31 Kapitel - Die List

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Die Schlange ist endlos. Diverse Robin Hoods, Piraten und andere berühmte Rebellen stehen bis zur Straße hinunter, und ihr Atem steigt in die kalte Nachtluft auf. Als ich näher komme, erkenne ich ein paar von den Gesichtern in der Menge vom letzten Jahr wieder - ein paar aus der Dreizehnten und ein paar, die bereits an der Uni sind, aber ich sehe keinen an und steuere einfach auf den Eingang zu.

Ruben hält sich dicht hinter mir. Er starrt auf den
Boden und schnippt mit den Fingern. Er ist nervös, denke ich. Ruben schnippt nur mit den Fingern, wenn er nervös ist.

„Und was ist jetzt mit deinem tollen Plan?", fragt er.

Ich deute mit dem Kopf zur Tür. Der junge Bodybuilder-Typ, der dort steht, trägt einen dunklen Anzug und hat einen Kopfhörer im Ohr. Das Kabel schlängelt sich aus seinem Hemd heraus. Er ist voll damit beschäftigt, die Mädchen mit seinem Charme zu bombardieren, die alle darauf warten, in den Club reinzukommen. Der Typ sieht nicht schlecht aus, eigentlich sogar ganz süß, aber an mich sind seine Reize total verschwendet- ich kriege Pickel, wenn ich ihn nur sehe.

Ruben folgt meinem Blick, und sein Gesicht verfinstert sich.

„Watts?", fragt er angewidert. „ Steve Watts? Und das soll dein Plan sein?"

Ich schaue Ruben gerade in die Augen. „Wie seh ich aus?"

Rubens Blick wandert zwischen Steve und mir hin und her, und endlich geht ihm ein Licht aut. Er schüttelt den Kopf. „Du gehst da nicht rüber, Jen. Kommt nicht infrage. Du bist doch nicht ..."

Ich drehe mich auf dem Absatz um und schlendere zu Steve hinüber. Steve verstummt mitten im Satz, lässt das Mädchen links von ihm einfach stehen und starrt mich an. Seine Augen gleiten über meinen ganzen Körper, taxieren mich und mein Outfit ab. Ich würde ihm am liebsten meine Tasche um die Ohren hauen, aber ich beherrsche mich, setze ein sexy Lächeln auf und stemme die Hände in die Hüften. Steve verschlingt mich buchstäblich mit den Augen.

„,He, wen haben wir denn da - Jen Anderson höchstpersönlich! Ich hab's ja gewusst, dass du früher oder später hier auftauchen wirst."

Das Mädchen, mit dem er gerade noch geredet hat, wendet sich beleidigt ab, aber Steve kümmert sich nicht darum. Er zieht mich mit den Augen aus. In diesem Augenblick will er mich und sonst gar nichts. Und ich weiß es. Das ist mein Plan. Auf diese Weise werden wir in den Club reinkommen.

„Tja, und da bin ich!", säusle ich, immer noch mein sexy Lächeln um die Lippen. „Und jetzt? Ich meine, was bringt dir das? Was willst du jetzt machen?"

Steve rückt noch ein bisschen näher und legt mir seine Hand auf die Hüfte. Ich krümme mich innerlich vor Ekel, aber ich lasse mir nichts anmerken. Ich muss Ruben hier reinbringen, das ist alles...

„Na, was wohl, Baby? Wir treffen uns drinnen, wenn meine Schicht zu Ende ist, und dann sehen wir weiter ."

Ich sehe ihm in die Augen, halte den Blickkontakt eine Sekunde lang, dann blinzle ich. Steves Grinsen wird noch breiter, und ich erschrecke vor der Gier in seinem Blick. Ich will nur noch weg. Und zwar schnell. Steve macht mir ein Zeichen, dass ich die Treppe runter in den Club gehen soll. Ich winke Ruben, der widerstrebend an mir vorbeilatscht, den Blick auf den Boden geheftet. Ich weiß, dass er sauer ist, aber ich sage nichts. Im Vorbeigehen lächle ich Steve verschwörerisch zu.

„Bis später dann", flüstere ich.

Dann drehe ich mich um, hole tief Luft und folge Ruben. Das Schlimmste ist vorbei. Jetzt kann ich mich amüsieren.

Ruben und ich gehen zusammen die Treppe hinunter. Die Musik ist jetzt noch lauter. Ich bin total aufgeputscht und kann es kaum erwarten, mich ins Gewühle zu stürzen, aber bevor ich durch die Tür gehen kann, schnauzt Ruben mich an.

„Was zum Teufel soll der Scheiß, Jen? Steve Watts! Ich fasse es nicht! Das ist so, als ob du mit dem Feuer spielst und vorher deine Handschuhe in Benzin tauchst!"

„Ja, aber jedenfalls sind wir reingekommen, oder?", verteidige ich mich.

Ruben gibt keine Antwort, doch sein Gesicht spricht Bände.

Ich seufze. „Ich pass schon auf, Ruben, keine Sorge. Mit so nem Blödmann wie diesem Steve Watts werd ich noch lange fertig." Ich kann nur hoffen, dass ich den Mund nicht zu voll genommen habe.

Ruben zieht zweitelnd eine Augenbraue hoch, aber bevor er noch etwas sagen kann, stoße ich die innere Tür auf und quetsche mich in den rappelvollen Club hinein.

Die Stimmung ist super, die drohnenden Bässe törnen mich an, und ich brenne darauf, mitten reinzustürzen und mitzutanzen. Die Musik ist so laut, dass ich mich kaum denken hören kann.

Dann sehe ich Mina auf der Bühne, die auf ihrer pinkfarbenen Gitarre tobt, was das Zeug hält.
Ich lausche auf den Songtext:

The pain was numb,
I was gone,
But you made it start to bleed again.
Don't think that I
Can carry on,
You'Il make me go insane again.
The danger in your heart ...
It calls to me ...
I won't be free.
I won't be me.
I can't resist,
It's like your Kiss,
It's murder.

Endlich kann ich mich fallen lassen. Jetzt ist Party angesagt!

Everything is possible - Verliebt in meinen Erzfeind Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt