Kapitel 42 - Elijah

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Kapitel 42:



Elijah



„Mhhhhhh“, stöhne ich leise, als ich aufwache und mich ausstrecke. Es ist schon halb zehn und noch keine Menschenseele zu hören. Mühsam stehe ich auf, hole mir frische Anziehsachen aus dem Kleiderschrank und gehe anschließend ins Bad. Ich habe schon wieder das Glück, allein im Duschraum zu sein, was aber diesmal wahrscheinlich eher an der Uhrzeit liegt. Aber wer weiß, vielleicht kommt ja wieder jemand von den Mädchen hier her, da ja der Wasserdruck bei den Männern, angeblich besser sein soll. Ich ziehe mich aus und gehe unter das warme, angenehme Wasser, welches ich zuvor schon angestellt habe. Es macht mich auf der einen Seite wach und auf der anderen Seite löst es die Verspannungen in meinen Muskeln, damit ich mich entspannen kann.

Da heute der letzte Tag hier in der Herberge ist, lasse ich mir noch einmal mehr Zeit, als ich es eh schon immer tue. Es war wirklich schön hier. Doch so schön wie es auch war, so viele schlimme Dinge sind auch passiert. Allerdings habe ich auch eine wundervolle Person kennengelernt, welche mir schon seit dem zweiten Tag an, nicht mehr aus dem Kopf geht.  Sie hat sich dort wie ein Schlickschlupf aus Harry Potter festgesetzt und macht auch keinerlei Anstalten, da wieder raus zu wollen. Außerdem will ich auch nicht, dass sie aus meinem Kopf verschwindet.

Nach einer Weile stelle ich das Wasser wieder ab, steige aus der Dusche und fange an, mich abzutrocknen. Das duschen tag gut und im Vergleich zu gestern, sind die Schmerzen fast weg. Nur wenn ich mich zu weit drehe oder ausstrecke, zieht es noch etwas in der Brust. Aber das sollte denke ich auch ziemlich schnell vorbei gehen. Nachdem ich mir frische Sachen angezogen habe, bringe ich die dreckige Wäsche noch in mein Zimmer, nur um dann im Anschluss nach unten zu gehen, wo ich hoffentlich auf die anderen stoße.

Im Essenssaal sieht es ebenfalls recht leer aus und kann auf den ersten Blick, noch niemanden meiner Freunde sehen, beziehungsweise von unseren Betreuern. Ich tue mir etwas von dem Frühstücksbüffet auf und stelle unteranderem auch eine Tasse Tee auf das Tablett. Das schöne Wetter nach zu urteilen, befinden sich die anderen höchstwahrscheinlich im Außenbereich, was nach den letzten Tag, schon so eine Art Stammplatz für uns wurde.

„Guten Morgen“, begrüßt mich eine Stimme, welche ich nicht nur sofort zuordnen kann, sondern auch direkt zum Lächeln bringt. „Kira“, antworte ich und kann meine Freude sie zu sehen, nicht verbergen. „Setz dich“, bittet sie mich und deutet mit einem nicken auf den Platz gegenüber von ihr hin. Sie trägt eine Bluse und hat ihre Haare zu zwei Zöpfen geflochten, was wirklich schön aussieht. „Bist du die einzige, die schon am Frühstücken ist?“, frage ich, während ich an meinem Tee nippe. „Ich weiß bloß, dass Claire und Lilly noch geschlafen haben, als ich runter bin“, erklärt sie mir. „Dann werden die beiden bestimmt bald aufkreuzen.

Schon jetzt, wo ich erst seit ein paar Minuten bei ihr am Tische sitze, freue ich mich schon, den Tag mit Kira zu verbringen. „Elijah?“ Ihre Stimme hört sich ganz zart und weich an. Ich schaue sie an und frage anhand meines Blickes, was los ist. „W…Wie bin ich gestern Abend eigentlich… in mein Bett gekommen?“, möchte sie wissen und nimmt dabei einen Löffel voll von ihrem Müsli in sich auf. Diese Frage macht sie sichtlich verlegen. Ich erinnere mich, wie sie nach unserem... Kuss eingeschlafen ist. Ihre Lippen hatten eine leichte Pfirsich Note, was ihm noch das Gewisse etwas verliehen hat. Ich kann nie genug von ihr bekommen, das ist mir jetzt zu 100 Prozent bewusst. „Du bist nach unserem Kuss eingeschlafen“, fange ich an und werde rot. In Gedanken spielt sich dieser Kuss gerade vor meinem inneren Auge ab. „Ich habe uns dann zurück zum Ufer gerudert, wo ich dich dann vorsichtig nach oben trug. Anschließend habe ich dich sanft in dein Bett gelegt, dich zugedeckt und dir noch einen Kuss auf die Wange gegeben.“ Kira wird ebenfalls ein bisschen rot im Gesicht und beißt sich wieder auf die Unterlippe. Eine Geste, welche ich bei ihr süß und verdammt anziehend finde. „D…Das war… echt schön gestern, mit dir am See. I…Ich habe mich noch nie in meinem Leben so wohl gefühlt“, sagt sie stotternd. Wie kann eine Person mit ihren Worten, nur so bezaubernd sein? „Danke. Das bedeutet mir sehr viel“, antworte ich. Doch bevor wir weiter darüber reden können, hören wir auch schon, dass die anderen kommen.

„Ausgeschlafen?“, begrüße ich sie und muss dabei schmunzeln. „Haben wir. Danke der Nachfrage, Elijah“, antwortet Claire und setzt sich mit den anderen, zu uns an den Tisch. „Es war so ruhig, als ich aufgestanden bin“, erkläre ich und steche eine kleine Boulette auf meine Gabel. „Kann ich verstehen. Schließlich sind wir immer diejenigen, welche schon unten sitzen, wenn du wach bist.“ „Aber wir wollten einfach die Gelegenheit nutzen, um noch einmal auszuschlafen“, macht Claire für ihre beste Freundin Lilly weiter. „Das habe ich auch gemacht“, stimme ich mit ein und esse mein Frühstück weiter. Dabei geht mein Blick zu Claire, welche neben Kira, also mir schräg gegenübersitzt. Sie grinst und muss sich ein Kommentar zu meiner Aussage verkneifen, was ich ihr noch nicht einmal verübeln kann. Schließlich ist sie immer die, die viel länger schläft, als ich.

„Wie geht es dir heute?“, fragt mich Claire kurz darauf. „Deutlich besser“, antworte ich. Ich habe mich gefragt, wann sie mir diese Frage stellt. Sie und Kira sind wahrscheinlich die zwei Personen unter uns, die sich gerade am meisten um mich sorgen. „Das freut mich sehr“, sagt sie direkt darauf und lächelt mir zu. „Mich auch“, kommt es ebenso von Kira und kichert.

„Und was haben wir heute vor, wenn überhaupt?“, frag ich in die Runde, bekomme jedoch nicht mehr als schulterzuckende und ahnungslose Gesichtsausdrücke, als Antwort „Wir grillen“, erschreckt uns Herr Reuter. Dieser setzt sich zusammen mit Herr Rosenbach und Frau Hauser zu uns an den Tisch und nimmt sofort einen Schluck seines Kaffees. „Heute Abend?“, fragt Jannes direkt nach. Ich habe schon lange nicht mehr gegrillt und das würde ganz sicher ein ziemlich schöner Abend werden. „Das haben wir uns so gedacht und das Essen spendiert uns die Küche“, erklärt er. „Wir können aber nach dem Frühstück noch mal in die Stadt, wenn ihr wollt“, schlägt Herr Rosenbach gleich darauf vor, ohne auf unsere erste Antwort zu warten. „Beide Ideen klingen gut.“ Auch die anderen stimmen mir zu. „Gut. Außer ihr habt schon selber etwas geplant.“ „Haben wir nicht“, sagt Kira schnell.

Nachdem wir in Ruhe aufgegessen haben, gehen wir die hölzerne Treppe hoch in unsere Etage. „Treffen wir uns dann im Wohnzimmer?“, frage ich, als ich mit der Schlüsselkarte die Tür meines Zimmers öffne. „Machen wir so“, höre ich bloß von Claire, was ich dann mal als ein eindeutiges Ja einstufe.

Ich trete in mein Zimmer ein und bin gerade dabei, die Tür hinter mit zu schließen, als ich ein: „Warte Elijah“, mitbekomme. Kira huscht an mir vorbei, schließt nun selbst die Tür und schaut mich an. Ihre lilafarbenen Augen beginnen schon jetzt, zu funkeln. „Habe ich irgendwas vergessen?“, hake ich nach, da ich keine Ahnung habe, warum sie jetzt in meinem Zimmer ist, was natürlich nicht heißen soll, dass mich ihre Anwesenheit nicht erfreut. Doch Kira schüttelt den Kopf und kommt auf mich zu. „W…Weswegen bist du dann hier?“, möchte ich wissen und mustere sie. Sie kommt noch näher, bis sie ungefähr in der Mitte des Zimmers vor mir stehen bleibt und sich auf die Unterlippe beißt. „Um mich bei dir für gestern Abend zu bedanken.“ Mehr sagt sie nicht. Sondern legt ihre Lippen vorsichtig auf meine und küsst mich somit.

Wir küssen uns erst ganz sanft und langsam, was unglaublich schön ist. Stück für Stück lassen wir sie intensiver werden, bis sie endgültig miteinander verschmelzen. „Elijah…“, seufzt sie und schaut mich mit geröteten Wangen an. „W…Wir… Wir können nicht länger nur Freunde sein…“, kommt es ebenso seufzend aus mir heraus. „N…Nein..., das können wir nicht…“, antwortet sie und stellt sich auf Zehenspitzen, damit sie ihre Hände um meinen Hals legen kann. „Was machst du nur mit mir?“, keuche ich und küsse ihren Hals. Sie vergräbt ihre Finger in mein Haar und entfacht dabei ein leises stöhnen. „Das frag ich mich schon die ganze Zeit…“ Sie streckt ihren Kopf zur Seite, damit ich mehr Spielraum habe. Und als ich dort an ihrer Haut etwas fester Sauge, stöhnt sie lauter auf und zieht an meinen Haaren. Sie will mehr.

Deswegen lege ich meine Hände an ihren Po, hebe sie hoch und drücke Kira mit dem Rücken gegen die Türen meines Kleiderschranks. „Huch“, kommt es ihr überrascht über die Lippen und schlingt Arme, sowie Beine um meinen Körper. Kaum spürt sie das Holz hinter sich, legt sie ihre Hände an meine Wangen und küsst mich. Diesmal küssen wir uns gleich stürmischer, sind aber dennoch zutiefst im Einklang. Ich öffne meine Lippen weiter, damit ihre Zunge ganz meinen Mund erkunden kann. Kira nimmt die Einladung sofort an und beißt mir dabei auf die Unterlippe. Wie kann jemand nur so gut küssen?

Doch dann hält sie abrupt inne, löst ihre Lippen von meinen und schaut mich schwer atmend an. „Spar dir deine Energie für später auf“, sagt sie. Ich lasse sie vorsichtig runter. „Für heute Abend?“, frag ich nach. Sie zwinkert mir als Antwort zu, gefolgt von einem: „Beeil dich.“ Dann küsst sie mich auf die Wange und dreht mir den Rücken zu. „Aber…“, versuche ich noch hinterher zu sagen, doch im selben Moment fällt die Tür zu und ich zucke zusammen.

Es braucht ein paar Augenblicke, bis mein Gehirn realisiert, was gerade passiert ist. Wir sind uns wieder nähergekommen, gaben uns ein indirektes Liebesgeständnis und dann… dann hat sie ebenfalls indirekt zugegeben, dass sie heute Abend… mehr will. Allein schon bei dem Gedanken daran und der damit verbundenen Vorstellung, wird mir nicht nur ganz warm, sondern macht meinen Penis auch ganz hart. Doch auch die Nervosität meldet sich langsam. Wenn man Mika nicht mit einbezieht, dann war Hannah die letzte, mit der ich Sex hatte und das ist nun auch schon ein bisschen her. Ich habe einfach ein bisschen Angst, dass uns irgendetwas dazwischenkommt und uns diesen Moment zerstört. Meine Krankheit zum Beispiel.

„Endlich“, seufzt Claire leicht genervt auf, als ich die Zimmertür hinter mir schließe. Nachdem ich meine Sorgen beiseiteschob, habe ich die nötigsten Sachen in meinen Rucksack verstaut, damit ich auch mal loskomme. Jedoch sind meine Wangen weiterhin rot. Das ist das einzige, was nicht zurückgegangen ist. „Können wir?“, frag ich stattdessen und stelle mich zu Kira, die sofort nach meiner Hand greift. Ihre Wangen sind ebenfalls rot. „Wenn du soweit bist.“ „Bin ich“, und lächle meiner Cousine zu, die natürlich mitbekommt, wie ihre beste Freundin meine Hand hält und mich daraufhin angrinst. Auch wenn sie es nicht sagt, weiß ich, dass sie sich für mich freut. Für uns.

„Wo sind eigentlich Mika und Lina?“, fragt Jannes, als er uns die Brandschutztür aufhält, die das Treppenhaus und den Flur auf unserer Etage voneinander trennt. „Wir sind hier“, ruft Mika und eilt in schnellen Schritten zu uns. Bei uns angekommen lehnt sie sich direkt an die Wand und atmet tief durch. „T…Tut mir leid, f…für die Verspätung…“, stammelt sie und holt erneut tief Luft. Ihre Wangen sind noch geröteter, als Kiras und meine, nur das ich mir ziemlich sicher bin, dass das bei ihr einen anderen Grund hat. „A…Aber wir haben noch mit Jake telefoniert.“ Ich hole meine Wasserflasche aus dem Rucksack und reiche sie ihr. „Hier.“ Sie nimmt einen großzügigen Schluck daraus und gibt mir die Flasche verschlossen wieder zurück. „Danke.“

Während sie sich wieder einigermaßen beruhigt, schaue ich immer wieder zwischen Lina und Mika, hin und her. Lina sieht ganz normal aus. „Wir gehen schon mal runter“, höre ich die anderen nur sagen, woraufhin ich mit einem einfach nicken antworte. „Geht’s wieder?“, frag ich nach und schaue zu ihr. Sie steht immer noch mit dem Rücken an die Wand gelehnt, hat aber dabei ihre Augen geschlossen. „Auf jeden Fall. Danke Elijah“, antwortet sie und öffnet diese wieder, wo mich direkt zwei Bernsteine anfunkeln. Auch wenn ich jetzt Kira habe, werde ich ihre Augenfarbe immer faszinierend finden.

„Ist alles gut bei dir Mika? Du sahst so fertig aus, als du zu uns gelaufen kamst“, hake ich nach und halte ihr die Brandschutztür auf. „Jake und ich haben etwas zu lang telefoniert“, sagt sie schmunzelnd. „Etwas?“ Jetzt müssen wir beide schmunzeln. „Ja. Wir wollten eigentlich nur eine halbe Stunde miteinander telefonieren, aber daraus wurde eine Stunde.“ Man merkt, wie sehr sie beim Erzählen aufblüht. Sie scheint glücklich zu sein. Wirklich glücklich. „Deswegen blieben mir nur noch circa zwanzig Minuten. Zwanzig Minuten, um mich fertig zu machen. Das heißt, ich bin in der Zeit duschen gegangen, mich fertig gemacht und auch noch was gegessen.“ Mika macht eine kurze Pause, um sich durch die Haare zu fahren, nur um dann zu sagen: „Und meine Haare sind auch noch nicht trocken.“ Ich mache kichernd einen Schritt auf sie zu und fahre selbst durch ihr schwarzes, schulterlanges Haar. Dieser Haarschnitt sieht nicht nur toll aus, sondern passt auch meiner Meinung nach perfekt zu ihr und ihrem Charakter, welcher trotz den Umständen, wirklich toll ist.

„Deine Haare sehen wirklich toll aus Mika“, versichere ich ihr beruhigend und mache wieder einen Schritt nach hinten. „Findest du? Ich lasse sie sonst nie nass, wenn ich irgendwo hin gehe.“ Sie ist sichtlich verunsichert und würde wahrscheinlich direkt in ihr Zimmer verschwinden, um sich das Haar zu föhnen. Doch ich nicke. „Dann wird es Zeit, mal etwas Neues auszuprobieren. Trag sie am besten so, wie sie gerade sind.“ „Danke“, kann sie nur sagen, grinst und geht die Holztreppe weiter runter.

„Was ist das jetzt eigentlich zwischen dir und Jake? Habt ihr euch wieder vertragen?“, möchte ich interessiert wissen. Ihre Wangen beginnen bei meiner Frage wieder rot zu werden, was eine ziemlich eindeutige Antwort ist. „Wir haben uns ausgesprochen und wollen uns gerne wieder näherkommen.“  „Ich freu mich für dich“, antworte ich ehrlich. Sie hat es verdient, ebenfalls glücklich zu sein. „Danke Elijah. Das bedeutet mir wirklich viel.“ Das ist süß. Wir gehen die letzten Stufen runter, wobei sie dann jedoch stehen bleibt und zu mir schaut. „I…Ist das mit uns…, denn auch wieder… in Ordnung?“ Ihr scheint diese Frage sehr wichtig zu sein. Nervös zupft sie an ihren Fingernägeln und wartet darauf, dass ich antworte. „I…Ich… Ich weiß…“, stottere ich ein kleines bisschen überfordert. Wenn ich ehrlich bin, hat mich diese Frage ein bisschen überfordert, da ich noch nicht wirklich darüber nachgedacht habe. Jetzt fühle ich mich schlecht.

„Schon in Ordnung“, sagt sie und möchte endgültig die letzten Meter hinter sich bringen. Doch ich halte sie am Handgelenk fest, ziehe sie zurück zu mir und bleibt nur wenige Zentimeter vor meinen Lippen stehen. Das war nicht so geplant, was man direkt in ihren Augen sieht, weswegen ich gleich darauf einen Schritt nach hinten mache. „Ich habe nur noch keine Zeit gefunden, darüber nachzudenken, Mika“, gebe ich ihr gegenüber zu. „Besteht denn eine Chance…“ Sie schafft es nicht, den Satz zu beenden. „Ja“, antworte ich und umarme sie. „Dann können wir jetzt zu den anderen.“ Wir beide müssen lachen.

In der Lobby warten bereits Freunde und Betreuer auf uns, wobei unsere Freunde erleichtert seufzen, als sie uns sehen. „Vollzählig. Dann können wir ja jetzt endlich los“, sagt Herr Reuter, steckt sein Handy in die Hosentasche und steht auf. Wir folgen ihm nach draußen, wo die anderen beiden Betreuer, Herr Rosenbach und Frau Hauser, bereits mit den Autos vorgefahren sind und uns einsammeln. Jedoch sind Jannes und ich diesmal wieder im kleineren Auto und die Mädchen im großen Hyundai. Das ist das erste Mal, wo ich mitbekomme, dass auch Mika und Lina bei den anderen mitfahren. Und diesmal weiß ich auch, dass das gut gehen wird.

Ich beschlagnahme den linken, hinteren Platz, wobei Jannes als Beifahrer mitfährt. Dann ziehe ich mein Handy aus der Hosentasche und bekomme direkt eine WhatsApp Nachricht. Meine Lippen verwandeln sich in ein zartes Lächeln. Olivia hat mir geschrieben.


Olivia: Ich komme Sonntagabend an.

Elijah: Ich freu mich jetzt schon, dich zu sehen. Aber wo wirst du schlafen? Nimmst du dir ein Hotel?


Olivia: Nein. Ich übernachte bei Claire. Zumindest ist das mein Plan.


Ein verwirrter Ausdruck bildet sich auf meinem Gesicht. Wie soll das gehen?


Elijah: Aber doch nicht zu vier, oder etwa doch?


Olivia: Hahaha nein. Lilly geht für die Nacht zu Jannes und Kira zu dir.


Erleichtert atme ich aus und stelle mir parallel das Lachen von meiner besten Freundin vor. Ich fand es schon immer süß.


Elijah: Gut. Ich dachte schon…


Olivia: Du dachtes was?


Meine Wangen werden rot.


Elijah: Naja vier Mädchen… In ein Zimmer…


Ob sie auch gerade rot wird?


Olivia: Ich bin zwar lesbisch, aber teilen werde ich deine Cousine ganz sicher nicht.


Jetzt muss ich lachen.


Olivia: Aber sag mir mal lieber, was das zwischen dir und Kira ist.


Elijah: Wir sind uns die letzten Tage wieder etwas nähergekommen. Sie ist anders. Das weiß ich. Ich glaube... sie will mich heute Abend.


Olivia: Ich würde dir das von ganzen Herzen gönnen Elijah


Elijah: Egal was wir machen werden, es wird so oder so schön.


Olivia: Das glaube ich auch.


Elijah: Ich muss jetzt aber offline. Wir sind in der Innenstadt. Bitte schreib mir, wenn du im Flieger bist.


Oliva: Viel Spaß und mach ich.


Danach stecke ich mein Handy zurück in die Hosentasche und steige aus.

„Wir holen euch gegen achtzehn Uhr hier ab. Seid bitte wieder pünktlich“, bittet uns Herr Reuter. Wir haben wie beim letzten Mal, wieder in der Nähe vom Park geparkt. „Werden wir sein“, antworte ich und stelle mich zu den anderen. „Gut.“ Mehr kommt nicht vom Teamleiter unserer Wohngruppe, welcher auch direkt wieder in den Hyundai einsteigt.

Wenige Minuten später, sind die beiden Autos auch schon aus unserem Sichtfeld verschwunden. „Ist es in Ordnung, wenn Lina und ich, uns von euch trennen? Wir wollen naher noch ins Kino“, fragt sie. „Natürlich Viel Spaß euch.“ „Danke Elijah. Euch aber auch“, wünscht sie uns und verschwindet daraufhin mit Lina.

„Und was wollen wir jetzt machen?“, frage ich in die Runde und gehe in Richtung Innenstadt. „Wir haben noch unser Bekleidungsgeld, was wir aufbrauchen müssen und jetzt, wo Mika das gesagt hat, hätte ich schon Lust, ins Kino“, erklärt Claire. „Ich liebe Kino“, antwortet Kira. Sie greift nach meiner Hand, wobei sich ein kleiner Stromschlag entfacht. Selbst hierbei knistert es. Es fühlt sich toll an, ihre Hand zu halten und noch es ist noch toller, wenn sich unsere Fingerspitzen dabei berühren. „Kommt denn irgendwas Bestimmtes im Kino?“, versuche ich herauszufinden. Meine Cousine holt ihr Handy aus der Arschtasche ihrer Hotpants und hält mir ein Bild ins Gesicht. „Drei Schritte zu dir“, lese ich vor. Sofort merke ich, wie sich Tränen in den Winkeln meiner Augen bilden. „Das Buch dazu ist verdammt gut“, klärt Claire direkt auf und packt ihr Handy wieder weg. Dem kann ich nur zustimmen. „Der Film ist ziemlich emotional“, warne ich die anderen vor, da ich nicht genau weiß, wer genau von den anderen, ihn schon gesehen hat. „Stimmt“, antwortet Kira und schaut mich an dabei an. Sie hat es bestimmt ebenfalls gelesen. Da bin ich mir ziemlich sicher. „Dann haben wir jetzt einen Plan, oder?“ Die anderen nicken. „Den haben wir.“

Wir brauchen nicht lange, bis wir das Kinogebäude erreicht haben, da die Straßen der Innenstadt etwas ruhiger waren, als sonst. „Fünf mal drei Schritte zu dir, bitte“, bestelle ich bei der jungen Frau am Schalter. „Wo möchtet ihr denn gerne sitzen?“, hakt sie nach. „Im hinterem Bereich, wenn es geht“, bitte ich. Die hinteren Sitze sind meiner Meinung nach am besten. „Gut. Dann Reihe E, zwölf bis vierzehn und Reihe D dreizehn und vierzehn“, und reicht uns die Karten. „Das macht dann genau vierzig Euro.“ „Ich bezahle“, kommt mir Claire zuvor und reicht ihr passend das Geld. „Viel Spaß euch.“ „Danke.“

Jannes und ich haben uns noch Nachos mit Käsesauce gekauft und die anderen, Popcorn, sowie für jeden eine Cola. Ich freue mich, dass im Kinosaal nicht so viele Leute sitzen, da ich es eher ruhiger mag. Erst jetzt fällt mir auf, dass die junge Frau am Ticketschalter, Kira und mir die beiden Sitze hinter Jannes, Claire und Lilly gegeben hat. Ob das so gut geht? Wir machen es uns gemütlich und kaum hat der Film angefangen, klammert sie sich an meinen Arm fest.

Während es Filmes schaue ich mich immer wieder zu meinen Freunden, was aber nicht gerade einfach ist, wenn man bedenkt, dass Kira Besitzansprüche gegenüber meinem linken Arm gestellt hat. Ich kann nicht in Worte fassen, wie unfassbar süß das gerade ist, wie sie sich um meinen Oberarm klammert. Mit ihren Fingerspitzen streicht sie sanft und zärtlich zu gleich über meine Haut. Damit bereit sie mir Gänsehaut zu. Es ist so angenehm, dass ich nicht will, dass sie damit aufhört, wenn der Film zu Ende ist.

An manchen Stellen, höre ich nur ein leises Schluchzen von ihr. Tröstend streiche ich Kira dabei über die Wange. Vereinzelte Tränen laufen ihr im Rudel über die Haut. Erst schmiegt sie sich kurz an meine Hand und dann verteilt sie dort kleine Küsse, ehe sie sich ganz zu mir dreht und ihre Lippen auf meine legt. Unsere Lippen verschmelzen miteinander und die salzigen Tränen geben dem Kuss das gewisse etwas. Kurz darauf löst sie sich wieder von mir und schaut mich mit roten Wangen an. „Ich mag dich Elijah“, flüstert sie und widmet sich dann wieder dem Film.

Dass die Geschichte emotional ist, wusste ich durch das Buch schon, aber das diese herzerwärmenden Stellen auch im Film so gut umgesetzt werden, hätte ich nicht gedacht. Das Buch war gut, aber der Film auch. Ich möchte mir gar nicht vorstellen, wie es wäre, wenn Kira und ich diese Krankheit hätten und uns nur auf drei Schritte nähern dürfen. Es wäre schrecklich und würde mich innerlich zerreißen.

Nachdem der Film zu Ende ist, warten wir noch, bis die anderen alle den Saal verlassen haben, bevor wir selbst aufstehen. Beim raus gehen fällt mir erst auf, dass Kira immer noch ihren Arm um meinen geschlungen hat. Sie muss es richtig genießen und auch für mich fühlt es sich unglaublich schön an. Es fühlt sich richtig an. „Muss noch irgendjemand auf die Toilette? Wenn ja, dann ist jetzt die letzte Möglichkeit dazu“, kommt es von Claire, die schon zur Damentoilette geht. „Ja, ich“, antworte ich und folge ihr, nur das ich dann die linke Tür benutzte, wo es zu den Herren geht.

Auf Toilette mach ich mir ein Wasser ins Gesicht, um mich ein wenig abzukühlen. Das kalte Wasser ist erfrischend auf meiner heißen Haut. Ich habe mich versucht, die ganze Zeit auf die Handlung der beiden zu konzentrieren, doch meine Gedanken sind immer wieder zu Kira gewandert. Ich tue mir noch mal Wasser ins Gesicht, richte meine Haare, nehme mir einen Kaugummi und gehe anschließend zurück zu den anderen.

„Seid ihr soweit?“, frage ich. „Ja“, bekomme ich als Antwort und folge ihnen nach draußen. „Wo gehen wir als nächstes hin?“ „Wir dachten, dass wir jetzt Shoppen gehen, damit wir das Bekleidungsgeld alle bekommen“, schlägt die weibliche Fraktion vor. Ich nicke Wortlos. Vielleicht finde ich ja noch ein paar neue Sachen. „Aber wir gehen zusammen“, erklärt Claire und greift nach den Händen von Kira und Lilly, wodurch mich Kira jedoch loslassen muss „Soll uns recht sein“, scherzt Jannes, wodurch er und ich lachen müssen

Ein wenig Später, trennen uns auch schon die Wege. „Warte, wann treffen wir uns?“, frage ich noch schnell. „Ich schreibe dir“, antwortet Claire und verschwindet mit den anderen in einen der Läden. „Komm Jannes. Da vorne gibt es einen, der nicht so teuer ist“, lasse ich ihn wissen und gehe voran.

Elijah, Kira und das Geheimnis der MitbewohnerWo Geschichten leben. Entdecke jetzt