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Rückblickend war der Nachmittag extrem schnell vergangen. Der Termin mit Scholz, die Pressekonferenz, anschließend noch ein Meeting im BMF. Christian seufzte, manchmal raste die Zeit einfach. Mittlerweile saß er schon in dem Benz mit den getönten Scheiben und in wenigen Minuten würde er daheim abgeliefert werden. Und dann? War Franca zu Hause? Er wollte sie nicht sehen. Er konnte sich nicht vorstellen, ihr in die Augen zu sehen. Er wollte beileibe nicht daran denken. Nicht, nachdem er sie gestern hintergangen, unweigerlich betrogen hatte.

Nicht dass ihr Streit schon genug gewesen wäre, aber der Verlauf des gestrigen Abends hatte die Sache deutlich komplizierter gemacht. Einen Kuss hätte er vielleicht noch irgendwie unter den Tisch kehren können, aber so?

Christian seufzte abermals. Viel lieber würde er jetzt zu Robert fahren, aber seine Beine trugen ihn bis vor die Tür seiner Wohnung. Mit einem unangenehmen Gefühl im Magen drehte er den Schlüssel im Schloss. Sie würde doch sicher merken, dass etwas anders war. Wenn er selbst bei Scholz schon diese Befürchtung hatte. Und Franca kannte ihn ja deutlich besser. Christian fühlte sich so anders seit gestern. Und das war ja nichts schlechtes. Aber er war eben stark davon überzeugt, dass man ihm das auch ansehen konnte.

Vorsichtig setzte er ein paar Schritte in die Wohnung und sah sich um. Es war komplett still, Franca schien noch nicht da zu sein, was sich nach einem kurzen Blick in jedes Zimmer bestätigte. Das beruhigte den Blonden nun doch etwas, dieser Begegnung wäre er jetzt nicht gewachsen gewesen. Und je mehr er darüber nachdachte, desto nerviger hallten Francas Worte von gestern durch seinen Kopf. Warum konnte er das nicht einfach vergessen? Trotzig schleppte er seinen müden Körper in die Küche und warf einen Blick in den Kühlschrank. Frankas Saftkur, Salat und ein bisschen Gemüse. Toll. Auch wenn er es eigentlich nicht wollte, griff Christian dann doch wieder auf die gute alte Tiefkühlpizza zurück.

Er saß in eine Wolldecke gerollt auf dem Balkon und biss in das letzte Stück Pizza. Wie immer hatte er sich seinen Gaumen an dem Fastfood verbrannt, jedes mal die selbe Scheiße! Fluchend stellte Christian den Teller auf den Boden, melancholisch blickte er in die aufkommende Dämmerung über Berlin. Was wohl Robert gerade machte? Ging es ihm gut? Sie hatten gar nicht darüber geredet, was das zwischen ihnen war. Christians Gedanken überschlugen sich, sein Herz tat so weh! Sein Leben war doch perfekt gewesen! Jedenfalls hätten Außenstehende das behauptet. Und dann war auf einmal Robert in Christians Leben getreten und hatte es auf den Kopf gestellt. Scheiße. Christian kannte dieses Gefühl und genau das machte ihm Angst. Er hatte sich in Robert verliebt. Er vermisste ihn.

Aber es war doch nicht richtig. Es konnte nicht richtig sein. Diese Erkenntnis war schmerzhaft, schniefend wischte sich Christian die Tränen weg. Hätte er sich sparen können, gleich darauf strömten weitere seine Wangen hinab. „Ach Robert..." murmelte er leise. Was hatte Christian nur mit seinem Leben angestellt? Er war kein Betrüger. Zumindest wollte er keiner sein. Aber nach letzter Nacht konnte er nicht leugnen, dass er doch einer war. Schniefend zog der Blonde seine Knie an sich heran und legte seine Arme darum. Die letzten winterlichen Sonnenstrahlen waren mittlerweile endgültig verschwunden, somit saß Christian allein in der Dunkelheit und fror. Vielleicht sollte er reingehen, ins Warme. Aber irgendwie fand er, dass er die Kälte verdient hatte. Die kalte Luft brannte in seinen Lungen, als er tief einatmete. Irgendwann fielen ihm die Augen zu, Kraft hinein in die Wohnung zu gehen hatte er sowieso keine.

Nachdenklich starrte Robert auf den Bildschirm seines Handys. Wieso antwortete Christian nicht auf seine Nachricht? Nachrichten musste man jetzt schon sagen. Er wollte doch nur wissen, ob alles okay war. Robert sehnte sich nach dem Blonden, nach seiner witzigen Art, seinem Duft, seinen Lippen. Und er wollte endlich wissen, was das zwischen ihnen war. Seufzend stand Robert von seiner Couch auf, es wurde langsam Zeit ins Bett zu gehen. 21:10 leuchtete ihm hinter seiner - vorerst - letzten Nachricht entgegen. Bevor er ins Schlafzimmer lief machte er noch einen kurzen Abstecher in die Küche um sich ein Bier zu holen.

Robert schlüpfte unter die Decke. Am liebsten wäre er jetzt noch bei Christian vorbei gefahren und hätte ihn zur Rede gestellt. Er sah beim besten Willen den Grund nicht, weshalb der jüngere ihn ignorierte. Aber das wäre wohl keine gute Idee. Wahrscheinlich war Franca auch da, ganz bestimmt sogar. Was sollte er dann schon groß sagen? „Guten Abend Frau Lehfeldt, ich hatte einen Onenightstand mit Ihrem Verlobten und würde gerne wissen, ob er Gefühle für mich hat." Pah! Robert lachte bitter, die Lage war so scheiße. Warum hatte er sich überhaupt darauf eingelassen? Es war doch absehbar gewesen, dass es weh tun würde. Christian war verdammt noch mal verlobt. Egal wie gut der Sex war, egal wie gefühlvoll ihre Küsse, wie tief ihre Blicke... Robert nahm einen großen Schluck. Christian würde Franca nicht verlassen, da war sich Robert ziemlich sicher, weswegen sollte er ihn sonst so ignorieren? Er wagte es nicht einmal zu hoffen. Er hatte schon genug angerichtet, er war schließlich Schuld daran, dass Christian seine Verlobte betrogen hatte.

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⏰ Letzte Aktualisierung: Oct 14 ⏰

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SYLT. Die Vermählung des MessiasWo Geschichten leben. Entdecke jetzt