Kapitel 52 - Elijah

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Kapitel 52:

Elijah

Ich bin angespannt. Was macht sie hier? Was hat sie hier zu suchen? „Wir wissen ja, warum wir uns heute hier versammelt haben, um zu entscheiden, wie es mit Elijah weiter geht. Ob er hier offiziell aufgenommen wird oder wieder zurück zu seinem Vater muss“, fängt Frau Hoza an. Allein bei dem Satz bekomme ich wieder leicht Panik. Ich hoffe echt, dass mir nicht so viele Fragen gestellt werden. Meine Tante schlägt ihre Unterlagen auf, lehnt sich zurück und übernimmt das Wort.

„Genau. Da ich ja schon Elijahs Cousine Claire betreue, habe ich mir nun auch seinen Fall angenommen. Wir haben ja vorhin schon einiges besprochen und sehe von meiner Seite her, kein Problem.“ Jetzt versteh ich. Es hat wirklich Vorteile, wenn seine eigene Tante beim Jugendamt arbeitet. Die anderen nicken. Frau Hoza nimm kurz einen Schluck von ihrem Kaffee und macht weiter.

„Das ganze kam ein wenig plötzlich, da ich bis gestern noch im Urlaub war, aber wollen die Betreuer vielleicht kurz ihre Meinung zu Elijah in den vergangenen Tagen schildern?“ Mein Herz schlägt gegen meine Brust. So nervös war ich schon lange nicht mehr. Herr Reuter kratzt sich kurz am Bart, bevor er erzählt.

„Da gibt es eigentlich nicht viel zu sagen. Elijah kam vor ungefähr zehn Tagen zu uns in die Einrichtung, da, so wie ich es richtig verstanden habe, sein Vater kurzfristig ins Ausland musste und seine Verwandtschaft auch nicht wirklich die benötigte Zeit für ihn hätte. Er wurde dann von meinem Kollegen am selben Abend noch in Obhut genommen. In den darauffolgenden Tagen nahmen wir ihn mit auf Ferienfahrt. Aus meiner Sicht Stufe ich Elijah als einen sehr offenen und selbstbewussten Jungen ein. Er hat sich denke ich schon recht gut hier eingelebt und versteht sich, so wie ich es gesehen habe, gut mit seinen Mitbewohnern, obwohl es anfangs ein paar Streitigkeiten mit einer unserer Mädchen gab. Möchtest du auch noch was dazu sagen?“, und gibt das Wort an Herr Rosenbach weiter. Er stellt seine Tasse zurück auf den Tisch, schlägt ein kleines Büchlein auf und führt das Gespräch fort.

„Wie mein Kollege schon gesagt hat, gibt es eigentlich nichts Negatives zu sagen. Das mit den Streitigkeiten lassen wir mal außen vor, dass denke ich ist ganz normal. Ich habe mir noch ein paar Sachen notiert, die mir noch aufgefallen sind.“ Mein Körper spannt sich an. Ich habe Angst, was jetzt kommt. „Elijah hält sich, so wie ich gesehen habe, an die von uns aufgestellten Gruppenregeln. Er raucht nicht, kifft nicht und nimmt keine alkoholischen Substanzen zu sich. Er hat schon die ersten Gelder bekommen, mit denen er auch gut umgegangen ist. Mit dem Bekleidungsgeld gab es keinerlei Schwierigkeiten. Auf der Ferienfahrt gab es keine Beschwerden. Die Hygiene läuft genauso gut. Zwischendurch habe ich noch mit ein paar der Mitbewohner geredet, was Elijah für einen Eindruck bei ihnen hinterlassen hat.“ Innerlich zittere ich gerade komplett. Es fühlt sich schon fast so an, als wäre das hier eine tickende Zeitbombe, die jede Sekunde explodieren könnte.

„Da habe ich mit drei Mitbewohnern drüber geredet. Die Namen werde ich selbstverständlich nicht sagen. Aber sie sind sehr zufrieden mit Elijah. Sie haben nichts zu bemängeln. Im Gegenteil. Ich zitiere: Ich habe mich anfangs nicht recht gut mit ihm verstanden, aber nach der Zeit habe ich ihn besser kennengelernt und jetzt ist er mir total sympathisch. Elijah hat das Herz am rechten Fleck. Man muss es ihm nur oft genug sagen. Ich würde mich sehr freuen, wenn er hierbleiben kann. Er gibt dieser Wohngruppe den letzten Schliff. Er passt hier einfach rein. So was zu hören, freut einem Betreuer wie mich, sehr. Elijah wird von den anderen als netter und hilfsbereiter Mensch gesehen“, erzählt er und klappt sein Büchlein zu. Das war von Mika. Davon bin ich felsenfest von überzeugt. Ich muss mir die Tränen verkneifen. Das ist ihre persönliche Art und Weise, um sich bei mir zu entschuldigen.

„Hach, wenn doch jedes Kind so einfach wäre oder Frau Hoza?“, fragt meine Tante und fängt an zu lachen. Die anderen folgen ihr. „Mhhhh, da haben sie recht Frau Kyle“, stimmt sie zu. Ich bin gerade so über das positive Feedback erleichtert und echt gerührt ebenfalls. „Das hört sich ja alles gut an. Mr. Black, wollen sie vielleicht noch kurz was dazu sagen?“, fragt sie ihn. „Ist es für sie auch wirklich in Ordnung?“ Jetzt bin ich wieder ein bisschen angespannt, doch zum Glück nicht so schlimm, wie als wir angefangen haben. Sein Blick ist auf mich gerichtet.

„Ich bin sehr froh, dass mein Sohn hier einen guten Anschluss gefunden hat. Er hatte es in der Vergangenheit nicht immer einfach, aber ich denke, mit der Stütze die er hier geboten bekommt, bekommt er das hin. Ich stimme dem zu und habe kein Problem damit. Klar, mir schmerzt es natürlich auch, aber das mit der Arbeit kann ich leider nicht ändern. Ich werde jetzt erst einmal im Ausland unterwegs sein. Aber ich denke, mit Claire hier als Familienmitglied, fällt es ihm ein wenig leichter“, antwortet er. Anfangs dachte ich, dass ich sauer sein würde, aber das bin ich irgendwie nicht. Ich bin... glücklich. Seine Ehrlichkeit bedeutet mir viel. Sehr viel.

„Dann hätten wir das erledigt. Haben sie das Dokument dabei, um was ich sie gebeten habe?“, fragt meine Tante ihn. Es hört sich so komisch an, wenn die beiden sich mit Sie ansprechen. Einfach ungewohnt. Er nickt, öffnet einen dunkelbraunen, dünnen Ordner und reicht ihr ein Blatt Papier. Jennifer schaut das Stück Papier an, notiert sich etwas und reicht es mit einem Lächeln auf den Lippen, weiter an Frau Hoza.

Elijah, Kira und das Geheimnis der MitbewohnerWo Geschichten leben. Entdecke jetzt