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Peinlich berührt steuerte Christian ebenfalls auf den Gartentisch und den Grill zu, wo sich mittlerweile auch die Gastgeberin und Smilla, ihre älteste Tochter, eingefunden hatten. Er ließ seinen Blick etwas zur Seite schweifen.

Robert saß auf einem klapprigen Klappstuhl und fächelte mit einer alten Zeitung Luft ins Feuer, auf seinem Bein hockte Frida und strahlte vor Freude, bei so einer coolen Sache dabei zu sein. Stolz winkte sie Christian heran: "Schau mal!" Dann zeigte sie, wie sie ganz alleine, mit etwas Hilfe von Robert, ein neues Stück Brennholz in die Glut legte. Christian redete ihr begeistert zu und versuchte die Tatsache zu ignorieren, dass Robert Habeck keine dreißig Centimer von entfernt war. Er konnte fast schon dessen Körperwärme an seinem Arm spüren.
Das beunruhigte Christian auf eine gewisse Art und Weise, jedenfalls war er mit einem Mal sehr angespannt.

Während die anderen drei sich daran machten den Tisch zu decken, stand Frida zwischen den beiden Männern und beobachtete fasziniert, wie das Gemüse und die Würstchen über der Hitze brutzelten. Christian war mindestens genauso fasziniert von den Flammen wie die Sechsjährige, daher erschrak er sich etwas als Robert ihm die Grillzange in die Hand drückte und mit einem "Mach' du mal hier weiter" verschwand. Er hatte gar keinen Protest einlegen können, plötzlich lag die volle Verantwortung für ihr Abendessen einzig und allein bei dem Finanzminister der Bundesrepublik.
"Wie lange brauchen die denn noch?" drängelte Frida und schaute Christian mit großen Augen an. Der wusste nicht so recht, was er sagen sollte. Immerhin ließ er sich zu Hause entweder von Franca oder ihrem privaten Koch verwöhnen. Und vom Grillen hatte er sowieso keine Ahnung - sein Dogma war ja schließlich:
Lieber Kampen statt Campen!

Aber seine Unwissenheit wollte er sich hier nicht anmerken lassen, nicht vor Frida und schon garnicht vor Robert. Wie kam er denn jetzt schon wieder darauf? Naja, mehr oder weniger professionell drehte Christian die Würstchen um und befand sie für fertig.
Am großen Gartentisch fanden alle Platz; Annalena an der Stirnseite, zu ihrer linken Robert neben dran Frida; zu ihrer rechten Smilla und Linda. Der Messias saß an der anderen Stirnseite.
Nachdem sie das Tischgebet gesprochen hatten war erstmal Stille. Bissen um Bissen wanderte in ihre Bäuche. Christian beobachtete heimlich die anderen, die beiden Kinder schlungen ihre Mahlzeiten nieder als gäbe es keinen Morgen, Annalena trank gerade einen Schluck Weißwein und Robert...

Ja Robert... der schnitt gerade sein Gemüse klein und schob sich eine volle Gabel davon in den Mund. Oh Gott Christian? Christian!! Hör auf zu starren!! So hatte er ihn ja noch nie betrachtet.
Peinlich berührt nahm auch Christian einen großen Schluck Wein, starrte auf seinen halb-vollen Teller. Würstchen, dass es sowas überhaupt in einen Grünen Haushalt geschafft hat? Das hätte er nicht erwartet. Wobei, Robert und Frida waren die einzigen, die sich kein Würstchen gegönnt hatten. Christian schmunzelte, Frida war doch ganz schön keck, er mochte sie, aber unter dem ganzen grünen Einfluss hier...

Wie er die beiden Vegetarier so betrachtete fielen ihm wieder Roberts Augen in den Blick. Moment... Genau wie die von Frida... Christian schluckte, bei genauerem Hinsehen konnte er auch feststellen, dass ihre Gesichtszüge sich doch recht ähnlich waren... Das kann nicht sein...
Linda hatte wohl etwas lustiges gesagt, denn alle fingen an zu lachen.
Ach du heiliger Markt... Christian stockte der Atem, was hatte er da nur entdeckt...

"Christian schau' doch nicht so kartiert, das war doch nur ein Witz..." lachte Linda ihn an. "Hm ja..." Och Mann, was war denn jetzt schon wieder?? Was hatte er da verpasst? "Alles gut..." einfach Lächeln und Nicken. Das hatte ihn schon in unzähligen Situationen gerettet.

Dieses Lindner-Lächeln... Robert bemerkte, wie die Röte in seine Wangen stieg, schnell versteckte er sich deshalb hinter seinem Glas. Was guckte ihn Christian denn auch die ganze Zeit so an. Einerseits genoss er es ja die Aufmerksamkeit von der FDP-Ikone zu haben, andererseits... ich will garnicht wissen, was in seinem Kopf vor sich geht...

Annalena schaute in die Runde und riss die beiden Männer sowohl aus ihrer Starre als auch aus ihren Gedanken: "Mensch Christian, jetzt erzähl doch mal von deiner Verlobung! Herzlichen Glückwunsch erstmal!"
Auch Linda schloss sich an, die beiden Frauen lauschten gespannt seiner Schilderung. "Wie süß..." "Ach" "Du alter Romantiker" waren nur einige der Dinge, die Annalena und Linda einwarfen.
Christian redete immer noch weiter aber sein Blick schweifte wieder zu Robert. Frida beugte sich gerade zu ihm rüber, sie zog an seinem Ärmel und flüsterte ihm etwas ins Ohr.

Wenn man die beiden so sieht... die sehen aus wie Vater und Tochter...

SYLT. Die Vermählung des MessiasWo Geschichten leben. Entdecke jetzt