Donnerstag: 02. April 2020
„Ach, Baby. Mach es mir doch bitte nicht so schwer.", jammere ich leise vor mich hin und gehe die Treppen herunter, meinen Übergewölbten Bauch haltend. Mein Entbindungstermin war schon vor einer Woche, aber mein Baby lässt sich einfach Zeit. Vorgestern habe ich meine 40. Woche voll gemacht, und wenn mein Baby nicht von alleine kommen möchte, wollen die Ärzte einen Kaiserschnitt machen. Natürlich habe ich ihnen gesagt, dass ich eine normale Geburt möchte, aber wenn das nicht mit meinem Herzen klappen sollte, sind sie für einen Kaiserschnitt Dagegen kann ich auch nichts anderes sagen.
Im Wohnzimmer sehe ich meine Eltern auf dem Sofa sitzen, ihnen gegenüber meine Schwiegermutter, Beyza, Seyyid und ihre Großeltern. Von Samet ist nichts zu sehen. Außer den vielen weißen Tulpen jeden Tag vor der Tür, habe ich nichts mehr von dem Mann gehört, nur dass er hart arbeitet, um seinem Kind etwas zu bieten. Als könnte er das nicht jetzt schon, nachdem er den Vertrag mit Yusuf abi eingegangen ist. Ich hätte ihn jetzt schon gerne an meiner Seite.
„Songül, wir haben gerade überlegt, alle zusammen nach Holland zu fahren, um etwas Urlaub zu machen.", meint auf einmal meine Schwiegermutter, als ich mich neben meine Mutter gesetzt habe. Verwirrt runzele ich die Stirn. Woher kommt das denn auf einmal?
„Wer ist wir?"
„Deine Tanten, Onkel, Seyyid und Beyza, und die anderen Jungs. Yusufs Eltern sind gestern auch angekommen, die würde ich dann auch fragen."
Verstehend nicke ich. Das ist vielleicht eine gute Idee, meine Eltern und auch die anderen haben schon lange keinen Urlaub mehr gemacht. Das würde allen Gut tun. Außerdem ist in zwei Tagen der Todestag meines Schwiegervaters, wo meine Schwiegermutter alle Kraft braucht, die sie aufbringen kann. Genauso wie Beyza, Eymen und Samet. Diesmal wird mich nichts davon abhalten, bei der Trauerfeier dabei zu sein. Egal, was sie sagen.
„Okay, dann ist das geklärt. Ich gebe den anderen Bescheid und mache noch Kleinigkeiten fertig.", klatscht Samets Mutter begeistert in die Hände und erhebt sich Meine Eltern nicken und ebenfalls und stehen mit den anderen auf. Ich bleibe sitzen, meine Füße tragen mich nicht mehr ein Stück weit. Meine Eltern kommen wieder ins Wohnzimmer und quatschen dabei, wie was gemacht wird. Derweil lege ich mich auf das Sofa und schließe meine Augen.
„Songül, mach dich fertig. Wir möchte in zwei Stunden losfahren.", höre ich die Stimme meines Vaters neben mir und öffne wieder meine Augen. Besorgt schaut er mich an.
„Ich komme nicht, Baba. Ich bin viel zu kaputt."
„Dann gehen wir auch nicht. Wir können dich unmöglich alleine lassen. Man weiß nie, wann die Fruchtblase platzt."
„Nein, Baba. Mir geht es gut und der Knirps ist gerade auch sehr ruhig, also könnt ihr mit gutem Gewissen gehen. Ich komme schon alleine klar, sowie letzte Woche.", spreche ich eindringlich und schaue ihm fest in die Augen. Besorgt und nicht ganz überzeugt blickt er mich an, nickt aber einverstanden und steht dann auf, um meiner Mutter in der Küche zu helfen. Solange schließe ich wieder meine Augen und döse ein, bis mich wieder die sanfte Stimme meines Vaters weckt, der leicht an meiner Schulter rüttelt. Verschlafene schaue ich ihm in die blauen Augen.
„Wir gehen jetzt, Songül. Ich habe dein Handy aufgeladen, es liegt neben dir. Wenn etwas sein sollte, rufst du bitte uns oder den Krankenwagen an, okay? Wir fahren nämlich alle nach Holland, keiner wird hier sein."
Verstehend nicke ich und nehme das Handy in meine Hand, während meine Eltern mir Küsse auf die Stirn drücken und das Haus verlassen. Hinter sich schließen sie dir Haustür ab, da ja sonst keiner in den anderen Häusern ist. Ich schließe wieder meine Augen und döse wieder ein. Mein Körper braucht einfach diese Ruhe.

DU LIEST GERADE
Blue Diamonds
Teen FictionImpulsiv, frech und liebevoll zugleich - die perfekte Beschreibung für Songül Yildirim. Sie lässte sich von keinem etwas sagen, setzt ihren Kopf immer durch. Was passiert, wenn sie blauen Diamanten begegnet, die bis in ihre Seele zu schauen scheine...