den künstlichen goldenen Wimpern. Ich finde mich toll in dieser Verkleidung, und an Rubens Reaktion kann ich erkennen, dass ich gut aussehe.

„Und? Können wir dann gehen?", fragt er.

„Hoffentlich ist deine Idee wirklich so gut, wie du behauptest, sonst können wir's glatt vergessen
...", sagt Ruben, als wir um die Ecke biegen und den Andrang sehen.

Everything is possible - Verliebt in meinen Erzfeind Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt