03| Kopfchaos

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»Hey, Tildi. Wie geht es dir, mein Schatz?« Beim Klang der Stimme meines Vaters, entspannte sich mein Körper augenblicklich. Sie war kratzig, gleichzeitig sehr sanft. Und sie erinnerte mich an meine Kindheit. Im Guten wie im Schlechtem.

»Hallo, Papa. Bei mir ist alles gut und bei dir?«

Am liebsten hätte ich ihm von der gestrigen Panikattacke erzählt. Als ich in meine kleine Wohnung trat und realisierte, dass das was mir am meisten bedeutet hatte, nun nichts mehr als eine matschige Pampe aus Papier war. Dass die letzten handgeschriebenen Worte meiner Mutter, nun verschwunden waren. Und ich Schuld daran gewesen war.

Ich hatte zitternd über zehn Minuten auf dem kalten Boden gesessen. Die Arme um meine angewinkelten Knie geschlungen, den Kopf darauf abgelegt. Tränen flossen, bis meine Schminke vollständig verlaufen war. Irgendwann, ich hatte das Zeitgefühl verloren, schaffte ich es mich zu beruhigen.

Mit einem Tee und einer XXL- Schokoladentafel legte ich mich in mein Bett, zog mir meine Kopfhörer auf und las einen Roman, den ich gestern angefangen hatte. Er war unfassbar gut geschrieben und die Geschichte war spannend, selbst der Plot Twist war toll, aber richtig konzentrieren konnte ich mich nicht. Zum Glück schlief ich früh ein, und wachte irgendwann morgens auf. Die Sonne schien grell durch die Vorhänge in mein Gesicht und meine Augen waren angeschwollen. Und dann klingelte auch schon mein Handy.

Wie auch immer, ich wollte Papa nicht noch zusätzlich mit meinen Problemen belasten. Mit meiner psychischen Gesundheit. Er hatte genug mit seinen eigenen inneren Dämonen zu kämpfen. Da brauchte ich ihm nichts vorjammern. Ich war nicht mehr die kleine Zehnjährige, die ihrem Vater heulend am Bein klammerte und um seine Aufmerksamkeit buhlte.

Damals war er nur sehr selten zu Hause. Er arbeitete bei einem großen Unternehmen und war durchgehend auf Geschäftsreisen. Meistens kam er nur am Wochenende zu meiner Mutter und mir zurück.
Als jüngeres Kind hatte mich das nicht sonderlich gestört. Ich hatte meine Mutter, die mir alles bedeutete. Sie war diejenige, die mir jeden Abend vorlas, mir am Morgen duftende Pfannkuchen mit Schokoladensauce backte und mit mir in den Urlaub fuhr. Aber je älter ich wurde, desto mehr vermisste ich Papa. Ich wollte ihn gern in der Zuschauertribüne bei meinem Volleyballtunier sehen, ihm von meinen Lieblingsbüchern erzählen und seinen Geruch von Meersalz inhalieren.

Irgendwann, ich war ungefähr sechzehn, kam er aus dem nichts in den Ferien nach Hause. Er stand dort, grinsend vor der Tür mit einem riesigen Strauß duftender Sonnenblumen und Büchern in der Hand. Ich fiel ihm kreischend um den Hals, während Mama lächelnd auf der Verandaschaukel saß. Er wirbelte mich herum und ich lachte wie schon ewig nicht mehr.

Und Papa blieb lange. Für Wochen. Meinte, er würde nun von hier aus arbeiten. Nicht eine Sekunde hinterfragte ich das. Ich war blind vor Glück.
In dieser Zeit unternahmen wir viel. Ich war überglücklich, genau wie meine Mutter. Sie strahlte ständig und und summte ihre Lieblingssongs beim kochen. So war das immer, wenn Papa zu Hause war. Einmal holten die beiden mich sogar aus einer Matheklausur heraus, um gemeinsam ins Disneyland zu fahren. Immer öfter durfte ich die Schule schwänzen. Jedes Wochenende machten wir Kurztrips. Besuchten meine Großeltern, kauften meine getigerte Katze Lille und unternahmen die tollsten Dinge. Mein Leben war großartig, bis ich es irgendwann bemerkte.

When I saw her smileWo Geschichten leben. Entdecke jetzt