Sie träumte. Zumindest glaubte Beth das.
Sie stand auf einer Wiese. Sanft wiegte sich das Gras und die Blumen glitzerten in allen möglichen Farben. Die Sonne schien von einem blauen Himmel herunter, an dem ab und zu träge ein paar Quellwolken vorbei zogen.
Sie erkannte die Wiese. Sie lag hinter ihrem Haus bei München.
Aber sie wusste, dass sie nicht mehr in Deutschland war. Sie lebte jetzt auf Hogwarts und war Lehrerin, also musste das Ganze ein Traum sein.
Unschlüssig sah sie sich um. Die Szene war so friedvoll und harmonisch, dass sie sich dagegen sträubte, ihren Willen zu nutzen, um aufzuwachen.
Wieso sollte sie nicht noch etwas länger in dieser Illusion verweilen?
Sie bückte sich nach unten, zog ihre Schuhe und Socken aus, nahm diese in die Hand und lief danach bedächtig los. Auf der anderen Seite der Wiese, ein Stück den Hügel hinauf, würde ihr Zuhause stehen und sie hatte plötzlich Sehnsucht danach, es wiederzusehen.
Während sie über das weiche Gras ging, fühlte sie die Wärme, die vom Boden ausging und die Halme, die sie zwischen den Zehen kitzelten. Sie genoss den Frieden, der über der Umgebung lag und der auch ihre gequälte Seele beruhigte. Sie wusste, dass das alles Einbildung sein musste, aber es war so schön, es schien so real zu sein.
Nach gefühlten zehn Minuten stand sie auf der Hügelkuppe, wobei es natürlich ein Traum war und Zeit daher relativ.
Schweigend blickte sie auf das Haus herunter, das bis vor kurzem noch ihr Zuhause gewesen war. Die Sonne funkelte in den Fenstern, die Blumenbeete um das Haus herum standen in voller Blüte. Wäre ihr nicht schon die ganze Zeit bewusst gewesen, dass es ein Traum war, so hätte sie es spätestens jetzt merken müssen, denn Ende September hatten ihre Rosen immer schon längst aufgehört, zu blühen.
Als sie so da stand und ihre Zuhause betrachtete, öffnete sich plötzlich die Haustür.
Ungläubig schaute sie zu, wie ein Mann mit Eimer und Gartenschere bewaffnet herauskam.
Mit einem Aufschrei schmiss sie ihre Schuhe weg und fegte den Abhang hinunter.
Sie wusste, dass es ein Traum war, aber es war ihr egal. Sie fragte sich nicht, warum sie sich in diesem Traum so frei bewegen konnte, warum sie nicht zusah, sondern mittendrin zu sein schien. So lange hatte sie Mark nicht mehr so lebendig, so real vor sich gesehen und sie würde diesen Augenblick nicht mit Überlegungen und Zweifeln verschwenden, egal, wie sehr es später wehtun würde.
Bei ihrem Aufschrei hatte der Mann hoch gesehen und beobachtete jetzt fassungslos, wie sie auf ihn zu gerannt kam. Dann ließ er Eimer und Schere fallen und breitete über das ganze Gesicht strahlend die Arme aus.
Sie warf sich hinein und stumm standen die beiden eine ganze Weile so da, während die Sonne langsam über den Himmel wanderte. Als sie seine Wärme spürte, seine Arme, die sie sicher hielten, hatte sie das erste Mal seit langer Zeit das Gefühl, wieder sie selbst, wieder vollständig zu sein.
Schließlich löste sich Mark von ihr, berührte ihr Gesicht mit einer Hand und sagte ungläubig: „Beth! Was machst du hier? Wieso?"
Ihr rannen Tränen über die Wange, als sie ihn anblickte und ausrief: „Oh Mark! Ich weiß, dass es nur ein Traum ist, aber dich zu sehen ... Es ist so wundervoll!"
Wieder schmiegte sie sich an ihn und genoss die Wärme, die von ihm ausging, dieses so vertraute Gefühl, von ihm gehalten zu werden.
Sie bedauerte, als er sie wieder von sich schob und sie ernst ansah. „Beth, du solltest nicht hier sein."
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Um den Liebsten zu schützen
FantasíaWie macht man weiter, wenn die eigene Welt zusammenbricht? Wenn man in einem Märchen lebte, dass plötzlich beendet ist? Ergreift man eine neue Chance auf Glück? Und wie weit würde man gehen, um seinen Liebsten zu schützen? SS/OC Ja, hier ist sie...