Kapitel 16:

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Der Nachmittag mit Grace und den Kindern macht mir mal wieder wahnsinnig viel Spaß. Auch das Einkaufen mit Lily zusammen meistern die 6-Jährige und ich super im Team und während die Kinder Grace im Anschluss beim Kochen helfen, hänge ich die Wäsche im Keller auf.
Als wir nach dem Abendessen zu viert den Tisch abräumen kann ich nicht verhindern, dass ich Grace wie zufällig an der Hüfte oder ihrem Arm berühre, wann immer wir uns nah sind. Aber dem warmen Lächeln der jungen Mutter zu urteilen, macht es ihr nichts aus. Im Gegenteil. Sie sucht ebenfalls die Nähe zu mir.
Und so kann ich einfach nicht widerstehen, als Grace die Pfannen und Töpfe im Waschbecken spült und die Kinder gerade im Wohnzimmer spielen, beide Arme um ihre Taille zu schlingen und mich liebevoll an ihren warmen Rücken zu schmiegen.
„Hey", flüstere ich leise und lege meinen Kopf auf ihrer Schulter ab. Die hübsche Frau lehnt sich augenblicklich in meine Umarmung hinein.
„Hey du", erwidert sie beinahe zärtlich und meine Hände ruhen wie selbstverständlich auf ihrem Bauch, bis Grace auch den letzten Topf gespült hat, sich die Finger abtrocknet und dann zu mir umdreht. Wir sind uns jetzt ganz nah. So unglaublich nah.
„Warum ziehst du nicht einfach hier ein?", flüstert Grace leise und sieht mir tief in die Augen. Ihre Hände ruhen dabei an der Kante des Küchentisches. Und meine auf ihrer Hüfte.
„Meinst du das ernst?", frage ich überrascht aber mein ganzer Bauch kribbelt bei dieser Vorstellung.
„Ja? Ich meine...ich weiß natürlich, dass das wahrscheinlich nicht geht und dass du das wahrscheinlich auch gar nicht willst, aber ich-", versucht sich die junge Dozentin schnell zu erklären, doch ich lasse sie nicht ausreden.
„Grace."
Die schöne Frau verstummt und sieht mich aus großen blauen Augen an.
Jetzt oder nie.
Und darum tue ich es.
Grace' Lippen schmecken angenehm süß. Und sie sind weich. So unendlich weich...
Ich küsse sie zärtlich. Langsam. So gefühlvoll wie ich nur kann.
Und plötzlich erwidert Grace den Kuss. Für einen wunderschönen, kostbaren Moment.
Dann aber zieht sie sich erschrocken zurück und starrt mich fassungslos an.
Mein Herz hämmert wie wild in meiner Brust.
Oh Gott! Was habe ich getan!?
„Das ist also der Grund."
Grace' Stimme ist heiser. Und in ihren blauen Augen steht ehrliche Verletztheit.
„Was meinst du?", erwidere ich leise und in meinem Magen bildet sich kalte Angst.
„Darum hilfst du mir. Und darum kümmerst du dich so bereitwillig um Jake und Lily. Du hast dich in mich verliebt", sagt Grace noch immer fassungslos und drückt bestimmt gegen meine Brust, sodass ich zurückweichen muss. Und ich lasse es zu.
„Grace, ich...ich wollte es dir schon früher sagen aber ich-...ich habe mich nicht getraut. Ich wollte dich nicht verlieren. Und auch die Kinder nicht. Ich mag Lily und Jake sehr gerne. Und...den kleinen Wurm.
Es- es tut mir ehrlich leid. Du hattest die Wahrheit schon viel früher verdient. Ich...geh dann jetzt wohl besser."
Mit hängendem Kopf verlasse ich die Küche und greife im Flur schweren Herzens meinen Rucksack.
Grace steht noch immer geschockt in der Küche und bewegt sich nicht.
Ich hätte es ihr viel früher beichten müssen. Und sie nicht einfach so küssen dürfen.
Und trotzdem. Das gerade war der schönste Kuss meines Lebens.

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