38| Die Karten des Schicksals

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Oscar und ich saßen auf der Dachterrasse. Nur eine halbe Stunde später, nachdem ich Papas Zimmer verlassen hatte. Wir holten uns in der Cafeteria etwas zu trinken und fuhren ohne langes Überlegen hier her.

Schweigend saßen wir Schulter an Schulter auf einer schwarz lackierten Bank und starten in den sich langsam orange verfärbenden Abendhimmel, beobachteten den Verkehr unten und hörten im Hintergrund die Sirenen von Krankenwagen.

Morgen würde Oscar zurück nach Kopenhagen fahren. Ich hatte ihn dazu überredet bekommen, obwohl er noch länger bleiben wollte. Aber das ging nicht, weil er in drei Tagen eine Vorprüfung für eines der wichtigsten Examen seines Studiums schreiben würde. Also befahl ich ihm mehr oder weniger, gefälligst zurückzufahren. Ich sagte ihm, ich würde das hier alles hinbekommen. Und langsam glaubte ich sogar daran.

Ich trank einen langen Schluck des gekühlten Eiskaffees und sah Oscar dann an, prägte mir seine Gesichtszüge ein, in die ich mich verliebt hatte.

»Und, wie war es?«, fragte er, drehte seinen Kopf zu meinem. Nur wenige Zentimeter trennten uns. Mein Herz war am brechen. Wieder und wieder.

»Gut. Er hat zugegeben, nicht nach Hilfe gefragt zu haben, als er sie benötigte. Und er wird sich eine Klinik suchen, in der er endlich gesund werden kann. Rosa wird ihn dabei unterstützen. Sie liebt ihn. Und er liebt sie.«, murmelte ich und starrte auf meine Hände.

»Das freut mich so, Tilda«

Tilda.

Wie ich es vermissen würde.

»Danke« Ich rutschte noch näher zu ihm, nahm seinen Geruch wahr. »Hey, ich möchte mich bei dir bedanken. Ich war unfair zu dir, damals, als ich einfach aus der Wohnung gestürmt bin, gesagt habe, ich könnte das mit uns nicht mehr.«

Oscar nickte nur nachdenklich. Er ahnte, was kam.

»Es war falsch, und dafür möchte ich sagen, dass wenn ich die Zeit zurück drehen könnte, ich es anders machen würde.« Ich holte tief Luft.

»Und danke, das du bei mir warst. Ich habe nicht die geringste Ahnung, wie ich das hier ohne dich überstanden hätte. Du warst mein Anker, mein Ruhepol.« Ich wollte nicht weinen. Aber meine Augen brannten verräterisch. Verdammt, ich war viel zu nah am Wasser gebaut.

»Natürlich habe ich das gemacht« Oscars Worte wirkten so aufrichtig, so ehrlich, dass es mir kurz die Kehle zuschnürte.

»Oscar« Ich griff nach seiner Hand und krallte mich beinahe fest. »In den letzten Monaten hast du mir beigebracht, was es heißt, nicht täglich in seinem Kummer zu versinken. Du hast mich, obwohl du es nicht mal wusstest, aus einem dunklen Loch gezogen. Wegen dir konnte ich endlich wieder lachen und lernen, was es bedeutet sein Leben zu lieben.«

»Dafür... bin ich dir so unendlich dankbar.«, stieß ich hervor und griff seine andere Hand ebenfalls.

»Ich bin dir auch dankbar, Matilda. Seit dem ersten Mal im Café, als du über dein Buch gelacht hast, wusste ich, dass ich dich unbedingt kennenlernen muss. Dann kamen die ganzen Treffen, die Dates am Strand, die Geschichte mit Jacob. Scheiße, ich war vielleicht eifersüchtig. Mit dir habe ich einige der schönsten Erinnerungen gesammelt. Dafür will ich dir auch danken.« Er lächelte.

»Oscar...«, setzte ich an, und er schien wirklich geahnt zu haben, was in mir vorging, wie es mir ging. Aber wieso auch nicht? Er kannte mich besser als jeder andere.

Er kam mir näher. »Nein, sag es nicht. Lass uns nur noch ein letztes Mal...«

»Ja. Noch ein letztes Mal...«

Unsere Lippen trafen sich sanft. Ich spürte eine Gänsehaut über meinen gesamten Körper kriechen, spürte, wie ich mich voll und ganz fallen lassen konnte.

Unser Kuss war nicht energisch, nicht drängend. Er war eher einer dieser verzweifelten, dramatischen Abschiedsküsse, wie er in Büchern beschrieben wurde.

Oscar legte seine Hände an meine Wangen, ich wog mich ein letztes Mal in dem Gefühl seiner Berührungen, die ich so genoss. In letzter Zeit war es für mich zu einer Gewohnheit geworden, ihn zu küssen. Doch jedes Mal bekam ich dabei aufs Neue eine Gänsehaut. Jedes Mal wollte ich, dass es niemals endete. Und jedes Mal verliebte ich mich wieder ihn in.

Ich spürte, wie sich seine bewegenden Lippen auf meinen zu seinem perfekten Lächeln verzogen. Ich versuchte mir diesen Moment einzufrieren, ihn in eine Art Erinnerungs- Kapsel zu stecken, die ich jederzeit wieder öffnen könnte. Aber das würde nicht funktionieren. Dieser Moment war einmalig. Er war schmerzhaft, aber wunderschön.

Wir lösten uns voneinander. Sahen uns in die Augen.
Er nahm seine Hände von meinen Wangen. Ich wusste, es war Zeit es ihm zu sagen.

»Oscar, auch ich werde mir Hilfe suchen gehen. Mir geht es nicht gut, und bevor ich tiefer falle, werde ich alles tun um das zu verhindern. Das bedeutet allerdings auch, dass ich mich voll und ganz auf mich selbst konzentrieren werde. Ich möchte Kopenhagen für eine Zeit verlassen, mein Studium pausieren und all die letzten Jahre in Ruhe verarbeiten. In meinem Tempo, in meiner Weise.«

Ich redete weiter:»Ich war so beschäftigt mich um Papa zu kümmern, um alle anderen, dass meine Panikattacken und alles drum herum schlimmer geworden sind. Ich weiß, dieses Ereignis wird sicherlich noch vieles verschlimmert haben, also muss ich jetzt selbstsüchtig sein und diese Entscheidung treffen.«

Jetzt musste ich es aussprechen. Ich holte Luft. »Ich kann in der kommenden Zeit keine Fernbeziehung führen, das weißt du. Genauso wie du weißt, das ich im Moment überhaupt nicht in der Lage bin, das mit uns aufrecht zu erhalten, weil mich zum Beispiel solche Ereignisse zu schnell aus der Bahn werfen. Ich will nicht, das dich all das beeinflusst. Das hast du nicht verdient.«

Tränen liefen meine Wangen herab. »Oscar, ich liebe dich, und genau deswegen muss ich diesen Schritt machen und mich von dir trennen, um zu mir zu finden und mit allem klar zu kommen. Ich kann das kaum erklären, aber ich hoffe so sehr, dass du es verstehen kannst.«

Oscar schwieg. Eine ganze Weile. Bis er sagte:»Es ist in Ordnung Matilda. Ich liebe dich auch, mehr als ich es beschreiben kann. Genau deswegen will ich das Beste für dich. Geh aus Kopenhagen weg, such dir die Hilfe, die du brauchst, und verarbeite.«, sagte Oscar und nickte und versuchte zu lächeln, scheiterte aber. »Und wenn du mal eine Schulter zum anlehnen brauchen wirst, werde ich es sein.«

»Danke. Für alles. Ich werde das machen... Ich will das alleine schaffen und werde es auch.«, meinte ich und er lächelte.

»Ich bin stolz auf dich, Tilda.«

»Oscar, noch eine Sache. Du sollst nicht auf mich warten, okay? Leb dein Leben, bitte. Genieß jeden Augenblick, verfolge deine Träume und tu was immer du für richtig hältst.« Es klang beschissen, weil ich ihn verletzte, aber ich musste es sagen.

»Ich werde mein bestes geben.« Er lachte schroff.
»Und dann, naja, werden wir sehen wie das Schicksal die Karten für uns mischt, was?«

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When I saw her smileWo Geschichten leben. Entdecke jetzt