Epilog

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20 Jahre später

„Baba, Ümit hat schon wieder ein kurzes Kleid an.", ruft mein 8-jähriger Bruder durch die Gegend und läuft ins Wohnzimmer, während ich schnell meine Highheels anziehe und aus dem Haus raus sprinten wollte.

„Stehen geblieben, junge Dame!"

Ertappt zuckte ich zusammen und bleibe stehen. Gegen diese Stimme kann ich mich nicht widersetzen. „Umdrehen."

Wiederwillig drehe ich mich um und schaue in die gleichen Augen, die ich auch jedes Mal im Spiegel sehe. Streng schauen mich die blauen Diamanten meines Vaters an, während er mich von oben bis unten mustert. Kaan ist so eine Petze. Dabei hätte ich es diesmal fast geschafft, unbemerkt an meinem Vater und an meiner Mutter vorbei zu schleichen.

„Was kann ich für dich tun, Vater?"

„Denkst du wirklich, ich bemerke dich nicht, wenn du versuchst an uns vorbei zu schleichen? Auch noch in diesem Kleid? Halt mich nicht für blöd."

Schnaubend verschränke ich meine Arme vor der Brust und erwidere seinen Blick mit sturen Augen. Jedes Mal die selbe Diskussion. Warum lässt er mich nicht einfach anziehen, was ich möchte? Meine Mutter macht das doch auch, und sie zieht sich freizügiger an als ich.

„An diesem Kleid ist nichts auszusetzen, Ich möchte ganz normal in die Uni fahren. Dankeschön."

Schnell greife ich nach meinen Autoschlüsseln und sprinte aus dem Haus, seine Rufe ignoriere ich und steige in meinen Wagen. Mit Vollgas fahre ich aus unserem Vorgarten in Richtung Uni, wo ich seit einem Jahr Medizin studiere. Anstrengendes Studium, aber dank den Genen meines Vaters, die in meinen Adern fließen, fällt mir mancher Stoff sehr leicht, da ich zum Glück auch Vorkenntnisse gesammelt habe. Vor der Uni parke ich meinen Wagen, den ich mir selber zu meinem 18. Geburtstag gekauft habe, und prüfe mein Aussehen noch einmal vor dem Spiegel. Mein Kleid besitzt keinen tiefen Ausschnitt, alles ist vollkommen verdeckt, nur meine Beine sieht man, weil das Kleid etwas zu kurz ist, aber ich habe trotzdem darauf aufgepasst, dass es nicht ZU kurz ist. Mein Vater übertreibt nur gerne seine Lage. Zufrieden mit mir und meinem Aussehen schnappe ich meine Tasche und verlasse mein Auto. In der Uni gehe ich ohne mich umzuschauen in das Gebäude rein, weil meine Vorlesung schon in 5 Minuten anfängt, und ich hasse Unpünktlichkeit wie die Pest. Diese Eigenschaft habe ich auch von meinem Vater, aber es stört mich ganz und gar nicht. Mein Vater ist ein sehr ehrgeiziger Mann und er hat in seinen jungen Jahren schon eine komplette Firma übernommen und geleitet, bis sie noch erfolgreicher wurde. Deswegen hat dieser Mann meinen Respekt.

Im Saal gehe ich geradewegs auf meinen Platz in der letzten Reihe zu und setze mich einfach auf einen freien Platz. Hier sitze ich schon seit einem Jahr, und das weiß auch jeder. Neben mich setzt sich auch niemand hin, weil nur eine einzige Person dort sitzen darf.

„Huhu, Ümit. Wie geht es dir, Schatzi?", höre ich schon die liebliche Stimme meiner besten Freundin und so etwas wie Cousine zugleich. Kopfschüttelnd hebe ich meinen Kopf von meinem Laptop und sehe in das Gesicht von Merve Ela Keskin, Sila teyzes Tochter. Fröhlich blitzen mich ihre braunen Augen an, als sie ihre ebenso braunen Haare zurückwirft. Sie ist eine richtige Schönheit in meinen Augen. Hat den perfekten Körper und einen perfekten Charakter. Merve und ich waren auf dem Gymnasium die größten Feinde, ich konnte sie nicht ausstehen und sie mich nicht, aber durch ein Ereignis, wo ich ihr und sie mir geholfen hat, sind wir nun die besten Freunde. Meine Mutter und meine Tante haben sich sehr gefreut, als wir unsere Differenzen geklärt haben. Denn immer wenn wir uns begegnet sind, haben wir uns gestritten und geprügelt, wie mein Onkel Eymen jetzt sagen würde.

„Hallo, Hoffnung, kannst du endlich aus deinen Tagträumen aufstehen?"

Verwirrt blinzele ich und schaue wieder hoch in ihr Gesicht, das mich breit anstrahlt. Belustigt zuckte ich mit meinen Schultern und mache ihr Platz, damit sie sich neben setzen kann. Ich sitze immer am Rand, weil ich es nicht mag, neben anderen Menschen zu sitzen. Eigentlich war ich schon immer ein Alleingänger, so wie mein Vater, aber er hatte damals tolle Freunde, die ihm nicht von der Seite gewichen sind. Meine Mutter erzählt mir immer sehr viel aus ihrer Kindheit und auch wie sie sich gefunden haben. Auch wenn nicht ein zurückgezogener Mensch bin, diese Gesichte fasziniert mich immer wieder, und ich liebe es, der Stimme meiner Mutter zuzuhören.

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