61.) Opfer

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Als er die Magiewelle war nahm, schloss Severus die Augen, hob seinen Zauberstab und richtete seinen ganzen Willen darauf, seine Schilde zu stärken. Er fasste Beths Hand fester, in dem Versuch, auch sie durch den Körperkontakt zu schützen.

Er konzentrierte sich so stark, dass er erst nach einigen Sekunden merkte, dass der erwartete Ansturm ausblieb und er die Magie nicht fühlte. Schnell öffnete er die Augen und starrte Beth an, voller Angst, dass sein Armband gleich erzittern würde.

Aber ihr Gesicht war nicht leer, nicht starr und teilnahmslos. Entschlossenheit zeichnete ihre Züge, Wut und ein eiserner Wille schoss aus ihren Augen.

Ihr Zauberstab glühte heftig und warf ein feines Netz um sie und Severus herum. Hastig betrachtete er es. Es schirmte die Strahlen, die auf sie einstürzten, vollständig ab. Severus beobachtete, wie sie um sie herum waberten, einen Eingang suchten, sich scheinbar voller Wut immer wieder gegen das Netz warfen. Aber vergeblich. Es war perfekt. Schnell sah er sich weiter um. Es war alles genau wie in der Schilderung. Die Kiste stand auf einem Podest, daneben der Hocker mit dem Buch darauf. Die schwarzen Strahlen kamen aus der Kiste, schossen aus ihr heraus. Sie hatten richtig gelegen. Die Kiste war der Grund für das Ganze. Sie mussten sie zerstören oder den Zauber, der auf ihr lag, brechen. Wieder wurde sein Blick von dem Netz angezogen, dass aus Beths Zauberstab hervorquoll und jetzt erst erkannte er, was es war.

„Fides materna?", keuchte er unglaublich und Beth nickte grimmig. Der Schutz der Mutter. Ein alter, mächtiger, wirkungsvoller Schild. Und ein gefährlicher.

„Beth, du kannst ihn nicht lang aufrecht erhalten, das weißt du", redete Severus auf sie ein. „Du hast noch keine Kinder, der Zauber wird dir zu schnell deine Energie entziehen. Der Wachhaltetrank wird viel schneller wirkungslos sein. Beende den Zauber!"

„Nein!", entgegnete Beth stur. „Er wirkt, oder nicht? Wir haben ein Mittel gegen diese verdammte Kiste. Jetzt kannst du mit mir hingehen und wir können das Ding besiegen."

„In den fünf Minuten, die du den Zauber vielleicht noch aufrecht erhalten kannst?", antwortete der Meister für Zaubertränke ungläubig.

„Wir müssen uns eben beeilen", meinte Beth.

Er stellte sich vor sie und blickte ihr in die Augen, widerstand dem Drang, sie durchzuschütteln und etwas Verstand in sie hineinzuprügeln. „Das ist absoluter Schwachsinn und das weißt du! Es wird niemals funktionieren."

Tränen traten ihr in die Augen und sie fragte mit unsicherer Stimme: „Aber was sollen wir sonst tun?"

Er atmete tief durch und sagte dann mit ernster Stimme: „Du wirst den Zauber von mir lösen. Dann werde ich die Kiste ablenken und du wirst dich darauf konzentrieren, so schnell wie möglich herauszufinden, was hier los ist und wie du den Zauber brechen kannst."

„Nein! Auf keinen Fall!", widersprach sie heftig. „Ich werde dich nicht opfern!"

„Es gibt keine andere Lösung, Beth", sagte er sanft, hob eine Hand und berührte sanft ihre Wange.

Sie zitterte am ganzen Körper, der Zauber forderte seinen Tribut. „Ich kann das nicht", flüsterte sie, „ich kann dich nicht schutzlos der Kiste überlassen. Ich kann ..." Beth schluckte. „Ich kann nicht sehen, wie du leiden musst."

„Dann musst du dich beeilen, damit es schnell vorüber ist", antwortete er mit einem schiefen Lächeln.

„Du!", rief sie plötzlich. „Ich werde die Kiste ablenken und du findest die Lösung. Du kennst dich besser mit so etwas aus, du wirst schneller sein."

Severus schüttelte heftig den Kopf. „Auf gar keinen Fall! Ich habe bisher besser wiederstanden, ich kann uns mehr Zeit verschaffen."

Der Gedanke, Beth zu verlieren, erschütterte ihn bis ins Mark. In dieser Sekunde, diesem Moment, in dem die Macht der Kiste um sie herum tobte, in dem Beth verzweifelt versuchte, sie beide zu schützen, in diesem Moment erkannte er, was er vielleicht in seinem Inneren schon lange fühlte. Er liebte diese intelligente, schöne, dickköpfige, streitlustige und wunderbare Frau. Und er würde nicht zulassen, dass das Feuer in ihren Augen erlosch. Er musste sie beschützen. Ihr Leben war ihm wichtiger als seines. Plötzlich erkannte er es deutlich und er fragte sich, wie er solange so blind hatte sein können. Diese Frau hatte es geschafft. Sie hatte ihn wieder zu sich selbst finden lassen. Seine Vergangenheit, Lily, seine Schuldgefühle ... Beth hatte einen Weg gefunden, all das zu einem bösen Traum werden zu lassen, der keine Bedeutung mehr für ihn hatte, keine Bedrohung mehr darstellte. Mit ihrer Hilfe hatte er es geschafft, sich selbst zu vergeben. Und dadurch war er endlich nur noch Severus, nur noch er selbst. Kein geliehener Patronus mehr, schoss ihm durch den Kopf. Nein, es gab nur noch ihn. Die Liebe zu ihr hatte das bewirkt, zu der Frau, die mit Tränen in den Augen vor ihm stand, nicht bereit, ihn der Gefahr zu überlassen.

Um den Liebsten zu schützenWo Geschichten leben. Entdecke jetzt