„Ich dulde es nicht, wenn du in anderen Armen liegst, Songül!"

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Am nächsten Tag habe ich wieder um 6 Uhr Schicht und auch diesmal fährt Samet mich ins Krankenhaus. Der Tag verläuft wie jeder andere Tag auch. Ich kümmere mich um meine Patienten und esse mit Leo in der Mittagspause. Eigentlich habe ich mich sehr auf den Feierabend gefreut, da Samet mich wieder abholen wollte, doch kurz vor Schichtende kommt Leo auf mich zu und schaut mich entschuldigend an. Das bedeutet nichts Gutes.

„Songül, eine Schwester ist kurzfristig erkrankt. Kannst du...?"

Seufzend nicke ich, da ich genau weiß, was er meint. Ich soll ihre Schicht auch übernehmen. Sonst würde mir das nichts ausmachen, aber Samet und ich sind uns gestern wieder näher gekommen und ich habe mich auch schon darauf gefreut, dass er mich abholt. Jetzt muss ich ihm Bescheid geben, damit er nicht kommt. Außerdem muss ich um 21 Uhr auch irgendwie nach Hause kommen. Früher war das kein Problem. Ich hatte das Auto von meine Vater oder er und meine Cousins haben mich abgeholt. Für die war es kein Problem, aber was ist mit Samet? Etwas geknickt gehe ich in den Pausenraum und hole mein Handy raus. Ich wähle die Nummer von Samet und rufe ihn an. Mit dem Handy am Ohr beiße ich mir auf die Lippe und warte darauf, dass er abnimmt. Schon nach ein paar Sekunden hebt er ab.

„Songül?"

„Hallo, Samet. Ich muss heute länger arbeiten, da eine Kollegin erkrankt ist. Du muss mich also nicht abholen kommen.", rede ich schnell, damit er mich nicht unterbrechen kann.

„Warum übernimmst du die Schicht?", kommt die Frage zurück. Gute Frage.

„Weil ich das schon vorher immer getan habe und Leo ein Freund der Familie ist."

„Das ist mir egal, Darling. Du wirst nicht solange arbeiten!" Seine Worte machen mich etwas sauer. Wenn er länger arbeitet, sage ich auch nichts zu ihm. Warum ist es immer ein Problem, wenn ich etwas mache?

„Doch Samet, das werde ich. Zu dir sage ich ja auch nicht, arbeite weniger. Außerdem ist Leo mein Chef!", brumme ich genervt ins Handy. Einige Zeit kommt nichts von ihm und ich dachte schon, dass er aufgelegt hat, doch dann ertönt wieder seine Stimme.

„Wann hast du Dienstaus?"

„Um 9." Erleichtert, dass er kein großes Drama daraus macht, entspanne ich mich und seufze leise.

„Ich hole dich ab."

Ohne mir die Möglichkeit zu geben, mich zu bedanken, legt er auf. Seufzend tue ich mein Handy zurück in meine Tasche und verlasse den Raum. Schließlich muss ich mich weiter um die Patienten kümmern. Bevor ich zu meiner nächsten Patienten gehe, mache ich mir schnell noch einen Kaffee, den ich austrank und dann zur nächsten Patienten gehe. Frau Meyer ist eine 60-jährige alte Frau, die eine Operation an ihrem Knie hatte, da sie nicht richtig laufen kann. Ich betrete ihr Zimmer und sehe sie auf ihrem Bett liegen. Lächelnd gehe ich auf sie zu.

„Wie geht es ihnen heute?"

„Mir geht es gut, mein Kind. Nur schmerzt mein Knie etwas."

„Ich gebe ihnen gleich eine Schmerztablette, dann wird es besser."

Ich kontrolliere ihren Blutdruck und hole ihr dann eine Schmerztablette. Sie bedankt sich lächelnd und ich kümmere mich weiter um die anderen Patienten. Kurz vor Schichtende überkommt mich eine Müdigkeit, sodass ich mir wieder einen Kaffee mache, doch er wirkt nicht so wie er sollte. Ich gehe in den Pausenraum und lege mich auf das Bett, da ich sowieso nur noch fünf Minuten habe. Da macht es auch keinen Unterschied, wenn ich kurz meine Augen schließe.

Schon seit zwanzig Minuten steht er draußen und wartet auf seine Ehefrau, doch von ihr ist keine Spur zu sehen. Ungeduldig tippt er mit seinem Fuß auf den Boden, ehe er sich von seinem Auto abstößt und das Krankenhaus betritt. Im vierten Stock schaut er sich suchend um, doch kann sie nirgendwo finden. Ohne jemanden zu beachten, geht er auf den Pausenraum zu, wo er sie das letzte Mal auch gefunden hat. Wie zu erwarten liegt sie auf dem kleinen Bett und scheint zu schlafen. Ihre Augen sind geschlossen und ihr Atem geht regelmäßig. Er geht näher auf das Bett zu und kniet sich zu ihr runter. Unbewusst hebt sich seine Hand und streicht über ihre schwarzen Locken. Als sie sich kurz bewegt, zieht er seine Hand zurück und schaut sich nach ihren Sachen um. An einem Spind steht ihr Name -zwar noch als Songül Yildirim- aber es ist ihrer. Er holt ihre Tasche dort heraus und hebt den zierlichen Körper auf seine Arme, wodurch sei sich wieder regt und die Augen etwas öffnet.

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