10 Kapitel - Konkurrenz bei der Theaterprobe

195 8 31
                                    

Als ich auf dem Weg zur Aula bin, fühle ich mich um Klassen besser. Es ist Nachmittag, die Schule ist aus, und heute findet die erste Probe für Romeo und Julia statt. Trotz allem, was vorher passiert ist, sprudle ich fast über vor Aufregung, und die Arbeit an dem Stück wird mir helfen, die bösen Erinnerungen an Steve Watts vollends abzuschütteln. Ich fühle mich so stark, dass ich jede Profi- Schauspieler an die Wand spielen könnte, und ich kann es kaum erwarten, dass wir endlich anfangen.

Selbst wenn das bedeutet, dass ich hautnah mit Chris zusammensein muss, ohne ihm die Augen auszukratzen. Ich sitze auf der Bühne, starre auf meine ausgefransten schwarzen Jeans und wippe ungeduldig mit dem linken Fuß, während die restliche Besetzung allmählich eintrudelt.

„Da ist sie ja, mein goldiger Sonnenschein!", sagt plötzlich eine Stimme.

Ruben natürlich. Ich durchbohre ihn mit einem Blick, der ihm klarmachen soll: „Ich bring dich um, wenn du das noch mal sagst!"

Ruben lacht. „Also deinem Gesicht nach muss das ja heute wieder mal die reinste Tortur gewesen sein."

Ich zucke mit den Schultern und überlege einen Augenblick, ob ich Ruben die Sache mit Steve, Chris und meinem Asthmaanfall erzählen soll. Schließlich sage ich nur: „Ich hatte einen Asthmaanfall, und das ist komisch, weil ich seit Jahren keinen schlimmen mehr hatte ..."

Ruben runzelt die Stirn. „Ja und? Geht's dir jetzt besser? Willst du nicht lieber nach Hause gehen?"

Ich schüttle den Kopf. „Nein, nein, ist schon okay. Ich war vorher zu Hause und hab mein Asthma-Spray geholt. Jetzt kann nichts mehr passieren."

Ruben zieht die Augenbrauen hoch.

„Nein, ehrlich", sage ich lachend. „Mir geht's gut."

Ruben schaut mich zweifelnd an. „Und was hat den Anfall ausgelöst?"

Ich räuspere mich. „Ich äh ich bin wieder mit Steve zusammengerasselt"

Rubens Gesicht verfinstert sich. „Der Typ ist echt das Letzte. Warum kann er dich nicht in Ruhe lassen? Was hat er denn diesmal gesagt?"

„Er will, dass ich morgen mit ihm ins Mercury komme ein bisschen Spaß haben, wie er meint."

Ruben verdreht die Augen. „Er hat mir richtig Angst eingejagt, wenn ich ehrlich sein soll."

Ich zögere, ob ich Ruben auch die Sache mit Chris erzählen soll. Aber ich lasse es lieber. „Na ja, auf jeden Fall bin ich ihm entkommen, also ist es jetzt okay."

Ruben hievt sich auf die Bühne hoch und gibt mir einen Ohrstöpsel von seinem Handy. Ich nehme ihn dankbar und schließe die Augen, als die Gitarrenklänge an mein Ohr dringen. Himmlisch. Ich lehne mich an Rubens Schulter und entspanne mich.

„Wenn er dich wieder belästigt, dann hol mich oder ruf mich an. Ich komme sofort. Und wenn dir wirklich was dran liegt, knöpf ich ihn mir nach der Schule mal vor." Er lacht. „Obwohl ... direkt versprechen kann ich nichts, weil ich der größte Feigling aller Zeiten bin ..."

Ich schmunzele. „Danke, Ruben, ich weiß, dass du immer für mich da bist."

Dann sitzen wir schweigend nebeneinander und hören Musik. Ich singe stumm den Text mit, höre aber auf, als Ruben mich in die Rippen stößt und mir den Ohrstöpsel Wegnimmt.

Frau Walker kommt in den Saal, ihre Haare lässig hochgesteckt und in einem scharfen Outfit. Man könnte sie für eine Reporterin oder so was halten, und nicht für eine Lehrerin. Die Walker durchquert den ganzen Raum und bleibt direkt vor der Bühne stehen, Sie sieht mich, lächelt und dreht sich zu den anderen um, die alle auf ihre
Anweisungen warten.

Everything is possible - Verliebt in meinen Erzfeind Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt