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Als Christian am nächsten Morgen sein Handy entsperrte wurde ihm übel, was zum Teil an dem noch nicht abgebauten Alkohol in seiner Blutbahn lag, zum anderen aber daran, was er dort auf dem Bildschirm sehen musste. Er hatte tatsächlich gestern in seinem Rausch eine Nachricht an Robert geschickt. Scheisse man! Das war wirklich unprofessionell!
Sein einziges Glück war gerade, dass er wohl zu dicht gewesen war, um einen ordentlichen Satz zu tippen.

Robetrt ich nusd mit ffrt reden! Icj vdjxxxxyd unnd wgejrik dem dhek adlekk

Genervt stieß Christian die Luft aus seinen Lungen aus. Wie konnte ihm das bloß passieren? Außer "reden" konnte man zum Glück nichts entziffern, nicht mal er selbst wusste mehr, was er eigentlich hatte schreiben wollen. Schnell wollte der Blonde die Nachricht löschen, aber es ging nicht mehr... was bedeutete, dass Robert das bereits gelesen hatte. Verfluchte Scheisse man!!
So blieb Christian also also nichts übrig, als sich mit sehr schlechter Laune auf in den Bundestag zu machen. Er hoffte einfach, dass Robert nicht zur Sitzung kam, oder ihn wenigstens nicht auf diese dämliche Nachricht ansprach.

Grinsend nickte der Grünenpolitiker Annalena zu, als er ihr Büro verließ und sich mit gemischten Gefühlen auf zur Plenarsitzung machte. Einerseits freute er sich für seine beste Freundin, die in der letzten Zeit irgendwie endlich wieder richtig glücklich auf ihn wirkte und ihm ständig von Daniel vorschwärmte. Auf der anderen Seite wurde Robert dabei immer wieder vor die Nase gehalten, wir allein er doch war. Nicht dass er es ihr nicht gönnte, das tat er definitiv.
Aber Robert hätte auch gerne wieder jemand in seinem Leben, mit dem er so glücklich sein konnte, wie sie es eben war.

Christian! schoss es ihm durch den Kopf, nicht wegen dem Thema, sondern weil er seinen Kollegen gerade den Saal betreten sah.
Wobei... Er hatte schon ein paar nette Stunden mit Christian verbracht, was er insgeheim in letzter Zeit vermisste. Und wenn Robert an den einen Abend auf dem Balkon dachte, könnte er sich jedesmal dafür ohrfeigen, dass er den jüngeren nicht einfach geküsst hatte!
Dann wüsste er jetzt wenigstens woran er war...
Aber nein, er war ja so ein Feigling, der sich lieber wochenlang den Kopf (und das Herz) über einen zehn Jahre jüngeren Mann zerbrach.

Er seufzte und wurde schlagartig in die Realität zurück geholt, als Alexander Gauland in ihn reinstolperte: "Mensch Sie Öko! Passen Sie doch auf!" schnaubte dieser, richtete seine Hunde-Krawatte und wackelte dann hinter seinen Parteikollegen in den Saal.
Robert konnte nur den Kopf schütteln, er hatte sich ja garnicht bewegt, die Schuld lag eindeutig bei dem AfDler, aber er hatte jetzt keine Lust auf so eine Streitigkeit. Also lief er auch schnell zu seinem Platz auf der Regierungsbank.

Neben Christian.
Er wagte einen vorsichtigen Blick zu dem Blonden, aber er konnte nichts sagen, weil Kubicki bereits die Sitzung eröffnete. Robert biss sich auf die Unterlippe und starrte in seine Unterlagen, die er alibimäßig auf dem ganzen Tisch verbreitet hatte.
Er musste mit Christian reden! Und diese sonderbare Nachricht, die ihm der jüngere heute Nacht geschickt hatte, gab ihm den Anstoß, dieses Vorhaben nachher auch in die Realität umzusetzen.

"Christian? Hey, warte mal." Es war Roberts Stimme, die hinter ihm durch den Flur des Bundestags hallte. Die Sitzung war gerade vorbei und Christian wollte nur noch in sein Büro, weg von alledem hier. Und für Robert hatte er jetzt auch keinen Nerv, es war schon schwer genug gewesen, die ganze Zeit unmittelbar neben ihm auf der Regierungsbank zu sitzen und so zu tun, als wäre nichts. Dabei war das ja garnicht so!

"Warte doch mal kurz!" rief der ältere nochmal etwas lauter, jetzt konnte Christian beim besten Willen nicht mehr so tun, als hätte er ihn nicht gehört. Abrupt blieb er stehen und drehte sich um, Robert wäre beinahe in ihn hineingestolpert. "Hi, Christian." begann Robert mit einem Lächeln auf den Lippen, eigentlich wollte er den blonden Schönling ja vergessen. Die letzten Wochen hatte er es wenigstens geschafft ihn zu ignorieren, aber jetzt konnte er das einfach nicht mehr aushalten, also sprang er über seinen Schatten.
"Können wir kurz in dein Büro?" Er deutete auf die Tür des FDPlers, vor der sie ohnehin standen. Ohne etwas zu erwidern schloss der jüngere die Tür auf und zog sie hinter seinem spontanen Gast wieder zu.

Noch immer stumm lehnte er sich an seinen Schreibtisch an, während er Robert fragend, nach dem Motto 'Warum nervst du?' ansah.

SYLT. Die Vermählung des MessiasWo Geschichten leben. Entdecke jetzt