VincentWie dumm bin ich eigentlich?
Wieso renne ich immer weg und denke danach ist alles besser?
Irgendwie lerne ich nicht, dass danach alles mit doppelt so viel Kraft auf mich zurück kommt.
Und genau das tut es. Roxy's Versuch mich einer Panikattacke vorzuenthalten, ist zwar gelungen, aber diese scheiß Atemnot will einfach nicht abklingen.Bei jeder Erinnerung an diese ‚Hochzeit', fühlt es sich so an als würde ich leise, aber qualvoll ersticken. Wie konnte mein Leben mir nur so heftig aus den Fingern gleiten? Ich glaub' ich stell mir viel zu viele Fragen.
Ist nicht so als könnte ich viel an dieser Situation ändern.
„Hey, Vince?", der Druck an meiner Hand lässt mich zu meinem Bruder schauen. Die Sorge ist deutlich in seinen Zügen, aber ich versuche nicht mal ein Lächeln zustande zu bringen. Doch als sich Schuld in seinen Augen enttarnt, bleibe ich stehen.
Rick hat mich nachdem er mich aus Ferox' und meinem Zimmer bekommen hat, zum ersten Mal in zwei Wochen vom Schiff gebracht. Momentan sind wir in der Innenstadt und wandern durch die Kaufhäuser. Rick's Ablenkung ist eben shoppen, auch wenn er das anprobieren als lästig empfindet.
„Rick, es ist nicht deine Schuld, aber das weißt du hoffentlich", ich verstärke meine Aussage in dem ich seine Hand fest drücke. Doch anstatt, dass Rick sich beruhigt und sich wieder ein wenig entspannt, sieht er plötzlich so aus als wäre er endlos erschöpft.
„Du hältst mich auch für ein Unmensch, kann das sein", murmelt Rick und verschränkt die Arme vor der Brust. Ich runzle die Stirn, während ich den Stimmungswechsel verarbeite. „Was-?" „Glaubst du ich bin wirklich so blöd, dass ich nicht checke, dass ich der einzige Grund bin, warum du dich nicht gegen diese Hochzeit wehrst?"
Ich schlucke, aber schüttle dennoch vehement den Kopf. Mein Bruder sieht mich allerdings nur emotionslos an. „Du weißt das ich recht habe, Vince. Wenn ich nicht wäre, wärst du schon längst abgehauen, ich bin der einzige Grund warum du noch hier bist", lächelt Rick jetzt, auch wenn seine Augen glasig werden. „Und ich kann dich nicht genug dafür lieben."
Ohne irgendwas zu sagen ziehe ich ihn in eine feste, beschützerische Umarmung. Rick ist eigentlich wirklich ziemlich emotional und sensibel, was er mit seiner Art oft zu überspielen versucht. Aber noch nie hat er mir so offen und ehrlich gesagt wie sehr er mich lieb hat.
Klar, wusste ich das schon, aber es Rick sagen zu hören, lässt auch meine Augen brennen.
Das erinnert mich daran, warum ich das alles tue.
„Ja du hast recht, Rick, aber ich bereue es keine Sekunde, du verdienst eine Zukunft", sage ich mit fester Stimme und lächle ehrlich. „Und ich werde nicht zulassen, dass sie dir genommen wird. Lieber ich, als du." Mein Bruder sieht mich leidend an und noch nie habe ich mir ein dämlichen Spruch von ihm mehr gewünscht als jetzt.
Alles ist besser als diese Menge an Schmerz in seinen Augen. Aber ich werde ganz sicher nicht angefangen in der Öffentlichkeit mit Rick zu heulen. Wir ziehen schon genug Blicke auf uns, da uns manche trotz unserer Kapuze erkennen.
Mich wundert es schon ziemlich, dass noch keiner uns angesprochen hat, vor allem wegen der Hochzeit.
„Willst du noch was trinken gehen?", frage ich und deute auf ein kleines aber gemütliches Café am Straßenrand, fünf Minuten von dem Schiff entfernt. Zum Glück können die meisten Leute hier Englisch, denn mit französisch kommt man hier nicht weit.
„Klar", erwidert Rick und ich erhasche das kleine amüsierte Glitzern in seinen Augen. „Aber du bezahlst." Damit zieht er mich hinter sich her und ich folge ihm kopfschüttelnd.

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Sail Into My Arms
Teen Fiction"Te quiero.." „Je t'aime.." Liebe ist eine Bitch. Davon ist Vincent Oceánt überzeugt. Denn er landet nicht nur gezwungenermaßen auf einem Schiff mitten in Spanien und lernt dort eine ebenso reiche Familie kennen wie seine eigene. Nein, er trifft au...