Lange sitze ich auf dem Boden und kann mich nicht von der Stelle bewegen. Den enttäuschten Blick von Samet werde ich nicht vergessen. Er hat sich tief in mein Herz gebohrt. Egal, wie wir uns gestritten haben, nie hat er mich zu meinen Eltern geschickt. Diesmal habe ich es wirklich vermasselt.
Irgendwann fahren Autos auf das Gelände. Erst als die Stimmen meiner Cousins ertönen, hebe ich meine Blick vom Boden und schaue sie aus verweinten Augen an.
„Was ist passiert, Kleines?"
Burhan abi hebt mich an meinen Schultern hoch und blickt mich fragend an, während Ayaz abi sein Jackett auszieht und es um meine Schulter legt. Erst da wird mir bewusst, dass ich viel zu lange hier draußen stand und mir kalt war.
„Was machst du eigentlich hier?"
„Samet...hat mich hier rausgeworfen.", stammele ich und fange wieder an zu weinen, als ich an Samets Augen denke. Man konnte den Schmerz und die Enttäuschung ablesen, bevor sie eiskalt wurden. Mitleidig werde ich von den Jungs angeschaut, bevor Burhan abi seinen Arm um mich legt und mich zum Haus meiner Eltern führt. Wir betreten das Haus und gehen ins Wohnzimmer, wo meine Eltern auf dem Sofa sitzen. Besorgt stehen beide auf, als sie uns erkennen und schauen mich fragend an. Ich möchte gar nicht wissen, wie ich aussehe.
„Was ist passiert, Songül?"
„Samet hat sie hier rausgeworfen. Warum, wissen wir nicht.", antwortet Burhan abi für mich und setzt mich auf das Sofa. Schmollend schaue ich alle an und fange wieder an zu weinen. Meine Eltern setzen sich jeweils neben mich und legen ihre Arme um ich.
„Ich frage mich, was sie wieder angestellt hat?", flüstert Ayaz abi meinen andern Cousins zu, die dazu nicken. Finster funkele ich sie an, weil ich das ganz genau gehört habe. Schluchzend stehe ich wieder auf und stampfe in mein Zimmer hoch. Laut knalle ich die Tür zu. So etwas muss ich mir von meinen Cousins nicht anhören. Tränen wegwischend stehe ich auf und schaue mich um. Mein altes Zimmer steht noch genau so, wie ich es verlassen habe, nur dass viele meiner Klamotten fehlen und mein Schminktisch etwas leer steht. Um mir etwas anderes anzuziehen, gehe ich in meine Kleiderkammer und nehme mir eine kurze Hose und ein Shirt heraus. Nachdem ich meine Kleidung gewechselt habe, wische ich mir meine Schminke weg und öffne meine Haarklammern. Dann gehe ich zu meinem Bett und lasse mich drauf fallen. Ich weiß nicht wie lange ich lag oder wie viel Uhr wir eigentlich haben, aber irgendwann stehe ich seufzend auf und setze mich auf meinen Schaukelstuhl, der vor meinem Panoramafenster steht. Meine Beine ziehe ich an meinen Körper und stütze mein Kinn an meinen Knien. Aus meinem Fenster kann ich zum Glück auf die Straße schauen, anstatt auf ein Gebäude. Meine Großeltern haben um ihr Haus herum einen Garten erbauen lassen und dort viele Blumen und Bäume einpflanzen lasse. Dazu liegen viele Lichter auf dem Boden und an den Lampen, die herum stehen. So wurde der ganze Garten beleuchtet und breitet einen romantische Stimmung aus. Mein Zimmer liegt so, dass ich einen Teil des Gartens sehen kann, da unser Haus das erste in der Reihe ist. Danach kommen die Häuser meiner Tanten und Onkel. Trotz dieser Uhrzeit sehe ich viele Leute auf der Straße.
Meine Gedanken gehe wieder zu Samet und automatisch fasse ich mir an den Hals. Die Kette, die mein Ehemann mir geschenkt hat – unglaublich, dass das erst vor ein paar Stunden war – und drehe sie um. Auf der Rückseite ist etwas eingraviert, was ich erst jetzt bemerke. Dort ist ein ‚S' mit unserem Hochzeitsdatum eingraviert.
Die Kette lässt meine Augen wieder tränen und im nächsten Moment laufen ein paar Tränen über meine Wangen. Ich habe Samet wirklich verletzt und jetzt hat er mich zu meinen Eltern abgeschoben, damit er mich nicht mehr sehen muss. Anscheinend habe ich es wirklich zu weit getrieben. Wenigstens hat er Seyyid und Beyza nicht erwischt. Also habe ich doch etwas gut gemacht, aber ich weiß nicht, ob es sich gelohnt hat. Zwar bekommt Beyza jetzt keinen Ärger, trotzdem würde ich jetzt gerne bei Samet sein.
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Blue Diamonds
Teen FictionImpulsiv, frech und liebevoll zugleich - die perfekte Beschreibung für Songül Yildirim. Sie lässte sich von keinem etwas sagen, setzt ihren Kopf immer durch. Was passiert, wenn sie blauen Diamanten begegnet, die bis in ihre Seele zu schauen scheine...