„Kannst du deine Finger nicht von anderen Männern lassen?"

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Freitag: 07.Dezember 2018

Es sind drei Tage vergangen, seit wir bei meinen Eltern zu Hause waren. Seitdem war ich den ganzen Tag in dem großen Haus der Zaferoglus und langweile mich. Samet geht früh morgens zur Arbeit und kommt am Abend wieder, wo wir gemeinsam essen und dann zusammen auf dem Sofa sitzen. Zwar redet er nicht, aber dass er neben uns sitzt ist schon gut. Trotzdem ist mir immer sehr langweilig. Ich könnte mit in die Firma gehen, doch da langweile ich mich auch. Warum habe ich mir nur eine Woche Urlaub genommen? Das habe ich ja nur getan, damit ich mich an die Situation gewöhne und Zeit mit Samet verbringe, um ihn näher kennenzulernen, doch mein toller Ehemann war den ganzen Tag am arbeiten und spricht kaum ein Wort mit mir. Wenigstens lenkt mich meine Schwiegermutter ab, die es liebt, mich in jeder Situation zu kritisieren und wir deshalb jedes Mal eine neue Diskussion anfangen. Es stört mich nicht, da ich eine Frau bin, die sich verteidigen kann. Manchmal habe ich sogar das Gefühl, dass meine Schwiegermutter es genoss, wenn ich ihr Wiederworte gebe. Wenn ich mich genervt zu ihr drehe, denke ich immer, dass ich ein Lächeln auf ihren Lippen sehe, doch es verschwindet immer sehr schnell. Vielleicht ist sie doch nicht so schlimm, wie gedacht. Mit Eymen verstehe ich mich auch sehr gut, auch wenn er mich immer noch in jeder Situation ‚Yenge' nennt und mich das etwas ärgert. Die einzige, die sich von mir fernhält ist Beyza. Wir haben uns am Anfang gut verstanden, doch sie ignoriert mich schon fast. Wir unterhalten uns gar nicht, da sie mich immer abwimmelt oder einfach an mir vorbei geht. Ihr Verhalten verwirrt mich, aber ich gehe nicht darauf ein. Wenn sie etwas auf dem Herzen hat, wird sie schon mit mir reden.

Am dritten Tag sitze ich vormittags auf dem Sofa und schaue eine Serie, da ich nichts anderes zutun habe. Ich fühle mich, als wäre ich eine Gefangene, da ich seit Tagen nicht aus dem Haus komme. Nicht einmal ein Auto habe ich. Plötzlich höre ich wie die Haustür aufgeht und setze mich verwirrt auf. Wer kann das denn sein? Meine Schwiegermutter ist doch eben erst aus dem Haus gegangen. Sofort stehe ich auf, als ich Rabia und Arzu erkenne, Samets Cousinen. Lächelnd begrüße ich sie, was sie mir gleich tun.

„Was machst du hier, Songül? Du arbeitest doch als Krankenschwester, oder?", fragt mich Arzu. Ich schüttele den Kopf und mache eine Handbewegung, damit wir uns hinsetzen. Gleichzeitig lassen wir uns auf das Sofa nieder. Beide schauen mich neugierig an.

„Ich habe mir diese Woche frei genommen, damit ich mich an die neue Umgebung gewöhne. Ich fand es besser, um Samet näher kennenzulernen, aber er denkt das wohl nicht."

Ich zucke mit meinen Schultern und lehne mich zurück, während die beiden mich mitleidig anschauen. Ich brauche kein Mitleid. Ehrlich gesagt werde ich mir auch nie wieder Urlaub nehmen, um etwas gutes für Samet zu machen, da er das gleiche niemals für mich machen würde.

„Mach dir keine Sorgen, Songül. Mein Cousin muss sich auch an die Situation gewöhnen, denke ich.", versucht Rabia mich aufzumuntern, doch es klappt nicht. Samet wollte überstürzt heiraten und hat mir nicht einmal den Grund gesagt. Jetzt ist er den ganzen Tag nicht zu Hause und redet nicht einmal wie ein normaler Mensch. Arzu klatscht auf einmal in ihre Hände und steht auf.

„Wir gehen jetzt shoppen. Du muss einmal raus aus diesem ödem Haus. Shoppen wird dir gut tun."

„Ich mache mich kurz fertig."

Begeistert springe ich auf und laufe schnell die Treppen hoch. Wie gesagt, ich liebe es zu shoppen und mir neue Sachen zu kaufen, auch wenn mein Schrank schon voll ist. Vor meinem Kleiderschrank überlege ich, was ich anziehen könnte. Überraschend schnell entscheide ich mich für ein kariertes weißes Kleid und ziehe es mir über. Dann kämme ich meine Haare und schminke mich etwas. Schnell ziehe ich mir noch meine Chucks an, packe meine Tasche und laufe die Treppen herunter. Arzu und Rabia stehen von ihren Plätzen auf und begeben sich zur Haustür. Ich folge ihnen und mache die Tür hinter mir zu. Wir drei setzen uns in Rabias Wagen und fahren los. Nach 30 Minuten parken wir vor einem großen Kaufhaus und steigen aus. Erstaunt schaue ich mich um. Das Zentrum ist größer als bei uns auf der Seite. Da mein Elternhaus schon 40 Minuten von hier entfernt ist, bin ich auch nie an diesen Ort gekommen, da ich entweder bei uns eingekauft habe oder direkt in eine andere Stadt gefahren bin. Beide hacken sich bei mir unter und ziehen mich in das Einkaufszentrum.

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