„Du bist so herzlos. Ich hasse dich..."

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Dienstag: 19.März 2019

Drei Tagen sind es jetzt her, seit ich wieder einen Aussetzer hatte und Samet die ganze Wahrheit gebeichtet habe. Abends liegen wir immer lange wach und ich erzähle ihm noch kleine Nebensachen, wie zum Beispiel, woher die Alpträume kommen, wie Magersüchtig ich nach einer Weile war oder wie oft ich andere Mobber verprügelt habe. Wegen meinem Aussetzer habe ich wieder unzählige Wunden an den Armen, die Samet jede einzelne verbunden hat. Der Rest der Familie erfuhr auch grob, was in meiner Vergangenheit passiert ist, damit sie auf mich aufpassen können. Deshalb achten sie permanent darauf, dass ich auch genug aß, als würden sie mich mästen wollen. Samet konnte mich deswegen auch beruhigt zu Hause lassen. Auch erfuhr ich von Samet, dass er am Freitag Sila angerufen hat, um sie nach Rat zu fragen, da er mein Verhalten nicht verstand und ich ihm nichts erzählen wollte. Gestern bekam ich auch einen Anruf von ihr, wo sie mir über 20 Minuten eine Predigt gehalten, was für ein Trottel ich bin und so weiter. 

Mittlerweile geht es mir auch wieder besser und komische Komplexe habe ich auch nicht mehr. Das verdanke ich meinem Ehemann und seiner Familie, die sich gut um mich kümmern. Leider darf ich wegen Samet nicht in die Firma oder sonst wohin, da er meint, ich müsse mich ausruhen. Deswegen bin ich schon seit zwei Tagen zu Hause und mache gar nichts. Dabei war mir die ganze Zeit über langweilig. In diesen zwei Tagen wurde ich weder von meiner Schwiegermutter noch von Beyza aus den Augen gelassen. Beide überwachen mich wie einen Knacki, die jeden Moment ausbrechen kann. 

Die meiste Zeit sitze ich auf dem Sofa, eine Decke um mich gewickelt und schaue Fernsehen, genau wie jetzt auch. Auf dem Tisch steht eine Kanne Tee und eine Tasse, die ich austrinke. Meine Schwiegermutter ist bei Samets Großeltern, während Beyza am Esstisch sitzt und versucht zu lernen. Sie darf immer noch nicht in die Uni. Samet wartet darauf, dass sie ihn danach fragt. Er nennt es eine geeignete Strafe für sie. Wenn er meint.

Seufzend erhebe ich mich etwas von Sofa, weshalb Beyzas Kopf sofort zu mir ruckt. Fast hätte ich die Augen verdreht. Die tun so, als würde ich jeden Moment weglaufen. 

„Wohin, Yenge?"

„Ich wollte mir nur etwas zu essen holen, Beyza. Alles ist gut."

Unter ihrem skeptischem Blick gehe ich in die Küche und suche etwas im Kühlschrank, was ich essen kann. Überlegend schaue ich jedes Regal durch, finde aber nichts richtiges, weswegen ich den Kühlschrank wieder schließe. Dann höre ich auf einmal diie Haustür aufgehen und schaue auf die Uhr. Es ist schon 18 Uhr. Das muss Samet sein. Eymen wollte heute mit seinen Cousins raus. Immer wenn Samet nach Hause kommt, fragt er zu aller erst wo ich gerade bin. So wie jetzt auch. 

„Wo ist Songül?"

„In der Küche, Abi.", antwortet ihm Beyza. Schnell verstecke ich mich hinter dem Tisch, damit er mich nicht direkt sehen kann. Ich so auf seine Reaktion gespannt, wenn er mich nirgends findet. Ich höre seine Schritte und im nächsten Moment steht er neben mir, sodass ich mich erschrecke. 

„Hältst du mich für blöd, Darling?", belustigt schaut er zu mir runter, weshalb ich mich schmollend erhebe. Ich dachte echt, er fällt darauf rein. Schade, ich hätte zu gerne gesehen, wie er reagiert hätte.

„Also wenn du mich fragst...", spielerisch schaue ich in sein Gesicht und lächele ihn breit an. Schnaubend schlingt er seinen Arm um mich und zieht mich dicht an sich. Zufrieden lege ich meine Hände auf seine Brust und spiele an seinem Kragen. Heute trägt er wieder einen blauen Anzug, der ihn wieder sehr attraktiv aussehen lässt. Da kann ich glatt eifersüchtig werden, wenn ich daran denke, wie viele Frauen ihn heute angestarrt haben. Zum Glück gehört er ja nur mir alleine.

Bevor er sich runter beugen und seine Lippen auf meine drücken kann, hören wir ein schüchternes Räuspern und drehen uns verwundert um. Beyza steht verlegen an der Tür und schaut uns lächelnd an. Anscheinend möchte sie etwas von uns, sonst würde sie uns niemals unterbrechen. Fragend hebt Samet eine Augenbraue, ich löse mich etwas von ihm, damit sie nicht so verlegen schaut.

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