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Annalena erzählte etwas von ihrem Wochenende und ihren Töchtern, und dass zwischen ihr und Daniel wieder alles gut war. Robert wusste als ihr bester Freund natürlich Bescheid, dass es zwischen den beiden gekriselt hatte, den wahren Grund dafür hatte sie ihm aber stets verschwiegen. Ganz nach dem Motto: Schweigen ist Reden, Silber ist Gold.
Nachdem sie ihre Erzählung beendet hatte, sah die Brünette ihn fragen an: "Raus mit der Sprache, Robert. Wie geht es dir wirklich?" Unsicher ließ der ältere seinen Blick über die Dachterrasse wandern, wo sie ihre Mittagspause verbrachten. Die Luft war rein, niemand schien sie zu belauschen. Oh Gott Robert, du wirst noch paranoid!

"Alles klar?" unterbrach Annalena seine Gedanken.

"Wir haben uns geküsst." antwortete er leise.

"WAS?" Überrascht schlug die braunhaarige sich die Hände vor den Mund. "WOW! Ich hätte mit Vielem gerechnet, aber nicht damit!" Ihr erstauntes Gesicht wandelte sich in ein warmes Lächeln. "Und?" "Nichts und. Damit hab ich alles nur noch schlimmer gemacht!" seufzte Robert resigniert. "Ich- ich hab ihm gesagt, dass ich auf Männer stehe und dann war er ganz komisch..." "Vielleicht war er einfach überrascht?" warf die jüngere ein. "Ja, aber als er heimgegangen ist hat er mich nochmal geküsst... ach Mann!"
Er erzählte ihr noch die Sache vom Joggen und dass Christian in der Sitzung heute kaum mit ihm gesprochen hatte. Annalena zog Robert in eine freundschaftliche Umarmung und versuchte ihm etwas Mut zu machen: "Er muss sich wahrscheinlich selbst erstmal klarwerden, was er wirklich will, hm? Das ist ja keine einfache Situation, gib ihm doch etwas Zeit zum Nachdenken..."

Abrupt löste sich Robert von ihr und starrte zur Tür der Dachterrasse.

Nachdem Christian in sein Büro geflüchtet und in diesem nervös auf und abgegangen war, hatte er immer noch keinen zufriedenstellenden Entschluss fassen können. Hätte er mit Robert reden sollen? Wenn ja, worüber?
Er könnte ihm ohnehin noch keine vernünftige Antwort geben. Stand er wirklich auf Männer? Christian war sich dabei so unsicher! Das mit Robert war toll, keine Frage. Aber was ist mit Franca?
Diese Frage beschäftigte den Blonden seit Freitag Abend. Generell war es schon total verrückt, dass er überhaupt über sowas nachdachte. Wie es sein würde, wenn er sich für Robert und gegen Franca entschiede.
Verrückt.

Er hatte sein Leben doch im Griff gehabt! Einen guten Job, eine hübsche Verlobte und ein schnelles Auto. Das war alles ok gewesen bis: Robert. Er hatte wie ein Wirbelsturm Christians Leben durcheinander gebracht und alles auf den Kopf gestellt, nicht zuletzt den Liberalen selbst. Sogar beim Porschefahren bekam er jetzt schon ein schlechtes Gewissen wegen Robert!

Seufzend genehmigte Christian sich ein Schlückchen aus dem Flachmann, den er in seiner Schreibtischschublade lagerte. Mittagessen fiel für ihn sowieso flach. Also entschied er sich, noch etwas frische Luft zu schnappen, am besten auf der Dachterrasse des Bundestags, hoffentlich ist da nicht zu viel los.

Christian entschied sich gegen den Fahrstuhl und für die Treppe. Schadet dir ja nicht, sprach die kleine nervige Stimme in seinem Kopf. Ja, ich weiß.

Etwas aus der Puste kam er oben an und öffnete die Türe. Was er dort sah, raubte ihm sofort wieder den Atem.

Robert.

In Annalenas Armen.

Der Blonde machte auf dem Absatz kehrt. Dass die Tür hinter ihm ziemlich laut zu knallte, war ihm gerade herzlichst egal. Schnell lief er die Treppe runter und versuchte vehement standhaft zu bleiben, der dicke Kloß in seinem Hals machte es ihm nicht einfach. Was war aber auch nur los? Mehr oder weniger erleichtert flüchtete der FDPler in sein Büro und ließ sich mit dem Rücken an der Tür herunter auf den Boden sinken. Seinen Kopf vergrub er in seinen verschränkten Armen, die er wiederum auf seinen Knien ablegte.
Scheisse Mann! Das sollte ihn nicht treffen! Und schon garnicht so! Dennoch verließ ein unkontrolliertes Schluchzen seine Lippen. Vergeblich versuchte er die Tränen wegzuwischen, keine Chance.

"Was hast du denn, Robi?" hakte Annalena nach und löste den älteren damit aus seiner Starre. "Christian-" stammelte er, "Christian war gerade da..." "Hä wo denn?" wollte sie wissen und drehte sich ebenfalls in Richtung Tür um. "Er ist abgehauen, als er mich gesehen hat." gab Robert trocken zurück. "Das ist wohl Beweis genug, dass er mich nicht sehen will!"
"Hey, hey..." Annalena versuchte ihn zu beruhigen und legte dem größeren eine Hand auf die Schulter. "Das glaube ich nicht... Vielleicht dachte er ja, dass wir... du weißt schon..."

"Was? Nein! Ich hab ihm das nicht erzählt! Er kann das doch garnicht wissen, es war doch nur ein Mal!"

Annalena senkte ihren Blick, einmal hat auch gereicht...

SYLT. Die Vermählung des MessiasWo Geschichten leben. Entdecke jetzt