Kapitel 20 - Elijah

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Kapitel 20:

Elijah

Auf dem Weg nach unten in die Lobby, kann ich immer noch keinen klaren Kopf fassen. Die anderen warten bereits in der Sitzlounge, als ich unten ankomme. Erst beim genaueren Hinsehen bemerke ich, dass nun auch Kira ein sommerliches Kleid trägt. Es ist das genaue Gegenteil von dem, was Mika anhat. Ihres ist eher wild, hingegen ist das von Kira sanft und zurückhaltend. Ich kann und will mich gar nicht entscheiden, welches davon schöner ist. Allerdings hätte ich nicht gedacht, dass Mika in ihrem schwarzen Kleid so umwerfend aussieht. Sie verblüfft mich jedes Mal aufs Neue.

„Da bist du ja", begrüßen mich die anderen. Ich Lächle in die Runde und setze mich zu meinen Freunden in die Sitzlounge. Leider sind alle Plätze bereits durch die anderen belegt, weshalb meine einzige Sitzgelegenheit, die Armlehne der Couch ist, auf der Jannes und seine Freundin Lilly sitzen. „Wenn jetzt alle da sind, dann können wir ja los. Oder?", drängt Mika regelrecht und steht auf.  und geht an mir vorbei. Dabei geht sie an mir vorbei und schaut mich an, direkt in meine Augen. Ihre bernsteinfarbenen Augen blitzen auf und durchbohren mich. Schon wieder dieser Schauer, der plötzlich auftritt. Wie macht sie das bloß? „Können wir“, antwortet Herr Rosenbach, der auf einmal neben uns steht und verdreht genervt die Augen.

Das ich zugeben muss, dass die Sightseeingtour spannender und schöner war, als beim ersten Mal, hätte ich nicht gedacht. Der Vipe, der dabei ausgestrahlt wurde, war einfach unglaublich. Ich kann nicht genau sagen, woran es lag, aber ich denke, dass meine Mitmenschen einen großen Teil dazu beitrugen. Dennoch bereue ich es nicht, mitgefahren zu sein.

Wir haben uns einen Bus gemietet und sind damit zu unserem ersten Haltepunkt gefahren. Dazu muss ich sagen, dass Herr Rosenbach ein deutlich besserer Fahrer ist, als Herr Reuter. Das hat man hier eindeutig gemerkt.

Die Großstadt verfügt auch über wunderschöne Ecken, die nicht in Form von Gebäuden oder Museen zu sehen sind, in denen man sich entspannen und die Umgebung in sich aufsaugen kann. Einer dieser Orte ist der Vondelpark im Stadtteil Oud-Zuid. Er ist mit rund 47 Hektar nicht umsonst der bekannteste Park von ganz Amsterdam. Hier waren Claire und ich auch ein paar Mal, als wir Urlaub machten. Benannt wurde der Park nach dem niederländischen Dichter und Dramatiker Joost van den Vondel. Er hat im 17. Jahrhundert gelebt und zu einen der bedeutendsten Dichter des Landes gezählt.

Als zweites hielten wir mit dem Bus am Van-Gogh-Museum. Dieser gilt als einer der Begründer der modernen Malerei. Dort befindet sich die größte Sammlung seiner Werke aus der ganzen Welt, was es zu einer wichtigen Sehenswürdigkeit macht. Wir haben nicht geschafft, uns alles anzusehen, da es bestimmt mehrere Stunden gebraucht hätte. Ich selbst war auch zum ersten Mal dort drin und konnte feststellen, dass Mika ein heimliches Interesse an Kunst hat. Wir konnten uns auch teilweise ein wenig darüber unterhalten, was ich nicht gedacht hätte.

Weiter ging es zum Rijksmuseum, die dritte Sehenswürdigkeit auf unserer Liste. Der Name ist niederländisch und heißt übersetzt: Reichsmuseum. Es beherbergt eine Ausstellung aus den Bereichen der Kunst, des Handwerks und der Geschichte. Zudem findet man dort eine Sammlung von Gemälden aus dem goldenen Zeitalter und der kulturellen Blüte. Allerdings muss ich zugeben, dass es nicht die spannendste Besichtigung war, obwohl ich Museen eigentlich ganz in Ordnung finde. Aber man kann es schließlich nicht jedem recht macht. Das ist einfach unmöglich und wäre irgendwie auch langweilig.

Die Orte vier und fünf waren am langweiligsten. Nachdem Museum sind wir erst zur Amsterdam Arena gefahren und dann weiter zu Heineken Experience. Das ist eine niederländische Brauerei, wo sich Herr Reuter und Herr Rosenbach ein Kasten Bier mitgenommen haben. Wahrscheinlich für die Abende, obwohl ich mir sicher bin, dass das etwas viel für die beiden ist.

Nachdem wir eine kleine Verschnaufpause machten und unsere Lunchpakete zu uns nahmen, sind wir zum 6ten Punkt unserer Liste gefahren. Zum Stadtteil Jordaan. Hier kann man in den Einkaufsstraßen Haarlemmerstraat und Haarlemmerdijk nach süßen Shops und Cafés Ausschau halten, was wir auch gemacht haben. Zumindest waren wir in den Shops schlendern und haben dort auch ein paar Sachen geholt, wo niemand von uns widerstehen konnte. Selbst Mika hat etwas gefunden, was ihr zu schmecken scheint. Ich habe in dem Laden immer wieder meinen Blick zu ihr gewendet. Sie hat oft gelächelt. Auf ihren Lippen war fast die ganze Zeit ein zartes Lächeln zu sehen. Ein Lächeln, welches dem von Kira Konkurrenz machen kann. Ernsthafte Konkurrenz. Nur kann man diese beiden nicht miteinander vergleichen. Das von Kira ist sanft, liebevoll und strahlt eine angenehme Wärme aus. Hingegen Mika ihr Lächeln zwar auch eine gewisse Wärme ausstrahlt, aber parallel auch diese unbekannte Kälte an sich hat. Eine Kälte, die mir manchmal einen Schauer über den Rücken jagt, selbst wenn es draußen Warm ist.

Da wir leider aus Zeitgründen nicht noch in eines der Cafés gehen konnten, schlug Claire kurzer Hand vor, dass wir das einfach auf später verschieben. Wir haben Einstimmig entschieden. Auch Mika hat sich miteingebracht. Allerdings weiß ich nicht, ob sie dann letztendlich auch mit dabei ist. Nachfragen wollte ich aber auch nicht, da es schon etwas Anstrengend genug war, in ihrer Nähe zu sein. Ich kann nicht genau beschreiben, warum das so war, aber manchmal da fühlte es sich so an, al würde mich dieses Mädchen in einen Bann ziehen. In einen Bann, aus dem man nur sehr schwer wieder herausfindet. AM schlimmsten jedoch sind ihre Lippen. Sie sind dunkelrosa, was denke ich auch ihre normale Farbe ist. Aber wenn man genauer hinschaut, dann erkennt man, dass sie einen Hauch von Lila in sich haben. Wie bei einem Gift. Ein Giftiger Kuss. Ein Kuss, der einen lähmen könnte. Jetzt fühlt es sich an, als wäre man in einem Märchen und Mika wäre die Antagonistin.

Als nächstes sind wir zu Fuß weitergelaufen, zu den Grachten. So heißen die Kanäle, die sich netzartig durch Amsterdam hindurchziehen. Brücken ermöglichen es, von der einen zur anderen Seite zu gelangen. Oft wird das Wasser auch durch Hausboote genutzt, die an den Straßenrändern anliegen. Auf eine der Brücken, welche mit Bäumen bestückt ist, machten wir auch ein paar Gruppenfotos. Jeder auf dem Bild zeigte ein erfreutes Lächeln. Ein ehrliches Lächeln. Es wird ein schönes Erinnerungsfoto sein.

Das Grachtennetz der Stadt wurde schon ab 1612 angelegt. Sie dienen in den Niederlanden zur Entwässerung, aber auch, wie in Amsterdam, als Transportweg. Rund 100 Kanäle gibt es hier. Die bekanntesten vier Grachten Prinsengracht, Kreizersgracht, Herengracht und Singel, sind zusammen bereits circa 10 Kilometer lang. Das muss man sich erstmal vorstellen. Als ich davon zum ersten Mal hörte, war ich anfangs auch geschockt und konnte es erst gar nicht glauben.

Zu unserer letzten Sehenswürdigkeit ging es dann allerdings wieder mit dem Bus hin. Uns zwar zum Königspalast. Es ist der wichtigste Punkt auf einer Stadtrundfahrt, weswegen wir ihn uns bis zum Schluss aufhielten. Der Paleis op de Dam befindet sich direkt in der Innenstadt, am Namensgebenden Platz de Dam, dem zentralen Hauptplatz dieser Stadt. Claire und ich haben uns den Palast schon damals angeschaut, ihn ein zweites Mal anzuschauen, ist aber auch schön. Immer ein neues Feeling.

Der Königspalast selbst wurde von 1648 bis 1665 nach Entwürfen des Architekten Jacob van Campen errichtet und ist im niederländisch-klassizistischen Stil errichtet. Allerdings sind die Sachen, die mein Dad entwirft, eher im englischen Stil. Jedoch wurde das Bauwerk ursprünglich nicht als Palast, sondern als Rathaus genutzt. Erst ab dem 19ten Jahrhundert nutzt die Königsfamilie es, um Staatsgäste unterzubringen. Nur leider waren wir nie zu Zeiten am Palast, wenn dies der Fall war. Das würde sicher auch aufregend aussehen.

„Wir treffen uns um 17 Uhr wieder hier. Pünktlich", erfahren wir von Herr Reuter, als wir nach der Rundfahrt irgendwo auf einem Parkplatz in der Innenstadt halt machen. Ich schaue mich um und erlange binnen weniger Sekunden die Orientierung zurück. Wir sind in der Nähe von einem Park. Genau der Park, in dem auch meine Cousine und ich schon waren.

Elijah, Kira und das Geheimnis der MitbewohnerWo Geschichten leben. Entdecke jetzt