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Annalena rief an und erklärte, dass sie ihre Töchter am Nachmittag bei Robert abholen könnte.
"Müssen wir wirklich schon gehen?" fragte Frida Christian mit großen Augen, doch bevor der etwas sagen konnte bekam sie von Robert die Antwort: "Ja, wir können Christian nicht ewig belagern." Sein Herz zog sich zusammen als er seinen Namen aussprach und er riskierte einen Blick zu dem Blonden. Diese blauen Augen sagten ihm soviel und auch nichts. Christian schaute weg.
"Na gut, aber du kommst uns ganz bald besuchen, oder?" wollte die Kleine wissen. "Klar" lächelte er und nickte Smilla zu, er hatte die Sache nicht vergessen. Sie verabschiedeten sich, die Schwestern umarmten den Messias noch kurz und polterten dann mit Robert die Treppe runter. Mit einem Taxi fuhren sie zu seiner Wohnung, das E-Auto stand ja immer noch an der Grundschule.
"Duu Robi?" begann Frida, als sie alle in Roberts Wohnzimmer hockten. "Du hast Christian ja garnicht umarmt? Da war er bestimmt traurig" "Mhh das hab ich wohl vergessen..." meinte der ältere nur und hoffte, dass man seinen Schmerz unter dem Lächeln nicht sah.

"Schaatz! Da bin ich wieder!" Die Stimme seiner Verlobten riss Christian aus seinen Gedanken, er gab ihr einen dicken Kuss als sie sich neben ihn auf die Couch fallen lies. Das ist richtig so, dachte er sich und zeigte Franca, was er gerade machte. Hochzeitsplanung. Sie war sofort Feuer und Flamme und so verbrachten sie das restliche Wochenende damit, diesen besonderen Tag zu planen.

Der Montag war der schlimmste Tag seit langem. Anders konnte man es nicht in Worte fassen, Christian hing vor seinem Schreibtisch und tippte lustlos auf seinem MacBook herum. Konnte man all die Steuern nicht einfach abschaffen? Dann hätte er deutlich weniger zu tun, der Markt würde das schon irgendwie für ihn regeln... Und dann gab es noch die Linken, die wegen ihrer dummen Vermögenssteuer herumstressten und die ihn heute schon dreimal deshalb angerufen hatten. Irgendjemand von denen hatte auch einen Termin bei ihm angemeldet. Wer? Keine Ahnung, die waren doch eh alle gleich. Seufzend stützte Christian seinen Kopf in die Hände, konnten die ihn nicht einfach in Ruhe lassen? Als oben nicht schon genug Probleme gäbe... Robert zum Beispiel- Wo kam das denn auf einmal her? Ja Robert... Was war das nur? Einerseits war Christian sauer auf den Grünen, dass er ihre Freundschaft so aufs Spiel gesetzt hatte, andererseits war er sauer auf sich selbst. Wie konnte er den ganzen Tag an den Mann denken, der eigentlich sein Konkurrent sein sollte? Und das, wo er doch so eine hübsche Verlobte zu Hause hatte! Er hatte doch alles und trotzdem fehlte ihm etwas... Es ärgerte Christian, dass er diese dornige Chance hatte verstreichen lassen! Und warum ärgerte ihn das? Das machte ihn nur noch mehr sauer!
Ein Klopfen an seiner Tür lies den Blonden hochschrecken, er murmelte etwas, das wohl "Herein" bedeuten sollte.

Zu seiner Enttäuschung war es nicht Robert, der den Raum betrat sondern die Wagenknecht. Auch das noch! Er seufzte unmerklich und hörte sich ihr Geschwafel an: "...die Reichen enteignen... soziale Gerechtigkeit... die Reichen müssen zahlen..." All diese Fetzen bekam Christian nur so halb mit, da rein und da wieder raus... Er konnte keinen wirklich klaren Gedanken fassen, ständig schweifte er zu Robert ab, das darf doch nicht wahr sein! Er wollte sauer sein auf ihn, er wollte es wirklich. Aber er konnte nicht. Und diese Tatsache trieb ihn zur Weißglut.
Die Linke, die gerade über entgeldfreien ÖPNV redete fuchtelte ihm mit einer Hand vor den Augen rum. "Linder! Hören Sie mir überhaupt zu?" Er räusperte sich: "Selbstverständlich. Dennoch denke ich, wir sollten das Gespräch an dieser Stelle beenden. Wir müssen weg von dieser Gratismentalität, wenn Sie das kapiert haben können wir uns gerne wieder unterhalten." Er stand auf und öffnete die Bürotür, wartete bis die ältere schnaubend verschwand und lies sich zurück in seinen Schreibtischstuhl fallen. Der hatte er es gezeigt, er lächelte in sich hinein. Das verschwand aber sofort wieder als sein Handy Bildschirm aufleuchtete. Er erwischte sich dabei, wie er auf eine Nachricht von Robert hoffte, aber es war nur Franca.

Wird heute etwas später, warte nicht auf mich,
Bussy 💋

Boah! Genervt schob er sein iPhone zur Seite. Jetzt würde er noch länger mit seinen Gedanken alleine sein... Ein Blick auf die Uhr verriet ihm, dass es bereits kurz vor Zehn war. Wie lange hatte er hier bitte gesessen?? Schnell räumte er die wichtigsten Sachen in seine Tasche und machte sich auf den Weg aus dem Bundestag. Die Gänge waren um diese Zeit schon recht leer und Licht brannte auch keines, wegen Energiesparen und so. Im Halbdunkel konnte er eine Gestalt aus machen, die ebenfalls auf den Ausgang zusteuerte.
Robert.
Der blonde blieb wie angewurzelt stehen, aber Robert hatte ihn schon bemerkt und hielt auch an. Für einen Moment trafen sich ihre Blicke, der ältere schien einen Augenblick zu warten, drehte sich dann aber um und lief weiter. Fck Christian! dachte der Jüngere sich, wieso hatte Robert so einen Einfluss auf ihn? Dabei waren sie doch gut fünfzig Meter entfernt voneinander gestanden. Er konnte sich keinen Reim darauf machen.

SYLT. Die Vermählung des MessiasWo Geschichten leben. Entdecke jetzt